Netphen. „Rosinen-pick-Theorie“: Wenn Ortsumgehungstrasse Kreuztal und Hilchenbach vom Verkehr entlastet, darf die Straße nicht durch Unglinghausen führen
Die Kritik ist deutlich und die Zustimmung dazu groß: Der Rat Netphen hat die Resolution zur Ortsumgehung Kreuztal-Ferndorf (B 508n, „Route 57“) einstimmig verabschiedet. „Wir widersprechen massiv“, sagte Bürgermeister Paul Wagener zur Planungsvariante, die Trassenführung durch Unglinghausen zu bauen. Wie berichtet hat der Landesbetrieb Straßen NRW für das Teilstück zwischen Südumgehung Kreuztal und Allenbach viele große Schutzgebiete identifiziert – und die geringsten Widerstände schienen demnach auf Unglinghausener Seite zu sein. Aber von dort kommt eben auch Widerstand.
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„Es geht wohl nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie“, erinnerte Bürgermeister Wagener an die Vorgeschichte der inzwischen „57 verbinden“ genannten Straße. Bereits 2010 habe der Netphener Rat das Projekt prinzipiell befürwortet und daran habe sich fast zehn Jahre auch nichts geändert. Die Trasse sollte auf Kreuztaler Gebiet verlaufen „und das ist unseres Erachtens auch richtig“ – Kreuztal und Hilchenbach seien die größten Nutznießer der Verkehrsentlastung, die der Straßenneubau mit sich bringt.
Netphener Bürgermeister: Keine „Lkw durch die Wohnzimmer der Unglinghäuser“
Dass der Landesbetrieb nun Unglinghausen ins Spiel bringe, wirke wie die „Rache an den kritischen Unglinghäuser Bürgern, die das Projekt mit großem Sachverstand hinterfragten“, so Wagener. Aber eine „Rosinen-pick-Theorie darf nicht sein“ – die Entlastung mitnehmen und die Belastung anderen überlassen. „Das wären die Lkw durch die Wohnzimmer der Unglinghäuser.“ Ganz Netphen stehe solidarisch an der Seite des Orts.
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Unter dem Applaus zahlreicher Gäste aus Unglinghausen und auch aus Herzhausen und Eckmannshausen – der dortige Ortsbürgermeister Andreas Kringe war Gründungsmitglied der Bürgerinitiative „Natur57“ – bekundeten die Fraktionsspitzen ihre Zustimmung zur Resolution. Vorneweg die Unglinghausener Ortsbürgermeisterin Elke Bruch (SPD), die als Mitglied des projektbegleitenden Dialogforums von Straßen NRW darauf hinwies, dass es bei allen Planungskorridoren, nicht nur dem südlichsten über Netphener Gebiet, hohes Konfliktpotenzial gebe was Boden, Menschen, Landschaft, Klima, Tiere und Pflanzen, Wasser oder kulturelles Erbe angehe.
Grundsätzliche Kritik am Projekt 57-verbinden aus Netphen – Hoffen auf Schwarz-Grün
Bruch erneuerte auch die grundsätzliche Kritik an dem Fernstraßenprojekt: Klimawandel und Klimaziele, die besondere Ökologie der Region, Mittelgebirgstopografie, niedrige und weiter sinkende Verkehrszahlen zwischen Siegerland und Wittgenstein, immenser Sanierungsstau auf bestehenden Straßen und Brücken – kaum etwas spreche in der derzeitigen Situation für die Route 57. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass „neue Straßen neuen Verkehr erzeugen“. Man wolle indes mit der Resolution deutlich machen, dass es ihnen darum gehe, die Ortsumgehung „nicht auf unserem Terrain verlaufen zu lassen und das Votum der betroffenen Menschen zu berücksichtigen“.
Silvia Glomski (Grüne) hoffte in diesem Zusammenhang auf die neue schwarz-grüne Landesregierung und damit neue Einsichten in den Umweltschutz: „Damit solche Straßen in eine andere Rangordnung kommen“. Das Projekt sei nie „ein grünes Traumobjekt gewesen“.
Auch in Netphen finden viele das Projekt wichtig – aber nicht um diesen Preis
Auch Elke Bruch schlug in die Kritik-Kerbe an den Städten Kreuztal und Hilchenbach: „Wenn eine Kommune eine Ortsumgehung haben möchte, so sollte sie auf der eigenen Gemarkung verlaufen.“ Dann müsse nämlich abgewogen werden, ob die Vorteile der innerörtlichen Entlastung die Nachteile eines Straßenneubaus überwiegen. Diese sinnvolle Abwägung entfalle, wenn die neue Straße auf dem Gebiet der Nachbarkommune liege.
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Klaus-Peter Wilhelm (UWG) erinnerte zwar daran, dass man sich aus Dreis-Tiefenbacher Sicht nach wie vor eine Entlastung erhoffe – aber nicht um diesen Preis. „Das ist Naherholungsgebiet“, stellte er fest, „das sollte den Schutz wert sein.“ Ähnlich äußerte sich Benedikt Büdenbender für die CDU: Für Kreis- und Netphener Union sei die Straße wichtig, gerade aus Wittgensteiner Sicht. Aus Netpher Sicht betrachtet sei die Resolution indes richtig.