Kreuztal/Siegen. Der Bedarf an Pflegeplätzen in Heimen wird immer größer. Aber kaum jemand baut. In Kreuztal wird das Angebot sogar drastisch kleiner.

Der Kreis Siegen-Wittgenstein schlägt Alarm: Weil es nicht genügend Plätze in Pflegeheimen gibt, soll das Kreisklinikum selbst – wie berichtet – eine Einrichtung bauen. Verschlechtert hat sich die Lage besonders in Kreuztal.

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Die Diakonische Altenhilfe Siegerland hat von der Alloheim-Gruppe das neue Haus mit 51 Plätzen im Buschhüttener Deichwald-Quartier übernommen. Dorthin werden die 26 verbliebenen Bewohner aus dem Seniorenwohnpark Dicke Buche in Krombach umziehen, den die Diakonie dann aufgibt. Das Haus hätte modernisiert oder neu gebaut werden müssen. Ursprünglich wollte die Diakonie im ehemaligen Kredenbacher Krankenhaus den Ersatz für die Dicke Buche schaffen – dieses Vorhaben wurde nun aufgegeben. Hinzu kommt, dass das Familiengut Haus Hadem seinen stationären Betrieb aufgibt und die Räume künftig mit einer durch einen Pflegedienst betreuten Senioren-Wohngemeinschaft belegt werden. Unter dem Strich sinkt damit die Zahl der stationären Pflegeplätze in Kreuztal von 238 auf 157, das ist ein Abbau um mehr als ein Drittel.

Hier fehlen Heimplätze

Bisher hatte der Kreis damit geplant, dass 10,55 Prozent der Pflegebedürftigen einen Heimplatz benötigen – dann hätten bis 2026 noch 171 neue Plätze geschaffen werden müssen, über den laufenden Neubau der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort in Freudenberg hinaus der Ende 2023/Anfang 2024 eröffnet werden soll. Tatsächlich wurde aber 2021 für 13,9 Prozent der Pflegebedürftigen ein Pflegeplatz in Anspruch genommen – was zu einem Bedarf von 557 neuen Plätzen führt. Den größten Bedarf gibt es in Siegen (294 Plätze), Bad Berleburg (106), Wilnsdorf (83) und Kreuztal (59). Zu rechnen sei damit, dass das Angebot an Plätzen noch weiter abnimmt, wenn die gesetzliche Vorgabe umgesetzt wird, nur noch Einzelzimmer anzubieten Das betrifft in Freudenberg das Haus am Holunderweg mit 22 Pflegeplätzen, das den Betrieb einstellen wird. Bisher sind konkrete Planungen nur für einen Neubau auf der Sieghütte in Siegen mit 110 Plätzen aufgenommen worden.

Im Kreis Siegen-Wittgenstein wohnten 2021 2052 stationär pflegebedürftige Frauen und Männer. Erfasst waren aber 2376 Personen, die vor dem Umzug in ein Pflegeheim im Kreisgebiet wohnten. 267 Einwohner werden also in einer Einrichtung in einem Nachbarkreis gepflegt, darunter allein 81 im Kreis Altenkirchen. Diese hohe Zahl, so der Pflegebedarfsplan, könne „ein Hinweis auf fehlende stationäre Pflegeplätze im Kreisgebiet sein.“

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So wächst der Bedarf

Bis 2026 werden 24.571 Menschen im Kreis pflegebedürftig sein, 5100 mehr als 2021. Bis 2040 wird die Zahl auf rund 26.000 steigen, 2050 auf rund 27.600.

7,09 Prozent der Einwohner des Kreises brauchten Pflege – der Anteil bewegt sich zwischen 8,75 Prozent in Bad Berleburg und 5,5 Prozent in Erndtebrück. Mit 6,49 Prozent in Netphen, 6,32 Prozent in Kreuztal und 6,11 Prozent in Hilchenbach ist der Anteil im nördlichen Siegerland unterdurchschnittlich. Überwiegend werden Geldleistungen in Anspruch genommen. In stationärer Dauerpflege sind 2052 Menschen, die meisten in Siegen (763), Burbach (174), Kreuztal (163), Netphen (152) und Hilchenbach (142). Im Schnitt sind die Bewohner von Pflegeheimen mit 82 Jahren in die Pflegeeinrichtungen eingezogen, am höchsten liegt das Durchschnitts-Einzugsalter in Burbach, Wilnsdorf und Neunkirchen mit 85 Jahren, am niedrigsten in Erndtebrück (75 Jahre), Kreuztal (79 Jahre) und Hilchenbach (80 Jahre). Im Schnitt dauert ein Heimaufenthalt 2022 noch 733 Tage, 2021 waren es 876, 2020 975 Tage. Die längsten Verweilzeiten werden in Kreuztal (1220 Tage), Erndtebrück (1128), Freudenberg 1007) und Neunkirchen (1022) festgestellt, die kürzesten in Wilnsdorf (490), Hilchenbach (617) und Netphen (648).

Mehr Plätze für Pflege von Demenzkranken

In Netphen kommt die Erweiterung des Hauses St. Anna der Marien-Gesellschaft wieder auf die Tagesordnung, die der Rat im Dezember blockiert hatte – aus Sorge, dass dann das gewünschte Pflegeheim in Dreis-Tiefenbach nicht gebaut werde. Die Verwaltung verweist darauf, dass es in Dreis-Tiefenbach keinen Standort gibt. Geprüft werde, ob das Haus St. Elisabeth in Netphen um eine Etage aufgestockt werden kann. Der Sozialausschuss berät am Mittwoch, 30. August. Der Rat entscheidet am Donnerstag, 7. September.

Das Haus St. Anna ist Demenzzentrum – in dieser geschlossenen Einrichtung wohnen Pflegebedürftige, deren Unterbringung gerichtlich angeordnet wurde. Plätze dieser Art gehen gerade mit der Dicken Buche in Krombach verloren.

Im Kreis Siegen-Wittgenstein wurden 2020 3190 neue Demenz-Diagnosen getroffen, die Krankheit betrifft somit 1,12 Prozent der Einwohnerschaft. Am stärksten ist die Verbreitung in Burbach und Wilnsdorf, am geringsten in Freudenberg.

So altert die Bevölkerung

Um zwischen 1,8 Prozent in Siegen und 11,9 Prozent in Wilnsdorf wird die Einwohnerzahl in den Städten und Gemeinden in Siegen-Wittgenstein bis 2040 abnehmen – nur in Siegen, Freudenberg, Burbach, Kreuztal und Bad Berleburg weniger schnell als im Kreisdurchschnitt von minus 4,9 Prozent.

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Den höchsten Seniorenanteil wiesen 2021 die Gemeinde Wilnsdorf mit 24,19 Prozent sowie Bad Berleburg und Bad Laasphe auf. In Hilchenbach, mit 23,58 Prozent im vorherigen Bericht noch die Kommune mit dem höchsten Seniorenanteil, waren mit 8,54 Prozent die meisten Hochaltrigen über 80 Jahre, gemessen an der Gesamtbevölkerung, wohnhaft. Die Altersgruppe 65 bis 79 stellt 2021 weiterhin den größten Anteil an der Gesamtbevölkerung in Wilnsdorf. Am niedrigsten lag der Seniorenanteil in der Gemeinde Burbach mit 20,84 Prozent, während der Anteil über 80-Jähriger in Siegen mit 6,85 Prozent am geringsten war. „Insgesamt ist über nahezu alle Kommunen und Altersgruppen die fortschreitende Alterung der Bevölkerung sichtbar“, heißt es im Pflegebedarfsplan. Bis 2040 wird in der Mehrheit der Kommunen etwa jede dritte Person mindestens 65 Jahre alt sein. Den höchsten Seniorenanteil sowie den Anteil 65-79-Jähriger stellt dann die Stadt Bad Laasphe. Mit 24,15 Prozent wird für die Stadt Siegen bis 2040 der geringste Seniorenanteil erwartet. In Kreuztal werden dann 18,71 Prozent der Einwohner zwischen 65 und 79 Jahre alt sein, weitere 8,35 Prozent über 80.

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