Siegen-Wittgenstein. Die Erfolgsgeschichte der SB 1 hat eine Schattenseite: Sobald Fahrgäste stehen, muss der Bus langsamer fahren. Ein Blick auf Bus und Bahn.
Es ist nicht gut bestellt um den Nahverkehr in Siegen-Wittgenstein. Busse und Züge sind verspätet oder fallen ganz aus. Und wo sie fahren, sind sie oft zu voll. Was im Falle des Schnellbusses Siegen-Olpe zu einer besonderen Blüte führt, über die jetzt die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Personennahverkehr (ZWS) informiert wurde. „Es gibt Zeiten, wo es nur noch Stehplätze gibt“, berichtete ZWS-Geschäftsführer Stefan Wied. Sobald aber Leute im Bus stehen, darf der „Schnellbus“ nur noch mit 60 statt mit 80 km/h über die A 45 fahren.
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Im Schnitt sind in jedem Bus der SB 1, der stündlich von Siegen über Kreuztal nach Olpe und zurück fährt, zwischen 12 und 13 Fahrgäste an Bord, die monatliche Auslastung liegt zwischen 11.000 und 12.000 Fahrgästen. Dabei verteilen sich die Fahrgäste allerdings nicht gleichmäßig über den Tag. Überlegt werde nun eine Lösung für Spitzenzeiten – die Anschaffung eines Gelenkbusses werde allerdings teuer. Julian Maletz (SPD), selbst Fahrgast, bestätigte den Erfolg des neuen Angebotes: Der Schnellbus sei „nahezu immer pünktlich“, und er sei „das beste ÖPNV-Angebot, um schnell von Kreuztal nach Siegen zu kommen“ – besser jedenfalls als die inzwischen weniger zuverlässige Bahn.
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Die Busse: R 27 hält nicht mehr überall
Auf andere Buslinien lässt sich das Lob nicht übertragen. Auf der Verbindung Bad Berleburg-Netphen-Weidenau sind weniger als 80 Prozent der Busse pünktlich, was an der R 27 liegt, die – wie alle anderen Busse auch – zwischen Siegen und Weidenau Verspätungen einfährt. „Die kriegt er bis Erndtebrück nicht wieder eingeholt“, erklärt Stefan Wied. Seit Schuljahresbeginn fährt die R 27 zwischen Siegen und Weidenau daher als „Schnellbus“ und hält nur noch am Kaisergarten. Das habe „ein wenig Verbesserung“ um ein bis zwei Minuten bewirkt. Verbesserungen verspricht sich Stefan Wied von der in Siegen geplanten Umweltspur und der Öffnung der Hindenburgstraße für den Gegenverkehr. „Es müssen ja nicht alle Busse übers Kölner Tor fahren.“
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Baustellen Schleifmühlchen und Kreuztal-Hilchenbach
Alle anderen Buslinien auf den Achsen Siegen-Littfeld, Kreuztal-HIlchenbach, Siegen-Kaan-Wilnsdorf-Burbach-Neunkirchen werden als „verbesserungswürdig“ mit bis zu 90 Prozent „Pünktlichkeit“ (drei Minuten Verspätung immer inbegriffen) bewertet. Probleme haben vor allem die Linien, die die Großbaustelle am Schleifmühlchen passieren müssen oder die auf der B 508 zwischen Kreuztal und Hilchenbach unterwegs sind. Im grünen Bereich sind nur die Überlandlinien nach Wenden und Freudenberg. Ähnliches gilt für die Ausfälle – das sind Busse, die mit mehr als 20 Minuten Verspätung oder gar nicht kommen. Neben der Achse nach Bad Berleburg, Kaan-Wilnsdorf, und Wilnsdorf-Neunkirchen werden auch die Ausfälle zwischen Kreuztal und Littfeld als „nicht akzeptabel“ eingestuft.
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Mit durchschnittlich mehr als drei Minuten Verspätung sind neben der R 27 die R 16 (Siegen-Hainchen) und die R 10 (Siegen-Littfeld) unterwegs, zwei bis drei Minuten über die Zeit sind im Schnitt die R 12 (Siegen-Wilnsdorf), C 130 (Siegen-Geisweid) und R 51 (Siegen-Olpe).
Die Bahn: Unzuverlässiger Intercity
Bei der Bahn treffen Personal- und Fahrzeugmangel mit den Effekten des Deutschlandtickets zusammen. „Die Auslastung steigt enorm. die Fahrzeuge sind zum Teil überfüllt“, berichtet Markus Stirnberg, Siegener Abteilungsleiter beim Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). Was dazu führt, dass das Ein- und Aussteigen länger dauert und die Züge sich weiter verspäten. Neben der Hellertalbahn ist nur die RB 91 (Siegen-Hagen) im grünen Bereich – diese Linie liegt zeitlich am weitesten vom meist verspäteten Intercity entfernt. „Wenn der nicht mehr als 30 Minuten verspätet ist.“
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Mit einer „Pünktlichkeit“ von nur 61,1 Prozent und einer Ausfallquote von 6,26 Prozent ist der IC 34 von Frankfurt über Siegen nach Dortmund oder Münster/Norddeich der unzuverlässigste Zug. Die Verbindung sei dennoch „durchaus nachgefragt“, sagt Markus Stirnberg. Was zur Folge hat, dass der RE 34, der immer eine Stunde vor und nach dem zweistündlichen IC fährt, nach einem Ausfall des Intercity entsprechend gefüllt ist. „Das führt zu Überlastungen mit weiteren Verspätungen.“ Der hohe Ausfallanteil ist auch auf die Struktur des Bahn-Fernverkehrs zurückzuführen: Während die Regionalzüge bei Baustellen immer noch auf Teilabschnitten verkehren, streicht der DB Fernverkehr den Zug dann gleich für die gesamte Strecke Siegen-Dortmund. Ersatzverkehr mit Bussen gibt es dann auch nicht. Zum einen, weil der für diese Fernverkehrslinie nicht angeboten werden muss, Zum anderen, weil es bei den Busunternehmen dafür keine Kapazitäten gibt.
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Es fehlt an Personal und Fahrzeugen
Verspätungen des Intercity ziehen Verspätungen für die nachfolgenden Regionalzüge nach sich. Einen ähnlichen Effekt bewirkt der Rhein-Sieg-Express RE 9 (Stirnberg: „Noch lange nicht pünktlich“) auf der Siegstrecke. Schuld an Ausfällen seien bei den von der DB betriebenen Linien vor allem Personalausfälle, während die Hessische Landesbahn auch noch mit fehlenden Fahrzeugkapazitäten kämpft. Bei der Kurhessenbahn (Erndtebrück-Marburg) seien daher Zugfahrten von vornherein gestrichen und durch Busse ersetzt worden: „Das ist für die Fahrgäste verlässlicher.“ Als „Ärgernis“ bezeichnet Markus Stirnberg den Ausfall der Hellertalbahn an Wochenenden bis zum Jahresende: Der entsteht, weil das Bahnunternehmen DB Netz kein Personal für die Stellwerke hat.
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