Siegen. Vom Neubau der Hufeisenbrücke in Siegen werden Autofahrer nichts haben: Verkehrsplanung orientiert sich längst nicht mehr ausschließlich am Pkw.

Privatautos sind und bleiben am ZOB dauerhaft unerwünscht. Das wurde im Haupt- und Finanzschuss (HFA) nun einmal mehr deutlich. Das Thema kam am Rande der Diskussion über den Neubau der Hufeisenbrücke auf.

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Das Gremium stimmte mehrheitlich für einen veränderten Beschlussvorschlag in Bezug auf die Brücke. Marc Klein (CDU) hatte mit Hinweis auf bereits erfolgte Ergänzungen in Bau- und Verkehrsausschuss beantragt, den Vorschlag der Verwaltung um einen Zusatz zu ergänzen – nämlich, dass der Neubau der Hufeisenbrücke mit einem für den Radverkehr freigegebenen Bussonderstreifen nur erfolgen soll, sofern „übergeordnete Fördermittelgeber“ 25 Prozent der Mehrkosten übernehmen. Sollte dies nicht der Fall sein, solle die Verwaltung lediglich eine Fuß- und Radverkehrsbrücke über die Schienen am Hauptbahnhof errichten lassen. Für letztere Variante werden die Kosten auf rund 15 Millionen Euro geschätzt, wovon die Stadt 3,5 Millionen zu tragen hätte. Die Variante mit Busspur hingegen würde etwa 33 Millionen Euro kosten, wovon die Stadt mehr als 14 Millionen aus eigenen Mitteln aufbringen müsste.

Siegen: Neubau der Hufeisenbrücke auf jeden Fall ohne Freigabe für Privatautos

Roland Steffe (AfS) kritisierte den grundlegenden Ansatz. „Die Verkehrsteilnehmer, die über ihre Steuern den Großteil der Mittel aufbringen, werden benachteiligt“, sagte er – und plädierte dafür, eine neue Hufeisenbrücke auch für den motorisierten Individualverkehr freizugeben, unter anderem für private Hol- und Bringfahrten zum Bahnhof.

Abstimmung

Der Haupt- und Finanzausschuss stimmte bei einer Enthaltung (Roland Steffe, AfS) für einen Neubau der Hufeisenbrücke mit für den Radverkehr freigegebenen Bussonderstreifen – unter der Voraussetzung, dass es weitere Fördermittel für das Projekt gibt.

Sollte diese Bedingung nicht erfüllt sein, ist eine Ausschussmehrheit dafür, lediglich eine – kostengünstigere – Rad- und Fußgängerbrücke zu errichten. Die SPD stimmte dagegen, die Grünen enthielten sich in diesem Punkt. „Die meisten von uns wollen die Verkehrswende“, erläuterte Joachim Boller (Grüne) die fehlende Zustimmung zu dieser busfreien Lösung. „Dazu gehört auch der ÖPNV.“

Martin Heilmann (Grüne) hielt dem entgegen, es sei durchaus „normal, dass Menschen (über ihre Steuern, Anmerkung der Redaktion) für Bauwerke bezahlen, die sie nicht nutzen“. Radfahrerinnen und Radfahrer etwa dürften etliche mit öffentlichen Mitteln finanzierte Strecken nicht befahren. In Siegen gilt das zum Beispiel für die HTS. Und Hol- und Bringfahrten, so Martin Heilmann weiter, sollten idealerweise hinter dem Bahnhof abgewickelt werden. „Dass Leute mit dem Auto vor den Bahnhof fahren, ist nicht mehr erwünscht.“ Sein Fraktionskollege Joachim Boller wurde noch deutlicher: „Der ZOB könnte aus meiner Sicht komplett für den Individualverkehr gesperrt werden“, denn gerade unter diesem leide die Aufenthaltsqualität im Stadtzentrum. Den ZOB dürfen Autofahrerinnen und -fahrer zwar nur in seltensten Fällen befahren, etwa um Zugreisende abzusetzen. Faktisch halten sich aber nicht alle daran: Poser drehen dort mitunter gerne lautstark Runden, manchmal halten Privatautos vor Geschäften und behindern damit die Busse.

Der ZOB in Siegen ist Fußgängerzone mit Freigabe für Busse, Taxen und Radfahrer. Privatautos sollten dort eigentlich nicht verkehren. Allerdings halten sich nicht alle Fahrerinnen und Fahrer daran.
Der ZOB in Siegen ist Fußgängerzone mit Freigabe für Busse, Taxen und Radfahrer. Privatautos sollten dort eigentlich nicht verkehren. Allerdings halten sich nicht alle Fahrerinnen und Fahrer daran. © WP | Florian Adam

Siegen: Das Auto spielt bei Verkehrsplanungen längst nicht mehr die Hauptrolle

Widerspruch ernteten Martin Heilmann und Joachim Boller im Ausschuss nicht – tatsächlich herrscht in Politik und Verwaltung schon seit längerer Zeit weitgehende Einigkeit, dass die über Jahrzehnte geltende Hauptrolle des Autos bei Verkehrsplanungen nicht mehr haltbar ist. Das Klimaschutzteilkonzept Mobilität etwa hat als Hauptziele eine Reduzierung des Autoanteils am Gesamtverkehr und eine Stärkung den sogenannten Umweltverbunds aus Fuß-, Rad- und öffentlichem Nahverkehr.

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Vom Klimaschutzaspekt abgesehen ist damit nach allgemeiner Überzeugung eine Steigerung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt verknüpft: Weniger Abgase, weniger Lärm und weniger Stress, weil Fußgängerinnen und Fußgänger nicht dauernd die Augen nach Autos aufhalten müssen. Außerdem könnten Flächen, die durch das Fernbleiben von Pkw frei werden, anderweitig genutzt werden, um die Attraktivität zu steigern.

Die endgültige Entscheidung über Art und Umfang des Hufeisenbrücken-Neubaus fällt am 21. Juni im Rat.

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