Siegen. Baustellen-Stau auf der B 508, Brückenlücke auf der A 45, überlastete A 4: Unternehmen aus Siegen und Umland wollen auf den Drohnen-Highway.
Die A 45 nach wie vor unterbrochen, die A4 zunehmend an der Belastungsgrenze: Kann ein neuer Highway für heimische Betriebe eine Chance für den Transport von Gütern sein?
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Wenn es nach Drohnen-Experte Sven Jürß geht: eindeutig ja. „Drohnentransporte weisen geringe Planungs- und Ausführungskosten auf und erreichen auch abgelegene Gebiete mühelos.“ Der Inhaber des Siegener Start-ups Dronegy stellte bei der Veranstaltung „Drone Highway D45 – Chancen der Drohnen-Logistik“ vor 30 interessierten Besuchern Vergleiche zu herkömmlichen Transportwegen her: So reduziert sich die Transportzeit auf der Strecke Siegen-Dortmund von etwa 150 Minuten mit einem eCargo Van auf unter 60 Minuten mit einer Lastendrohne – bei niedrigerem Energieverbrauch. In der Regel seien die unbemannten Fluggeräte auf Nutzlasten bis 5 Kilogramm und Reichweiten bis 300 Kilometern ausgelegt. „Technisch möglich sind aber auch höhere Reichweiten und der Transport von bis zu 200 Kilogramm Nutzlast“, erläuterte Sven Jürß.
Drohnenkorridor über Kreuztaler Kreuzung
Nicht geeignet ist dieser Transportweg für Paletten-Ware. Typische Produkte sind Spezialmaschinenbauteile, Verbindungstechnik, Sensoren, Halbleiter und Steuerungsteile oder auch medizinische Güter. In der von IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer moderierten Veranstaltung wurde deutlich, wie konkrete Anwendungsfälle hierbei aussehen können. „Drohnen kommen immer bei einem kurzfristigen Bedarf ins Spiel, wenn es um überschaubare Gewichte geht. Im medizinischen Bereich gilt das zum Beispiel für den Versand von Transportboxen für Blutkonserven oder Lebendzellen“, hob Magnus Theile (CONZE Informatik GmbH) hervor. André Barten (Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG) zeigte ein Beispiel aus der Intralogistik auf: Das Unternehmen mit Sitz in Buschhütten benötigt regelmäßig Teile aus einem Lager in Kredenbach. „Der Weg über die viel befahrene B 508 führt durch Dauerstaus. Obwohl die Distanz gerade einmal acht Kilometer beträgt, dauert alles viel zu lange. Hier könnte der Transport über den nur vier Kilometer langen Drohnenkorridor ungemein helfen.“
Erfahrungen mit Situationen, in denen es besonders schnell gehen muss, liegen in der Expresslogistik vor: Roman Saakel vom KEP-Dienst Versandwerk sieht in der Drohnen-Logistik eine hochinteressante Option, um die Flexibilität des Angebots auszubauen: „Drohnen sind nachhaltig, schnell und kennen keine Personalengpässe. Das ist ein klares Plus. Da sie über festgelegte Routen verkehren, macht eine Einbindung in bestehende Strukturen der Expresslogistik hochgradig Sinn.“
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Sprinter- und Pkw-Fahrten einsparen
Für Prof. Dr. Martin Hill, Vorstand DO IT Südwestfalen, ist der Aufbau einer Drohnen-Flugroute parallel zur A 45 mit Abzweigen zu den Endkunden ein vielversprechendes Zukunftsprojekt. „Südwestfalen ist eine der Regionen in Deutschland, die am stärksten von Transformation betroffen sind. Deshalb ist es wichtig, dass es mutige Menschen gibt, die auch ganz heiße Eisen anpacken. Die Entwicklung einer Drohnen-Logistik für die Region als neue cyberphysische Verbindung und ein hieran anschließendes Dienstleistungsangebot gehören dazu.“ Über das Innovationscluster DO IT Südwestfalen könne der Zugang zu Fördermitteln des Landes geschaffen werden. „Denn eines ist klar: Dieses Projekt wird für einen erfolgreichen Start erheblich es Kapital erforderlich machen“, betonte Martin Hill.
Ein großes Potenzial für das Drohnenprojekt sah auch Ferdinand Menn, heimischer Spediteur (Spedition Menn GmbH) und Mitglied im IHK-Verkehrsausschuss. „Wir transportieren viel höhere Nutzlasten, aber: Wenn eine ausgereifte Drohnenlogistik tatsächlich den einen oder anderen Sprinter oder Pkw entbehrlich macht, profitieren theoretisch auch wir davon.“ Ferdinand Menn sah aber auch Risiken: „Wenn eine beträchtliche Zahl an Drohnen unterwegs ist, wird es eine große Herausforderung, Kollisionen zu vermeiden.“
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Unfallgefahren sind gering
In Deutschland sei eine politische Technologiefeindlichkeit zu beobachten, ergänzte Rainer Dango (Dango & Dienenthal Unternehmensgruppe). Komme es zu einem nennenswerten Unfall, drohten Projekte rigoros abgebrochen zu werden, ganz gleich, wie innovativ sie seien: „Zukunftstechnologien wurden so in der Vergangenheit das eine oder andere Mal aus dem Land gescheucht – zum Vorteil anderer Länder, die sich durch ein technologiefreundliches Klima auszeichnen. Kurzum: Wenn die erste Drohne runterfällt und erheblichen Schaden anrichtet, droht auch diesem Projekt möglicherweise schnell das Aus.“
Klaus Irle, Geschäftsführer des Siegerland-Flughafens, konnte zumindest in einem Feld Entwarnung geben: „Es gibt bei Drohnen praktisch keinen Bereich, der nicht rechtlich geregelt ist. Mögliche Gefahrensituationen sind hierdurch stark eingeschränkt, zumal es sich um genehmigungspflichtige Industrie-Drohnen handelt.“ Das größte Gefährdungspotenzial liege bei privat genutzten Drohnen. Hinzu komme, so Sven Jürß, dass Drohnen sich im Schwarm defensiv verhielten und dreidimensional ausweichen könnten.
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