Siegen-Wittgenstein. In diesen Tagen werden die Weichen für die Zukunft bestellt: Wer übernimmt den Busbetrieb ab 2028 – und wie? Der Kreis selbst will nicht.
Der öffentliche Bus-Nahverkehr im Kreis Siegen-Wittgenstein wird wohl weiter in der Hand eines Privatunternehmens bleiben. Eine Kommunalisierung – also die Übernahme durch ein kreiseigenes Unternehmen – soll allenfalls eine Option für die Jahre nach 2030 sein. Diese „Vorzugsvariante“ empfiehlt die Verwaltung dem Verkehrsausschuss und dem Kreistag, die die Weichen dafür in ihren nächsten Sitzungen stellen.
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Neue Busse in Siegen-Wittgenstein müssen umwelttechnisch „sauber“ sein
Im Laufe des Jahres 2028 laufen die Konzessionen für die Buslinienbündel in Siegen-Wittgenstein und Olpe aus, die derzeit komplett bei den Verkehrsbetrieben Westfalen-Süd (VWS) liegen. Um vorzubereiten, welches Busangebot danach gefahren werden soll, lässt der Kreis einen neuen Nahverkehrsplan aufstellen, der Ende 2024 vom Kreistag beschlossen werden soll.
Damit allein ist es diesmal allerdings nicht getan. Nach Vorgabe der EU muss der Nahverkehr bis 2033 emissionsfrei werden; dafür gilt das „Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungsgesetz“. Der Kreistag hat beschlossen, es den Verkehrsunternehmen freizustellen, welche Antriebsart sie anbiete: Batteriebusse, Brennstoffzellen-Hybridbusse oder Batteriebusse mit Brennstoffzellen-„Range Extender“. Neben dem Fahrauftrag muss also auch der Auftrag für die Infrastruktur, vor allem das Ladesäulennetz, vergeben werden.
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Drei Modelle für die Zukunft des Busverkehrs in Siegen-Wittgenstein
Drei Varianten haben die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe, die im Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS) zusammenarbeiten, untersucht.
„Soziale Marktwirtschaft“ wird das Modell genannt, das letztlich zum Zuge kommen soll: Betrieb und Infrastruktur werden in einer Hand für 15 Jahre an ein Privatunternehmen vergeben. Die Kreise zahlen dafür – an den, der das wirtschaftlichste Angebot abgibt. „Die Variante zeichnet sich durch klare Verantwortlichkeiten aus“, heißt es in der Vorlage. Ergänzt werden soll in dieser „Vorzugsvariante“ die Option, dass der Kreis zu einem späteren Zeitpunkt Anteile des Unternehmens übernimmt.
„Freie Marktwirtschaft“bedeutet, dass Betrieb und Verkehr voneinander getrennt werden. Das habe den Vorteil, dass mit dem Aufbau der Ladesäulen schon vor Aufnahme des Betriebs durch das Verkehrsunternehmen begonnen werden kann. Die Vorlage nennt allerdings „das Risiko der Zersplitterung“. Die Abstimmung zwischen zwei Unternehmen werde aufwändig.
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Kommunalisierung: Dazu müsste der Kreis ein neues Unternehmen gründen oder ein bestehendes Unternehmen übernehmen. Das hätte auf der einen Seite „strategische und langfristige Vorteile“. Auf der anderen Seite läge aber „das vollständige technische, wirtschaftliche und damit auch das politische Risiko“ beim Kreis, und das sei „nicht zu unterschätzen“. Der Kauf des Unternehmens koste Geld – neben dem dreistelligen Millionenbetrag für neue Busse. Personal müsste eingestellt, Altersversorgungen müssten übernommen werden. Der finanzielle Aufwand wäre „erheblich“, der organisatorische Aufwand „exorbitant“. Der Kreis Olpe werde diesen Weg nicht mitgehen. Daher sei es „fraglich, ob eine Re-Kommunalisierung überhaupt Vorteile bringen könnte“. Die VWS gehörten bis 2005 dem Kreis Siegen-Wittgenstein.
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Einnahmen aus dem Fahrgeld reichen in Siegen-Wittgenstein nicht
Nur noch theoretisch ist der Busverkehr „eigenwirtschaftlich“, was bedeutet, dass die Kosten durch Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf gedeckt werden. In diesem Jahr schießt der Kreis Siegen-Wittgenstein bereits 12,6 Millionen Euro zu – neben dem kostenlosen Schülerticket kostet vor allem der „Höchsttarif“ Geld: Der Kreis hat die Fahrpreise gedeckelt und erstattet den Verkehrsbetrieben das dadurch entstehende Defizit. Nun kommt auch noch das Deutschlandticket dazu: Neuer Höchstpreis für Monatskarten sind 49 Euro; für die entstehende Differenz kommen Land und Bund auf.
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