Siegen. Die Belastungsgrenze ist erreicht: Den Siegener Hallenbädern und womöglich auch den Freibädern drohen Einschnitte, wenn sich nichts ändert.

Es knirscht in den Siegener Bädern. Nicht in den Gebäuden, sondern in der Organisationsstruktur und beim Personal: Aktuell gelinge es nicht mehr, sämtliche Richtlinien und Vorgaben des Bäderbetriebs zeitnah umzusetzen und gleichzeitig die Bäder so wie bisher zu öffnen, so Martin Wagner, Abteilungsleiter Sport und Bäder. Die Aufsicht könne bald nicht mehr vollumfänglich sichergestellt werden, es kommt immer häufiger zu Einschränkungen, weil die wachsende Vielzahl von Aufgaben mit dem vorhandenen Personal nicht mehr erledigt werden könne (wir berichteten). Hallenbäder außerhalb der Schulferien nicht mehr zu schließen, wie von der Kommunalpolitik gefordert, sei unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht machbar – alle fünf, künftig vier Siegener Bäder gleichzeitig zu öffnen, sei schlicht nicht drin.

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Wagners Schilderungen der aktuellen Lage in einer Vorlage für den Sport- und Bäderausschuss erinnern an ein leckgeschlagenes Boot, in das durch immer neue Löcher Wasser dringt, die die Besatzung vergeblich zu stopfen versucht. Der Bäderbetrieb umfasst bei weitem nicht nur das Verkaufen von Eintrittskarten und die Aufsicht am Beckenrand, sondern viele Aufgaben, die durch Vorschriften und Gesetze geregelt sind. Ein Freibad auch mal ohne Kassenpersonal oder Aufsicht am Becken zu öffnen, ist schlichtweg unmöglich. Bäder müssen technisch betreut und in durchaus erheblichem Umfang regelmäßig gereinigt, die chemischen Wasserwerte geprüft und dokumentiert, der Sanitätsdienst sichergestellt und das Gebäude durch Rundgänge kontrolliert werden. Es gilt Reparaturen zu beauftragen, Material einzukaufen. Vieles davon geht in den Hallenbädern nur im Sommer, weil dann die Freibäder als Schwimm-Alternative bereitstehen.

Ohne geschlossene Hallenbäder im Sommer geht es in Siegen nicht

Bei Freibädern wiederum kommen „zahlreiche weitere Besonderheiten“ hinzu: Bis zur Öffnung gelte es, die erforderlichen und keineswegs trivialen Revisions- und Reparaturarbeiten zu erledigen. Das ziehe schon recht früh im Jahr Kapazitäten aus den Hallenbädern ab. Die Öffnungszeiten sind länger als in den Hallenbädern, es braucht noch häufigere Reinigung, noch gründlichere Aufsicht über Gebäude und Gelände. Das funktioniere nur dank Aushilfskräften für Kasse, Reinigung und Rettungsschwimmen, so Abteilungsleiter Wagner. Davon allerdings gibt es immer weniger.

Die bisherigen Schließungszeiten, so der eindeutige Hinweis an die Politik, seien erforderlich, um all diese Arbeiten auszuführen. Mehrere Fraktionen hatten die seit Jahren praktizierte Lösung kritisiert, ein Hallenbad im Sommer zu schließen, was auch den schulischen Schwimmunterricht betreffe.

Einlass-Stopp im Freibad Kaan-Marienborn, Hallenbad Eiserfeld an Wochenende zu

Die Abteilung berechnet derzeit den Personalbedarf neu: Welche Aufgaben sind zu erledigen und wie viele Beschäftigte braucht es dafür? Jedenfalls mehr, so viel dürfte feststehen. Die aktuelle Personalstärke sei an ihre Grenzen gelangt, auch weil über die Corona-Zeit durch krankheitsbedingte Ausfälle und Abgänge Resturlaub und Überstunden „in nicht geringem Maße“ aufgebaut wurden. Bei großem Besucherandrang musste beispielsweise Mitte Juni im Freibad Kaan-Marienborn zeitweise ein Einlass-Stopp verhängt werden, berichtet Wagner. Das Hallenbad Eiserfeld blieb an einem Juli-Wochenende geschlossen, weil das Personal im Freibad benötigt wurde. Generell wurden die Sommer-Öffnungszeiten in Eiserfeld verkürzt, die Hallenbäder Weidenau und Löhrtor schon früher geschlossen, als ursprünglich geplant.

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Und wenn die Politik diese Mehrstellen für die – generell kaum ohne finanzielles Defizit betreibbaren – Bäder genehmigt, bedeutet das keineswegs, dass sich Menschen darauf bewerben. Der Personalmangel, hatte die städtische Personalabteilung jüngst berichtet, ist in keiner anderen Branche so hoch wie im Bäderwesen; nirgends gibt es so wenig Interesse an den offenen Stellen.