Siegen. Gelbe Tonnen in Wittgensteiner Straße jetzt geleert. Neue Meldungen aus anderen Siegener Stadtteilen. PreZero sagt: Der Cyberangriff ist schuld.
Die Straße sieht aus wie Sau. Was der Schnee zuletzt gnädig überdeckte, tritt wieder gut sichtbar zu Tage: Vor jedem einzelnen Haus in der Wittgensteiner Straße am Siegener Giersberg steht am Montag, 22. Januar, mindestens eine überquellende gelbe Tonne. Daneben: Säcke. Immer mehr davon. Denn seit inzwischen fünf Wochen hat das zuständige Entsorgungsunternehmen PreZero die Behälter nicht mehr geleert, auch angekündigte Nachholtermine wurden nicht eingehalten. Besonders skurril: In umliegenden Straßen klappt die reguläre Abfuhr einigermaßen, auch während des Wintereinbruchs. Und auch die Tonnen, für deren Abfuhr andere zuständig sind, werden abgeholt. Inzwischen mehren sich allerdings die Berichte über genau die gleichen Probleme in anderen Straßen und Stadtteilen.
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Kaum ist der Schnee am Montag, 22. Januar, weitgehend abgetaut, reißt der einsetzende starke Wind die Plastiksäcke auf und weht den Verpackungsmüll oder gleich die ganzen Tüten über die Straße. Mülltonnen stürzen um, der Inhalt ergießt sich auf Fahrbahn und Gehwege – aber irgendwo müssen die Anwohner ja hin mit ihrem Abfall. Die letzte Leerung fand immerhin vor Weihnachten statt.
Siegen: Viel Müll über Weihnachten, Silvester, Neujahr – PreZero: Sonderleerung Gelbe Tonne
Die eigentlich für die erste Woche des Jahres vorgesehene Leerung fiel wegen eines Versehens aus. Über die Feiertage waren so große Mengen an Verpackungsmüll im Abfuhrbezirk zusammengekommen, dass das Sammelfahrzeug den Umschlagplatz an einigen Tagen früher anfahren musste, dabei wurde die Wittgensteiner Straße vermutlich vergessen. Das kann passieren, PreZero hatte das auf Anfrage bedauert und angekündigt, die Straße am 11. Januar außerplanmäßig noch einmal abzufahren. Die nächste reguläre Sammeltour stand am 15. Januar an.
Am 16. Januar standen die längst übervollen Tonnen immer noch, weder „Sonderfahrt“ noch reguläre Tour hatten stattgefunden. PreZero bittet Betroffene, die Tonnen in solchen Fällen am Straßenrand stehen zu lassen, bis sie geleert werden. Nachschauen in der Umgebung: Giersberg- und Steinstraße, Feudinger und Bürbacher Weg – überall wurden die Tonnen so geleert, wie im Abfallkalender vorgesehen. Die Wittgensteiner Straße wurde einmal mehr „vergessen“.
Probleme mit der Gelben Tonne in Siegen an PreZero melden: Nicht so einfach – Hotline bricht ab
Anrufe bei der Servicehotline führen oft nicht weiter. Zunächst einmal ist es mitunter schwierig, überhaupt durchzukommen: Mehrere Anwohner berichten, dass Anrufe einfach abbrechen, man gar nicht durchkommt. PreZero versichert auf Anfrage, mit der Hotline sei alles in Ordnung – ob es vielleicht an veralteten Telefonen liege? Lag es nicht. Am nächsten Tag geht es dann erstmal wieder, aber noch am Montag, 22. Januar, scheitern mehrere Versuche – mehrmals bricht die Verbindung einfach ab, bevor ein Mensch das Gespräch annimmt. Das bestätigen nach der Berichterstattung auch Bürgerinnen und Bürger aus anderen Stadtteilen.
Wenn man denn durchkommt, trifft man auf Gleichgültigkeit, freundlich ausgedrückt. Da könne man derzeit wenig machen, heißt es dann etwa, man arbeite das baldmöglichst ab. Warum in allen umliegenden Straßen die Tonnen weitgehend problemlos geleert wurden und in der Wittgensteiner Straße nicht? Dazu macht der Kundenservice auf Nachfrage keine Angaben. Man könne versichert sein, dass die Straße nicht absichtlich ausgelassen werde. Dass sich seit vielen Wochen der Müll am Straßenrand häuft? Es habe Gründe, dass nicht geleert wurde. Anwohner oberhalb gelegener Straße berichten inzwischen ebenfalls: Gelbe Tonnen nicht geleert. Vom Häusling gibt es entsprechende Berichte, vom Weidenauer Giersberg. In der Numbach biete sich ein ähnliches Bild und im Bereich Kaisergarten
Anwohner in Siegen sauer: Trotz Schnee fährt PreZero durch ihre Straße – leert Gelbe Tonne nicht
Die Zornesröte ins Gesicht treibt es Anwohnern dann, wenn ein Müllfahrzeug am Donnerstag, 19. Januar, nicht nur am Siegener Giersberg unterwegs ist, sondern auch noch durch die Wittgensteiner Straße und die Tonnenparade an beiden Straßenrändern fährt. Aber geleert wurden sie nicht, ebenso wenig einzelne Plastiksäcke mitgenommen. Auch die Stadtreinigung registriert häufige Beschwerde-Anrufe mit Bezug zur Wittgensteiner Straße.
PreZero teilt auf Anfrage am Montag mit, dass unter anderem die Cyberattacke auf die Südwestfalen-IT schuld sei. Ein „wesentlicher Auslöser für die schwierige Situation“ sei tatsächlich der fehlerhafte Abfuhrkalender mit geänderten Abfuhrterminen, mit dem Stadt und Unternehmen eigentlich die Leerung verbessern wollten. Man arbeite derzeit „unter Hochdruck“ daran, die falschen Informationen aus dem Kalender mit den eigentlich geplanten Touren für die Sammelteams zu synchronisieren. Die Abfuhrtermine sollten ab 1. Februar ausschließlich dem digitalen Abfallkalender auf www.siegen-stadt.de/abfallkalender entnommen werden.
Zudem sei der Wintereinbruch eine Herausforderung gewesen, Straßen seien verschneit und vereist gewesen, insbesondere Nebenstraßen nicht gut geräumt. Seitenstraßen und Zuwegungen konnte und könne man daher teilweise „aus Sicherheitsgründen“ nicht befahren. Die Wittgensteiner Straße allerdings ist seit Tagen freigeräumt, auch Busse fahren längst wieder. Und PreZero war ja auch selbst schon da. Montag solle der Müll nun abgefahren werden, was bis zum Abend aber nicht geschehen war. Dienstagmorgen, 23 Januar, dann, wurde endlich geleert.
PreZero: Anwohner in Siegen „dürfen“ Gelbe Säcke neben nicht geleerte Gelbe Tonnen stellen
Aufgrund all dieser Probleme gebe es erhöhten Informationsbedarf und stark frequentierte Hotlines, so das Entsorgungsunternehmen weiter. Die telefonierenden Kolleginnen und Kollegen würden sich nicht gleichgültig verhalten: „Vielmehr versuchen sie die Gespräche auf eine sehr sachliche Ebene zu reduzieren, um möglichst schnell das nächste Gespräch anzunehmen.“
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Insgesamt, betont die PreZero-Pressestelle, würden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Siegen und in den verbundenen Einsatzleitungen sehr engagiert arbeiten. „Sollte es trotzdem – vor dem Hintergrund der widrigen Rahmenbedingungen – zu Unannehmlichkeiten gekommen sein, so bedauern wir das sehr.“ Man biete den Betroffenen an, dass bei der nächsten turnusgemäßen Sammlung „transparente Säcke neben die gelben Tonnen gestellt werden dürfen“ – was diese notgedrungen bereits seit Wochen tun, wo sonst sollten sie Verpackungsmüll aufbewahren. „Diese dürfen jedoch ausschließlich mit Verkaufsverpackungen befüllt werden“, so PreZero weiter.
Transparenzhinweis: Der Autor wohnt selbst in der betroffenen Gegend und hat sich eigene Beobachtung von mehreren anderen Anwohnern unabhängig voneinander bestätigen lassen.