Siegen. Seit einem halben Jahr müssen Gastronomen bei Bestellungen eigene Mehrwegsysteme anbieten. Nun bleiben viele auf den Kosten sitzen.

Seit dem 1. Januar 2023 müssen Gastronomen als Alternative zu Einwegverpackungen auch ein Mehrwegsystem für To-Go Produkte anbieten. Ein knappes halbes Jahr nach der gesetzlichen Einführung berichten heimische Gastronomen von ihren Erfahrungen und erzählen, was sich in der Zwischenzeit alles getan hat.

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Bei Einwegverpackungen fallen Unmengen an zusätzlichem Müll an – auch Hüseyin Fidan, Inhaber des Weidenauer Lieferservices „Casas Pizza“, weiß das nur zu gut. Er selbst sieht täglich, wie viel Müll durch die Einwegverpackungen im eigenen Restaurant liegen bleibt und hatte sich daher ursprünglich über die Gesetzesänderung gefreut, doch Stand jetzt hat sich für den Betrieb kaum etwas verändert. Für zehn Euro Pfand können sich Kunden bei ihm mit einem Mehrwegbehälter ausrüsten und diesen bei der Abholung oder Lieferung nutzen. Bislang ist die Nachfrage nach Mehrweg jedoch überhaupt nicht vorhanden. „Es hat bisher nicht ein Kunde danach gefragt. Es gibt keinen Bedarf und kein Interesse“, hält Hüseyin Fidan fest.

Ist das Mehrwegsystem bereits gescheitert?

Alexander Nikolay, Besitzer von „BÄM Food“, geht nach einer verkorksten Testphase sogar noch einen Schritt weiter und hält den politischen Versuch für gescheitert. „Das Mehrwegsystem wird sich nicht durchsetzen“, betont er. Die meisten Bestellungen seien spontan, da komme es auch schnell vor, dass das eigene Mehrwegsystem bei Abholungen vergessen werde und ein neues genutzt werden müsse. Zudem hielten sich die Schalen auch nicht ewig, so der zweifache Filialleiter. Dazu fielen aktuell allein für das Mehrwegsystem deutliche Mehrkosten an, die sich nicht im Ansatz rentierten. „Ich zahle 240 Euro pro Quartal für ein System, was keiner will.“ Die Kosten für die Behälter seien dabei noch gar nicht miteinberechnet, verdeutlicht er. „BÄM Food“ habe bereits vor der gesetzlichen Pflicht ein eigenes Mehrwegsystem angeboten, um seinen Kunden mehr Gewöhnungszeit zu bieten. Die enttäuschende Bilanz für den Gastronomen: Knapp 50 verkaufte Mehrwegsysteme in zwei Jahren. Alexander Nikolay setzt für die Zukunft daher verstärkt auf umweltfreundliche recycelbare Einwegverpackungen, um den großen Mengen an Verpackungsmüll entgegenzuwirken.

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Bei der Bäckerei „Hafer Back“ zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Trotz Mehrwegverpackungen für knapp 50 Cent nimmt kaum ein Gast das Angebot wahr. „Ich bin da wirklich sehr enttäuscht. Die Leute haben keine Lust, ihre Kaffeebecher zu behalten und nicht wegzuschmeißen – Menschen sind einfach bequem“, erklärt Besitzerin Hanna Hafer, warum das neue Angebot aus ihrer Sicht nicht ankommt. Die Bäckerei habe nach der Gesetzesänderung eine hohe Menge an Mehrwegbechern angeschafft – nun bleibe sie aufgrund geringer Nachfrage auf dem Großteil sitzen. Eine Veränderung in den Köpfen sehe sie nur bei einem generellen Verbot von Einwegverpackungen, dies sei aus unternehmerischer Sicht aber keine Option.

Hygiene-Bedenken

„Casas Pizza“-Inhaber Hüseyin Fidan glaubt zudem, dass nach der Corona-Krise viele Menschen vorsichtiger geworden sind und daher eher auf bereits benutztes Material verzichten. „Die Leute wollen keine benutzten Sachen nehmen, die haben da noch Ängste“, berichtet er von ausgeprägtem Sauberkeitsbedenken. Trotz der Startschwierigkeiten sieht der Unternehmer die Zukunft der Verpackungen dennoch im Mehrwegbereich. Damit sich dort jedoch auf Sicht etwas verändere, müsse die Stadt eingreifen und mehr Aufklärungsarbeit leisten. „Ich bin mir sicher, dass sich das System früher oder später durchsetzt, aber ich werde dafür keine zusätzliche Pionierarbeit leisten“, erläutert der „Casas Pizza“- Betreiber seinen Standpunkt.

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Vereinheitlichung der Systeme angestrebt

Ein wichtiger Schritt dafür sei eine Vereinheitlichung der Mehrwegsysteme durch die Stadt, erzählt Alexander Nikolay, denn aktuell „mache dort jeder sein eigenes Süppchen“. Das sieht Thi Khuong Phan von „Non Fusion – Vegan & Sushi“ genauso. Bislang schaue sich der Betrieb die aktuellen Entwicklungen in Siegen genau an, um sofort handlungsfähig zu sein. „Wenn die Stadt dafür sorgt, dass alle Mehrwegverpackungen gleich sind, wollen wir uns daran beteiligen“, erklärt die Angestellte.

Für die Gastronomen in Siegen ist nach einem halben Jahr klar, dass weitere Investitionen in Mehrwegsysteme nur dann in Frage kommen, wenn auch bei den Kunden ein wirkliches Umdenken stattgefunden hat.

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