Siegen. Kennengelernt haben sich Esther und Werner Hucks an einem Geschirrwagen. Heute lebt das Musiker-Ehepaar in Siegen – und kann nicht ohne Kaffee.

Sie unterrichten beide an Musikschulen, Esther Hucks in Altenkirchen Querflöte und Klavier, ein Instrument, für das sie auch die Fachleitung hat; und sie leitet eine Chor-AG. Werner Hucks unterrichtet neben seiner Konzerttätigkeit an drei Tagen an der Fritz-Busch-Musikschule in Siegen. „Der Vormittag ist unsere gemeinsame Zeit“, sagt Werner Hucks. Da sitzen sie entspannt am Frühstückstisch ihres wunderschönen Hauses in Niederschelden, führen lange Gespräche, trinken sorgfältig ausgewählten Kaffee. „Ich wüsste nicht, wie ich den Tag ohne Kaffee bewältigen könnte – und ohne Bibel auch nicht“, sagt Werner Hucks. Beide sind überzeugte Christen und füllen ihren Glauben mit Leben.

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Esther Hucks wuchs in Bad Godesberg auf. Zu einer Zeit, als das Hauptstadt-Flair in Bonn noch überall spürbar war. Sie wohnte mit ihrer Familie nicht weit weg vom damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, dessen Haus rund um die Uhr von Polizisten streng abgesichert wurde. „Wir haben mit den Polizisten manchen Schabernack getrieben“, erinnert sich Esther, „ihnen zum Beispiel die Knüppel versteckt.“ Musik hatte im elterlichen Haus eine große Rolle: Die Mutter spielte Klavier und Flöte, jedes von ihren drei Geschwistern beherrschte mehrere Instrumente. Ihr Vater war ein international gefragter Architekt, der Bauprojekte in 50 Ländern entwickelte.

Esther Hucks aus Siegen: Berti Vogts joggte mit nacktem Oberkörper vorbei

Nach ihrer Schulzeit studierte Esther an der Düsseldorfer Robert-Schumann-Hochschule Klavier, Querflöte und zusätzlich Korrepetition und danach an der Folkwang-Hochschule Essen Allgemeine Musikerziehung. Eine klassische Ausbildung, doch da sie immer auch gerne improvisierte, gab sie entsprechende Workshops und Seminare für Pianisten, begleitete Chöre, den Komiker und Clown Cirillo und auch den Liedermacher Werner Hoffmann bei dessen Konzerten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ebenso das Programm eines Rezitators, der mit Texten des bekennenden Niederrheiners Hanns Dieter Hüsch auftrat. Sie bekam zwei Söhne, die inzwischen auf eigenen Beinen stehen: Der Ältere ist Schauspieler am Theater Pforzheim, spielt auch Film- und Fernsehrollen und tritt als Sänger und Schlagzeuger auf. Der Jüngere schließt nächstes Jahr sein Theologiestudium in Heidelberg ab und möchte Pastor werden.

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Esthers vielfältige musikalische Tätigkeiten brachten auch manche Umzüge mit sich. Außer Berlin auch nach Korschenbroich, Heimatstadt des Fußballers und späteren Bundestrainers Berti Vogts. „Bei meinem morgendlichen Joggen bin ich ihm mehrmals begegnet, manchmal lief er mit nacktem Oberkörper“, berichtet sie schmunzelnd. Viel mehr jedoch haben Esther Hucks Reisen nach Indien geprägt, bei denen sie Heimkindern der untersten Kaste, die sonst niemals ein Instrument spielen gelernt hätten, Flötenunterricht gab. Die dankbaren Blicke ihrer indischen Schüler zaubern ihr noch heute ein Lächeln ins Gesicht.

Siegen: Werner Hucks lernte die Grundlagen des Gitarrenspiels von seinem Vater

Werner Hucks im Siegerland vorzustellen hieße, die Nikolaikirche in die Oberstadt zu tragen. Aufgewachsen ist er in der ehemaligen Stahlstadt Rheinhausen, in der die Fabrikantenfamilie Krupp eine beherrschende Rolle spielte: So wurde er im Bertha-Krupp-Krankenhaus geboren, hat im Krupp-See gebadet und besuchte das Krupp-Gymnasium (den industriellen Niedergang Rheinhausens bekam er aber auch hautnah mit). Die Grundlagen des Gitarrenspiels brachte ihm sein Vater bei. Als 17-Jähriger bestand Werner die Aufnahmeprüfung zur Musikhochschule Köln und belegte den neuen Studiengang „Jazz-Gitarre“. Einer seiner Professoren war der im Siegerland bestens bekannte Prof. Jiggs Wigham, Gründer und erster Leiter der Siegener Uni Big Band. Werner Hucks: „Es war eine herrliche Zeit an der Hochschule mit lauter verrückten Leuten, die eine unbändige Lust hatten, Musik zu machen.“

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Auf allen Bühnen unserer Region hat der ebenso vielseitige wie vielsaitige Werner Hucks die Zuhörer mit seinem virtuosen Spiel beeindruckt und verzaubert. Oft solistisch, einige Male auch gemeinsam mit den heimischen Gitarren-Kollegen Mario Mammone und Peter Autschbach. Die Studio-Produktionen, bei denen er mitgewirkt hat, sind kaum zu zählen. Die von ihm zu begleitende Musik war nicht immer anspruchsvoll, musste aber immer schön klingen. Doch hatte sie einen Vorteil: „Zuhörende Hausfrauen wurden nicht beim Bügeln gestört“, sagt er verschmitzt lächelnd, frei nach Dieter Bohlen.

Siegen: Werner und Esther Hucks – ein Kennenlernen am Geschirrwagen

Viel wichtiger sind ihm seine Solo-CDs, die seine künstlerische Handschrift tragen. In der christlichen Szene war das, was er eingespielt hatte, zum Teil Neuland, vor allem die jazzigen Titel mit Lee Konitz und Charlie Mariano. Zur Studiomusik kamen Solo-Konzerte in allen Gegenden Deutschlands und mehr als 20 verschiedenen Ländern und auch die Auftritte mit dem inzwischen verstorbenen Sänger Jan Vering. „Das waren im Laufe der Jahrzehnte über 1000, und die waren meistens sehr gut besucht. Wir bekamen brave 150 DM pro Auftritt und konnten uns von auch finanziell zufrieden lächelnden Veranstaltern verabschieden.“

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6. Januar 2012: Dieser Tag wird immer im Gedächtnis von Esther und Werner Hucks bleiben. Denn da begegneten sich beide erstmals. Bei einem Treffen christlicher Musiker im Haus Nordhelle bei Meinerzhagen, und ausgerechnet beim Geschirrwagen. „Werner hat das Durcheinander meines chaotischen Geschirrtabletts geordnet, und das wie ein wahrer Gentleman“, erinnert sich Esther. Sie war beeindruckt und Werner auch.

Siegen: Werner Hucks gesteht Esther seine Liebe – von Heinos Sängerinnen ermutigt

Aus Ordnung wurde Liebe, zunächst jedoch auf Entfernung. Während einer großen Kirchenkonzert-Tour von Heino, bei der Werner in dessen Band mitspielte, fasste er sich nach einem Auftritt in Essen ein Herz und reiste nach Korschenbroich zu Esther. Die Chorsängerinnen Heinos, denen er vorher ihr Bild auf seinem Handy zeigte, hatten ihn dazu ermutigt und fieberten mit. Die Angebetete erinnert sich: „Plötzlich stand Werner vor meiner Tür – mit Hausschuhen in der Hand.“

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Nach dem letzten Konzert der Heino-Tour in Heppenheim, der Heimatstadt des bekannten, auch zur Heino-Band gehörenden Orgelvirtuosen Franz Lambert, machte Werner Hucks Nägel mit Köpfen. Das hieß: Auf nach Korschenbroich. Unterwegs erstand er auf einer Autobahnraststätte eine langstielige rote Rose und kniete sich, es war nachts um halb eins, vor Esther nieder: „Willst du meine Freundin werden?“ So begann eine wunderbare Freundschaft. 2015 heirateten sie und zogen nach Köln-Brück, direkt am Königsforst in ihre erste gemeinsame Wohnung und vier Jahre später nach Niederschelden.

Werner und Esther Hucks haben im Siegerland eine gemeinsame Heimat gefunden

„Im Siegerland fühle ich mich seit meinem 17. Lebensjahr zu Hause. Ich bin sehr froh, nach den vier Jahren in Köln, in denen ich vor lauter eigenen Konzerten und Terminen nie richtig in der ,Szene’ angekommen bin, wieder hier zu sein und mit meiner Frau Esther eine gemeinsame Heimat gefunden zu haben“, sagt Werner Hucks. Über ihre Arbeit mit ihren Schülern tauschen sie sich intensiv aus und sind sich einig, dass die musikalische Erziehung ein überaus wichtiger Teil der Persönlichkeitsentwicklung ist, das Leben in jeder Altersstufe bereichert und einen kreativen Gegenpol zum digitalisierten Alltag bildet.

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Mehrmals im Jahr musizieren sie gemeinsam: Erst unlängst beim Jubiläum der Wilnsdorfer Autobahnkirche und auch bei anderen Anlässen, etwa musikalischen Gottesdiensten. Die genießen sie besonders, denn sie fühlen sich an wie ihr gemeinsamer Herzschlag.

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