Siegen. Trotzdem hat die Stadt Probleme. Ein ganz neues ist die Hufeisenbrücke, die womöglich komplett überflüssig wird,
Bürgermeister Steffen Mues setzt auf die Schlagzeile: Das Haushaltsjahr 2023 werde „in die Geschichte der Stadt Siegen eingehen“. Als das Jahr, an dem zum ersten Mal seit 1994 ein Überschuss unter dem Strich steht. Kämmerer Wolfgang Cavelius steht dem nicht nach: „Die Gewerbesteuereinnahmen gehen durch die Decke.“ Statt der eingeplanten 69 Millionen Euro werden in diesem Jahr 85,7 Millionen Euro an die Siegener Stadtkasse überweisen, „der höchste Betrag, den wir je hatten“. Das wird zu einem Jahresüberschuss von 12 Millionen Euro führen - und trotzdem nicht zu einer Kürzung der eigentlich als Ausgleich gedachten Schlüsselzuweisungen des Landes. Auch davon gibts nächstes Jahr 12,3 Millionen Euro mehr. Weil der Haushalt nicht mehr von der Kommunalaufsicht genehmigt werden muss, kann die Stadt bereits Ende März mit der Umsetzung der finanzierten Vorhaben beginnen kann.
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Das ist die Lage
„Ich bin schon ein wenig stolz“, sagt Bürgermeister Steffen Mues, „dass die Stadt Siegen es geschafft hat, wieder ihr eigener Herr zu sein.“ Die Politik der Wirtschaftsförderung, der Gewerbeansiedlung und das Bemühen um einen guten Branchenmix „trägt endlich Früchte“. Bürgermeister und Kämmerer sehen allerdings auch kritische Punkte,
Flüchtlinge: Das Land, so Bürgermeistern Mues, müsse „endlich für eine faire Verteilung der Flüchtlinge sorgen“. Sowohl bei den Aufnahmen neu eintreffender Geflüchteter als auch bei der Zuweisung von anerkannten Flüchtlingen, die drei Jahre in Siegen bleiben, werde die Stadt überdurchschnittlich gefordert.
Kreisumlage: Bürgermeister Steffen Mues kritisiert „die vielen freiwilligen Aufgaben, die der Kreis übernimmt“ – und über die besser jede Stadt oder Gemeinde selbst befinden sollte. Eingeplant hat Kämmerer Wolfgang Cavelius eine Senkung,
nicht die von Kreistagsmehrheit und Landrat verfolgte Erhöhung des Hebesatzes. „Mit Füßen getreten“ werde durch den Kreis das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber den Städten und Gemeinden. „Ich habe schon einmal überlegt, den Umlagesatz gerichtlich überprüfen zu lassen.“
Schulden: Insgesamt rund 30 Millionen Euro Belastungen durch Corona und Kriegsfolgen, die eigentlich Jahr für Jahr den Haushalt in tiefrote Zahlen abstürzen lassen würden, erscheinen nicht im Etat, sondern werden „isoliert“, um ab 2026 abgeschrieben zu werden. Das Geld fehlt natürlich trotzdem: Entsprechend explodieren die Kassenkredite. Dass auch die Schulden für Investitionen deutlich nach oben gehen, beunruhigt den Kämmerer weniger – das vorgesehene Arbeitsprogramm werde kaum komplett umgesetzt werden können.
Personal: Die Verwaltung braucht Verstärkung, 33 Stellen sind neu eingeplant. „Das Problem wird sein, die Stellen besetzen zu können“, sagt Steffen Mues, „wichtige Bereiche sind seit Jahren unterbesetzt.“ Seit der Sperrung der Rahmedetalbrücke ist Siegen keine gute Adresse mehr für Pendler aus Hagen und Dortmund. „Niemand ist bereit, zwei Mal am Tag anderthalb Stunden zu fahren.“ Mitarbeiter der Stadtverwaltung hätten deshalb auch schon gekündigt.
Das hat Siegen vor
Rund 40 Millionen Euro stehen im Etat 2023 für Investitionen bereit, weitere rund 20 Millionen noch aus den Jahren 2021 und 2022.
Herrengarten: Den Bürgerpark verbucht der Bürgermeister auch als Beitrag zum Klimaschutz. „Es gibt kaum Grünflächen in der Innenstadt.“ Für das Acht-Millionen-Euro-Projekt werden im nächsten Jahr weitere 2,18 Millionen Euro bereitstellt.
Radwege: In der Oberstadt werden Fahrradboxen aufgestellt, der Radweg zwischen Heeserstraße und Hufeisenbrücke wird beleuchtet, neu gebaut werden der Abschnitt der Radpendlerroute bei der Schemscheid, der Radweg vom Gewerbegebiet Leimbachtal in die Innenstadt (eine Million Euro) und der Radweg Hainer Hütte.
ÖPNV: Begonnen wird mit dem Neubau des ZOB Geisweid (2,14 Millionen Euro). Der Verkehrsrechner wird modernisiert, um Ampel-Vorrangschaltungen für Busse zu ermöglichen. Die Hubacher Brücke im Zuge der Achenbacher Straße wird neu gebaut, damit stark genug für Busse wird.
Stadtmauer: Der sechste und siebte Bauabschnitt sind an der Reihe, 2025 folgt der achte und letzte. Rund zehn Millionen Euro wird die Stadt dann für zwei Kilometer Stadt - und Schlossmauer verbaut haben. „Ich bin froh, dass wir sie haben retten können.“
Schulen: Zu den großen Investitionen gehört der Umzug der Spandauer Schule in das Gebäude der ehemaligen Realschule am Häusling. 9,11 Millionen Euro werden fällig. „Vor sechs, sieben Jahren hätte die Maßnahme wahrscheinlich die Hälfte gekostet“, vermutet Steffen Mues. Einzug soll zum Schuljahr 2024/25 sein.
Sport: Der Skatepark Goldammerweg wird neu gebaut, die Kunstrasenplätze Giersberg und Glückauf werden erneuert, das Hofbachstadion wird weiter saniert.
Feuerwehr: Das Gerätehaus Oberschelden wird angebaut, das Gerätehaus Eiserfeld saniert.
Straßen: Seelbacher Weg, Oranienstraße und Schultestraße bekommen eine neue Fahrbahndecke.
Das wird knifflig
Hufeisenbrücke: Zwar sind 500.000 Euro für die Planung und schon einmal 4,5 Millionen Euro aus dem Etat 2024 reserviert. Ob die Brücke hinter dem Bahnhof aber wirklich neu gebaut wird, ist offener denn je: Elektrobusse, die in Zukunft in Siegen fahren, dürfen nicht unter der HTS stehen. Damit verliert der Busbereitstellungsplatz seine Funktion, für Busse wird die Brücke dann nicht mehr gebraucht – der Neubau eines Überwegs für Fahrräder und Fußgänger würde ausreichen. „Der gesamte ÖPNV müsste sich völlig neu aufstellen“, sagt Bürgermeister Steffen Mues. Gesucht werden müsste ein neuer Standort, von dem aus die Busse ihre Haltestellen am ZOB ansteuern.
Hallenbad: Für das Hallenbad Weidenau stehen 1,5 Millionen Euro Planungskosten bereit. Der Neubau selbst taucht im Etat nicht auf. „Nicht veranschlagungsreif“, sagt Kämmerer Wolfgang Cavelius – die Kosten sind nicht bekannt, weil erst zu entscheiden ist, was in Weidenau überhaupt gebaut werden soll: ein „Kompaktbad“, das auch Ersatz für das Stadtbad am Löhrtor wird. Oder ein „Zentralbad“, das dann auch das Hallenbad Eiserfeld ersetzt. Die Kosten für ein Zentralbad wurden im September auf mehr als 50 Millionen Euro geschätzt. Dessen ungeachtet werden 650.000 Euro für Sanierungen im Hallenbad Eiserfeld bereitgestellt – damit könne nicht länger gewartet werden, wenn das Bad betriebsbereit bleiben soll. Bürgermeister Steffen Mues: „Wir müssen jetzt investieren.“
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