Siegen. Kranke Kinder müssen abgewiesen werden, Klinik hat keinen Platz mehr und behandelt nur noch richtig schwere Notfälle. Das Personal ist am Limit.

Die Situation in der DRK-Kinderklinik spitzt sich weiter zu, statt sich wenigstens etwas zu entspannen: Auf dem Wellersberg wird inzwischen triagiert, nicht alle Patienten können noch im Krankenhaus versorgt werden, weil die Zahl der Infektionsfälle (RS-Virus, Atemwegserkrankungen) nach wie vor steigt und steigt. Kinder, die unter normalen Umständen sofort aufgenommen würden, müssen abgewiesen werden – die Klinik ist voll. Gleichzeitig fällt extrem viel Personal aus – und zu allem Überfluss ist die Versorgung mit Fiebermedikamenten auch noch äußerst angespannt. Ähnliches berichten niedergelassene Kinderärzte, die aktuell vielfach nur noch absolute Notfälle behandeln.

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„Wir können nur noch die Kinder aufnehmen, die nicht mehr zuhause oder ambulant versorgt werden können“, sagt Arnd Dickel, Pressesprecher der DRK-Kinderklinik. Die Lage sei derzeit angespannter als zu jedem Zeitpunkt der Corona-Pandemie. Alle Kinderärzte hätten vor Corona-bedingten „Nachholeffekten“ gewarnt bei den Infektionszahlen, dass es so extrem werden würde, hätte aber kaum jemand erwartet. Die Lage war vor zwei Wochen schon angespannt, „wir dachten, die Spitze der Welle wäre erreicht“, sagt Dickel, aber der Trend zeige weiter nach oben. Am Mittwoch, 14. Dezember, habe es im Foyer der Klinik keinen Platz mehr für weitere Kinderwagen gegeben.

DRK-Kinderklinik Siegen braucht jedes Bett – Personalausfälle auf Rekordniveau

Alle Plätze der Kinderklinik sind belegt, gleichzeitig fällt enorm viel Personal aus – die Beschäftigten sind selbst krank oder müssen sich um die eigenen kranken Kinder kümmern. Entwarnung ist nicht in Sicht: „Wir erwarten, dass der Druck noch steigt“, sagt der Pressesprecher. Der Pflegeaufwand ist zudem immens hoch: Für jedes einzelne Patientenzimmer muss die komplette Schutzmontur gewechselt werden, um die Erreger nicht zu verbreiten. Das geht, gerade bei so vielen Ausfällen, enorm an die Substanz.

Nur absolute Härtefälle – Kinder in wirklich schlechter körperlicher Verfassung, die beispielsweise eine Sauerstoffgabe benötigen, könnten aufgenommen werden und auch dann müssten die Verantwortlichen jeden Tag schauen, wie sie irgendwie untergebracht werden können. „Es wird permanent von Station zu Station verschoben“, berichtet Arnd Dickel – sobald eine Versorgung zuhause möglich ist, werden die Kinder entlassen. Er erzählt von bedrückenden Szenen, einer 6-Jährigen, die kaum noch Luft bekomme, daneben ihr verzweifelter Vater. „Da wird einem echt anders.“

Kinderarztpraxen in Siegen und Umgebung ebenfalls am Limit: Nur noch Notfälle

Ähnlich sieht es in den Kinderarztpraxen aus, drei Niedergelassene gehören zur Kinderklinik: Auch die seien am Limit, auch da gebe es die Triage, Eltern werden gebeten, nur noch zu kommen, wenn es richtig heftig wird. Was verschiebbar sei, werde verschoben.

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Ein weiteres gewaltiges Problem für Kinderklinik, Praxen, Eltern: Medikamente sind unverändert knapp. Ibuprofen oder Paracetamol gehören gewissermaßen zur Grundversorgung jeder Hausapotheke – nicht zu bekommen. Das zeigt, wie ernst die Lage ist. Die Kinderklinik kann den Eltern, die sie dort wegschicken müssen, auch nur Tabletten für den nächsten Tag mitgeben, „wir müssen selber sehen, wo wir genug herkriegen“, sagt Arnd Dickel. Kinderarzneien haben eine besondere Zusammensetzung, die Versorgung sei schon seit Längerem nicht mehr sicher gewährleistet. In die Bresche springt etwa die Herz-Apotheke am Siegbogen in Weidenau: Dort werden die Fiebersäfte für Kinder kurzerhand selbst hergestellt, als Individualrezeptur.