Kreuztal. Kreuztals Bürgermeister Walter Kiß erklärt, warum die Stadthalle nicht so einfach wiederaufgebaut werden kann.
Am 16. Mai ist Walter Kiß nicht in Kreuztal. Urlaub. Den Jahrestag des Feuers, das nicht nur Vermögen, sondern auch Lebenswerke und Erwartungen vernichtet hat, will der Bürgermeister nicht hier verbringen. „Das steckt mir immer noch in den Knochen.“ Ein Jahr ist es her, dass er am Tag nach dem Brand an der Ruine vor Kameras und Mikrofone treten musste. Die Dimension des Schadens war damals noch nicht absehbar. Aber den Willen, dass Kreuztal wieder eine Stadthalle bekommen muss, den hat er vom ersten Tag nach dem Feuer erklärt. Immer wieder.
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Und wann ist das? „Wenn wir das alles wüssten, wäre uns wohler“, sagt Walter Kiß im Gespräch mit dieser Zeitung. Eigentlich sind sich die Beteiligten noch nicht einmal einig, wie hoch der entstandene Schaden eigentlich ist. Wie viel wert war die alte Stadthalle noch? Welche Bauteile der Ruine sind noch verwertbar? Und dann: Auf welchen Betrag hat die Stadt Anspruch – die allgemein steigenden Baupreise möchten die Versicherungen gern herausrechnen, und natürlich auch die Kosten, die entstehen, wenn die Stadt den Neubau von vornherein modern gestaltet. Was sie zwangsläufig tun muss, weil sie die alte Stadthalle gar nicht wieder aufbauen kann. „Die wäre gar nicht mehr genehmigungsfähig.“ Mit der offenen Holzdachkonstruktion schon gar nicht. Aus Brandschutzgründen.
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Einmal in der Woche ist Jour Fixe aller Beteiligten: Gutachter, Versicherungen, Stadtbaurätin Christina Eckstein und ihr Team. Was ist mit den Rechnungen der Handwerker, deren Arbeit abgebrannt ist, bevor sie bezahlt wurde? Wenn die Stadt die begleicht, erhöht das dann die Schadensumme? „Wir haben uns juristische Unterstützung eingekauft“, berichtet Walter Kiß. Alles ist ungemein kompliziert, eins hängt am anderen. Der Bürgermeister verbreitet Zuversicht: „Es zeichnen sich Kompromisse ab, wir sind auf der Zielgeraden.“ Und fügt dann doch hinzu: „Auch kleine Kompromisse sind für uns Geld.“ Keinen Zweifel gibt es daran, dass die Stadt Kreuztal sich Geld wird beschaffen müssen – eine neue Stadthalle wird ihr nicht geschenkt. „Bei einem kompletten Neubau sind wir im zweistelligen Millionenbereich.“
Planung noch nicht begonnen
Vor allem für die Schulen muss der Neubau möglichst schnell kommen. „Die brauchen diese Räume dringend.“ Stadthallenplanung und die zwischenzeitlich eingeleitete Erweiterung des Schulzentrums – Gymnasium und Gesamtschule bekommen eine zusätzliche Etage – laufen nun Hand in Hand. „Auch für unsere Planer ist das ein schwerer Brocken.“ Für Kreuztalkultur wäre es gut, wenn Kreuztal sein Markenzeichen zurück hätte, sagt der Bürgermeister. „Aber die Kultur kann sich behelfen.“ Was nun aber auch möglichst nicht auf Kosten der Vereine geschehen soll, die nicht nur die Stadthalle als Veranstaltungsort verloren haben, sondern nun auch Belegungszeiten in der Turn- und Festhalle Buschhütten und der Otto-Flick-Halle abgeben müssen. Noch viel mehr, als Rat und Ausschüsse während der Pandemie nicht ihre angestammten kleineren Sitzungsräume nutzen durften. „Die Vereine leiden darunter.“
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Ganz am Anfang stand die Idee im Raum, ein Interim für die Jahre ohne Stadthalle zu schaffen. Bürgermeister Walter Kiß winkt ab. „Das ist nicht für kleines Geld zu kriegen, die Kosten wären unverhältnismäßig.“ Im Laufe der Monate wurde dann laut nachgedacht, ob es für eine Stadthalle nicht einen besseren, zentraleren Standort gäbe – der Parkplatz Roonstraße neben dem Rathaus wurde genannt. „Es gibt nichts, was sich als Standort aufdrängt“, meint der Bürgermeister. Der „Dreiklang“ von Schulen, Kultur und Vereinen sei nach wie vor im Schulzentrum am besten zu verwirklichen: „Das steht für mich fest.“ Zumal auch die Größe stimmt: „600 Plätze sind für uns eine ideale Größe.“
Wann es wieder eine Stadthalle in Kreuztal geben wird? Walter Kiß lässt sich keine Jahreszahl entlocken. „Wir haben noch gar nicht begonnen, neu zu planen.“ Weil das keinen Sinn macht, solange die Gutachter und Juristen nicht durch sind. Es ist eben immer noch kompliziert.
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