Siegen. Das Grundstück hätte sich für viel Geld verkaufen lassen, hat für die Stadt Siegen als Parkanlage aber viel mehr Wert: Der Herrengarten kommt.
Die ersten Bagger sind da, die Gitter für den Bauzaun liegen bereit. Die Arbeiten für den „Bürgerpark Herrengarten“ an Siegens Neuen Ufern gehen los, bis Ende Juni 2024 soll die Grünanlage fertig sein. Das ist zwar ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant, aber dafür passend zur 800-Jahr-Feier der Stadt, wie Bürgermeister Steffen Mues beim Spatenstich am Dienstag anmerkt: „vielleicht auch ein kleines Geschenk an die Stadtgesellschaft“.
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Man hätte die Fläche anders nutzen können, sagt der Bürgermeister. 4800 Quadratmeter in wirklich bester Innenstadtlage hätten sich auch für sehr viel Geld verkaufen lassen. Doch dann hätte dort am Ende ein mehrstöckiges Wohn- und Geschäftshaus gestanden. Dass in Siegen eine gänzlich andere Entscheidung fiel, „ist schon besonders für eine Großstadt“, hebt Steffen Mues lobend hervor.
Siegen: Deutschlands grünste Großstadt hat im Zentrum nicht viel Grün zu bieten
Siegen sei zwar im Jahr 2016 als Deutschlands grünste Großstadt ermittelt worden, doch das liege daran, wie es um das Zentrum herum ausschaue. In der Stadtmitte ist es mit Grün nicht so weit her, und deshalb sei der Herrengarten so wichtig: Als grüner Aufenthaltsort, als Oase und auch als Beitrag zum Mikroklima. Wo bis Ende 2021 ein in den 1970er Jahren errichtetes Geschäftshaus auf versiegelter Fläche stand, dessen Mauern im Sommer Wärme speicherten, wird künftig in weiten Teilen Rasen sein, in dem Regen versickern kann, umgeben von Bäumen, die Kühle und Schatten spenden.
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Der Herrengarten – die Stadt schreibt „HerrenGARTEN“, weil auf dem zweiten Wortteil die Betonung liegt – kehre damit nach langen Diskussionen zu seiner ursprünglichen Bestimmung zurück. Die Nutzung des Areals fing im 17. Jahrhundert als Landschaftsgarten an, es entstand eine Art Lustgarten mit Orangen- und Zitronenbäumen, Pomeranzen, Honigbäumen und Zypressen. Daran soll die künftige Gestaltung anknüpfen, wenn auch mit einem gewaltigen Unterschied: Früher hielten eine Mauer und Gitter die Bevölkerung fern. Und nun soll der Bürgerpark – der Name ist sehr bewusst gewählt – für alle Menschen ein attraktiver Treff- und Anlaufpunkt werden.
Siegen: Bürgerpark Herrengarten schafft einen harmonischen Abschluss der Neuen Ufer
Der Entwurf für die Umgestaltung stammt vom Büro Rehwaldt Landschaftsarchitekten aus Dresden, ausgewählt nach dem freiraumplanerischen Wettbewerb im Jahr 2018. Das ist eine ganze Weile her, räumt der Bürgermeister ein, doch die Stadt habe erst die Zuschüsse abwarten müssen. Der letzte Förderbescheid der Bezirksregierung Arnsberg kam 2022, erst daraufhin konnte die Ausschreibung erfolgen. Auftragsvolumen: rund 4,2 Millionen Euro.
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Dass das Land nach dem sehr kostspieligen Bau der Neuen Ufer noch einmal Fördermittel locker machte, um ein Geschäftsgebäude zu kaufen, abzureißen und eine Grünfläche anzulegen, lag einerseits an dem Gebäude selbst und andererseits an den Neuen Ufern. Das Einkaufszentrum Herrengarten leistete nicht wirklich einen Beitrag zur optischen und atmosphärischen Aufwertung der schicken (und teuren) Stufenanlage. Im Klartext: Die Bude war einfach hässlich. Das sah wohl auch das Land so – jedenfalls steuerte es großzügige finanzielle Unterstützung bei.
Herrengarten Siegen: Bürgerpark macht optisch fragwürdige Entwicklungen wett
Die Parkanlage wird einen „harmonischen Abschluss des Sieguferbereichs“ schaffen, sagt Steffen Mues. Stadtbaurat Henrik Schumann gibt zu, dass er zwar das Wort nicht besonders möge, dass es sich aber dennoch um „Stadtreparatur“ handele. Er dankt ausdrücklich der Politik für den Mut an dieser Stelle: „Man hätte viele Gründe finden können, wieso so ein Projekt zu teuer ist. Aber nachfolgende Generationen werden es uns danken.“
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Davon geht auch der Bürgermeister aus. Nicht nur das Projekt habe eine lange Historie, sondern auch das Gelände an sich. Und in dieser Geschichte sei immer wieder die Frage diskutiert worden, welcher Weg der richtige für dieses Fleckchen Erde sei. Mit dem früheren Lustgarten war nämlich Ende des 19. Jahrhunderts Schluss, ab 1879 wurde das Grundstück größtenteils bebaut, die Restfläche nach dem Zweiten Weltkrieg als Parkplatz und für eine Tankstelle genutzt (an die sich der Bürgermeister noch erinnert), bevor in den 1970ern das Einkaufszentrum entstand. Über die Rückkehr zur Nutzung als Grünanlage, da ist der Stadt-Chef sicher, wird es in Zukunft gewiss keine Diskussionen geben.
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