Netphen. Eigentlich sollten sie längst umgezogen sein. Jetzt streichen die Grissenbacher Feuerwehrleute erst noch einmal im alten Gerätehaus an.
Dass die Grissenbacher Feuerwehrleute im November 2023 zu Pinsel und Farbe greifen und ihrem Gerätehaus einen neuen Innenanstrich verpassen, ist kein gutes Zeichen. Denn eigentlich sollten sie schon längst nicht mehr hier sein. Seit 2021. Dieser Termin war einmal für den Neubau des gemeinsamen Feuerwehrgerätehauses für Grissenbach und Nenkersdorf genannt worden. 2020 war das. Da wurde der Betrag von einer Million Euro für den Neubau genannt, damals noch auf dem Gelände des Nenkersdorfer Dreschschuppens. Inzwischen sind daraus fast 4,2 Millionen Euro geworden.
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Als das Burbacher Büro BauTec vor einem Jahr die Machbarkeitsstudie für den Neubau, nunmehr direkt an der L 719, vorstellte, war der Ärger groß. Nicht nur wegen der Kosten, sondern auch wegen der zeitlichen Dimension. 2027, hatte Architekt Bernd Wagener geschätzt, könne es mit dem Neubau so weit sein. Auch hier macht das Grundstück Schwierigkeiten, das die Stadt erst eingetauscht hatte, nachdem sich 2020 abzeichnete, dass der Lärmschutz am Dreschschuppen-Gelände beim Alten Fuhrweg keine Feuerwehr-Aktivität nach 20 Uhr zulässt, selbst wenn eine zwölf Meter lange und vier Meter hohe Lärmschutzwand errichtet worden wäre. Dabei war die Stadt noch im April 2021 davon überzeugt, dass am neuen Standort weder Lärmschutz noch Artenschutz noch die Lage im Überschwemmungsgebiet der Sieg einer Baugenehmigung im Wege stünden.
Cyber-Attacke: Kein Zugriff auf Pläne
Da hatte sich die Stadt allerdings geirrt. Der Artenschutz wurde auch „Auf dem Kohlenfeld“ direkt an der Sieg-Lahn-Straße zum Thema. „Der Schmetterling ist inzwischen umgezogen“, berichtet Beigeordneter Andreas Fresen – der bedrohte Ameisenbläuling war auf dem Gelände entdeckt worden und musste umgesiedelt werden. Schwieriger ließ sich die Sache mit dem Wasserrecht an. So ohne weiteres wollte die Wasserbehörde des Kreises den Neubau nicht genehmigen. Mittlerweile hat die Bezirksregierung das Verfahren an sich gezogen, „wir sind auf der Zielgeraden“, meint der Netphener Baudezernent. Das Gelände wird modelliert, damit Hochwasser abfließen kann, und der Parkplatz wird buchstäblich eingegraben: Die Grube kann volllaufen, wenn die Sieg zu viel Wasser hat – die Feuerwehrleute parken so lange direkt an der L 719. Dass es in den letzten Tagen noch einmal mehr hakte, liegt an der Cyber-Attacke auf die Südwestfalen-IT. Der Zugriff auf Bebauungspläne und zugehörige Unterlagen ist abgeschnitten; was nicht ausgedruckt wurde, ist vorerst auch nicht greifbar.
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Wenn die wasserrechtliche Genehmigung noch in diesem Jahr kommt, wird der Bebauungsplan offengelegt und beschlossen, Aufträge werden ausgeschrieben und vergeben. Baubeginn im Sommer 2024? „Das wird sportlich“, sagt Andreas Fresen und rechnet eher mit dem Herbst. Die Voraussage, dass es dann mit dem Einzug bis 2027 dauern soll, will der Beigeordnete aber nicht teilen. „Wir stellen Überlegungen an.“ Dazu, wie der Bau schneller errichtet werden kann, zum Beispiel mit Fertigteilen oder als Hallenbau. Wenn das gelingt, so Andreas Fresen, könnte ein Einzug zumindest im Herbst 2025 gelingen.
Fast 20 Jahre: 2007 beginnen erste Überlegungen
Die Wehrleute in Grissenbach und Nenkersdorf müssten dann nur auf ein Jubiläumsfest verzichten: Bei einer Fertigstellung 2027 wären tatsächlich 20 Jahre seit den ersten Überlegungen vergangen. 2007 ging es allerdings noch um Sanierung und Erweiterung der beiden Gerätehäuser, die 1977 (Nenkersdorf) und 1954 (Grissenbach) errichtet wurden. Parkplätze wären dann aber immer noch nicht genügend vorhanden gewesen, und in Nenkersdorf steht das Gerätehaus auf unsicherem Boden – in den Wänden bildeten sich schon Risse. Ein Personalproblem kam dazu: Die freiwilligen Feuerwehrleute sind berufstätig und arbeiten auswärts. In Nenkersdorf war tagsüber niemand da, in Grissenbach vier Gastlöscher, die woanders wohnen, aber im Ort ihren Arbeitsplatz haben. Mittlerweile aber, so Stadtbrandinspektor Sebastian Reh, können auch tagsüber in Nenkersdorf und Grissenbach wieder im Schnitt fünf Wehrleute zu einem Eunsatz ausrücken. 2018 fiel die Entscheidung, die beiden Einheiten zusammenzulegen und ein zentrales Gerätehaus „Oberes Siegtal“ zu bauen. Bis zu vier Löschfahrzeuge sollen untergebracht werden, an die Fahrzeughalle angegliedert wird ein zweigeschossiges Sozialgebäude.
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Die Grissenbacher Feuerwehrleute werden ihre ehrenamtliche Arbeitskraft nicht verschwendet haben. Denn wenn sie eines Tages wirklich umziehen können, wird das Haus nicht abgerissen, sondern verkauft, kündigt Beigeordneter Andreas Fresen an. Wohl auch deswegen hat die Stadt die Farbe bezahlt.
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