Siegen. Seit Jahren soll in Siegen Verpackungsmüll reduziert werden, geklappt hat das bislang nicht. Ein neuer Versuch bleibt schon im Ansatz stecken.

Seit einem Jahr gibt es die Mehrweg-Angebotspflicht für die Gastronomie und seither gibt es auch in Siegen einen Flickenteppich an Verpackungssystemen. Jedes Restaurant, jeder Imbiss, jeder Lieferdienst, jede Frischetheke müssen für ihre Kundschaft wiederverwendbare Behältnisse anbieten, um Speisen mitnehmen zu können. Die wenigsten Betriebe nutzen dabei dasselbe System. Ohnehin werden Mehrweg-Verpackungen äußerst zögerlich angenommen und bedeuten eine nicht unerhebliche zusätzliche Belastung für die Gastronomie – erst Recht, wenn dann auch noch eine Verpackungssteuer auf Wegwerfbehälter kommen sollte. Den Vorschlag, auf ein einheitliches Mehrweg-System für ganz Siegen hinzuarbeiten, lehnt die Kommunalpolitik aber mehrheitlich ab.

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Der Vorstoß war von der Volt-Fraktion im Rat gekommen und wieder auf erheblichen Widerstand seitens der anderen Fraktionen gestoßen. „Wenn alle ihren eigenen Weg gehen, ist der Mehrwert gering“, hatte Fraktionsvorsitzender Samuel Wittenburg den Antrag begründet und auf Tübingen verwiesen: Die baden-württembergische Universitätsstadt, knapp 10.000 Einwohner weniger als Siegen, wollte den Verpackungsmüll und damit auch die Entsorgungskosten erheblich reduzieren. Durchaus erfolgreich.

Die Gastronomie ist in der Verantwortung, dass Lebensmittel einwandfrei über die Theke gehen.
André Hähner - CDU

Dies sei zwar keine städtische Aufgabe, so Volt weiter, und man wolle auch die Gastronomie nicht zusätzlich belasten. Die Verwaltung könnte aber eine Art „runden Tisch“ organisieren, damit die Branche gemeinsam an einer guten Lösung für alle arbeitet. Denn wenn die Zahl der möglichen Rückgabe-Stellen auf diese Weise erhöht würde, könnte so die Nutzung steigen.

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SPD und CDU sehen hygienische Probleme bei einheitlichem Mehrweg-System für ganz Siegen

Bürgermeister Steffen Mues erinnerte daran, dass die Stadt vor Jahren einen ähnlichen Vorstoß bei Bechern unternommen habe: „Das wurde rundweg abgelehnt.“ Viele Fraktionen suchten nach Argumenten, warum man es gar nicht erst versuchen solle. Markus Nüchtern (FDP) verwies auf die Nachbarkommunen, die das Siegener System dann nicht hätten. Felix Hof (SPD) nannte hygienische Probleme und dass ein zusätzliches Mehrweg-System „nicht gerade förderlich“ sei, einen Konsens mit den Betrieben herzustellen. Die meisten Gastronomen hätten beispielsweise Mehrwegbecher, die aber „aus Bequemlichkeit“ nicht genutzt würden. André Hähner (CDU) bestätigte: Die Gastronomie sei in der Verantwortung, dass Lebensmittel „einwandfrei über die Theke gehen“. Jeder Kontakt auch mit „fremdem Geschirr“ müsse nach Vorschrift erfolgen – dieses müsse gereinigt, gelagert und angenommen werden. In den meisten Fällen könne das nicht zusätzlich geleistet werden.

Die niedrigschwelligste Form wird abgelehnt: Einfach mal miteinander zu sprechen! Was machen wir denn stattdessen?
Michael Groß - Grüne

Es sei geltendes Recht, entgegnete Henning Klein (Linke), „wenn es bei der Umsetzung Probleme gibt, könnten wir wenigstens versuchen, sie zu lösen“. Auch Joachim Boller (Grüne) betonte, dass Volt „kein bestimmtes Mehrweggeschirr für alle“ durchsetzen wolle: „Einheitlichkeit hätte doch Vorteile, für die Betriebe und für die Kunden“. Auch Samuel Wittenburg reagierte genervt: „Wie wollen Sie denn den Verpackungsmüll reduzieren? Wir machen wenigstens einen Vorschlag – sonst habe ich noch keinen gehört.“ Manche Stadtverordnete seien „offensichtlich nicht in der Lage“, sich sachlich mit einem Thema auseinanderzusetzen. Auch beim Vorschlag für einen freiwilligen Tausch „Führerschein gegen kostenloses Deutschlandticket“ war Volt von einigen so verstanden worden, dass die Menschen zu etwas gedrängt werden sollten, was die Fraktion mehrfach zurückgewiesen hatte.

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Vorwurf: Hyperaktivität bei Volt Siegen – „machen ihren Job“

Auch Grünen-Fraktionschef Michael Groß erinnerte daran, dass oft auch politisch über den vielen anfallenden Müll diskutiert werde: „Geändert hat sich aber wenig.“ Wie solle das Ziel der Abfall-Reduktion, über das sich eigentlich ja alle einig seien, erreicht werden, „wenn die niedrigschwelligste Form abgelehnt wird: Einfach mal miteinander zu sprechen?! Was machen wir denn stattdessen?“ Wenn nichts passiere, bleibe es einfach die nächsten 20 Jahre so.

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Auch bei diesem Thema war Volt „Hyperaktivität“ vorgeworfen worden: Die Fraktion hatte in der Ratssitzung zwei kleine Anfragen und drei Anträge gestellt. Samuel Wittenburg wollte das als Kompliment verstehen: „Wir haben Ideen und wir tragen sie vor.“ Michael Groß sprang den Stadtverordneten bei: „Es gibt Fraktionen, die ihren Job machen und Ideen vorlegen. Geschimpft wird dann von denen, die selber wenig machen.“