Kreuztal. Am Donnerstag wird Edelgard Blümel verabschiedet. Acht Jahre lang war sie Sozial- und Schuldezernentin der Stadt Kreuztal. Und was kommt jetzt?

Die Abschiedsrunden mit den Kolleginnen und Kollegen hat sie schon seit Tagen hinter sich, mit den Kindergartenleitungen, den Frauen und Männern aus dem Sozialamt, von der Jugendförderung, von der Schulverwaltung, vom erst vor ein paar Jahren neu eingerichteten Sachgebiet Flüchtlinge und Integration, den Fachleuten für Sport, Kindergärten, Jugend, Familie – um die 200 Personen stark ist das Dezernat von Stadträtin Edelgard Blümel. Am Donnerstag wurde sie nun auch im Rat verabschiedet.

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„Es gab immer so wenig Zeit, sich mal gemütlich hinzusetzen“, bedauert die scheidende Schul- und Sozialdezernentin – ein ganz klein wenig haben sie dann aber doch nachgeholt. Auch in der Bürgerschaft hat es sich herumgesprochen, dass Edelgard Blümel geht. Wohin, wurde sie dann gelegentlich gefragt, erzählt sie und lacht. Dass sie 62 und damit der Pensionierung nahe ist, sieht man ihr halt nicht an. „Ich freue mich“, sagt sie, „ich habe mich für dieses Aufhören entschieden" – auch wenn der Abschied dann doch schwer fällt.

Die Stadträtin: Flüchtlingskrise, Corona, Ukraine-Krieg

„Ich war hier ganz gut beschäftigt“, sagt Edelgard Blümel etwas untertreibend im Rückblick auf ihre acht Jahre in Kreuztal. „Ich bin angetreten, um etwas für Kinder und Familien zu tun“, erinnert sie an ihren Dienstbeginn am 1. November 2014. Hat sie auch – zusammen mit ihrem Team: In Sachen Familienfreundlichkeit ist Kreuztal anerkannt ganz oben, die Kindertagesbetreuung in den städtischen Kindergärten ist weiter ausgebaut worden, an Dreslers Park ist das erste Familiengrundschulzentrum entstanden, die Jugendbegegnungsstätte wurde so modern gemacht, wie sie die Jugendlichen selbst wollten, die Schullandschaft wurde neu geordnet, die Aufstockung des Schulzentrums steht bevor. Und und und...

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Edelgard Blümel erinnert sich an den März 2015. „Ich glaube, wir sollten mal anfangen, Wohnungen anzumieten“ – so ähnlich habe sie es gesagt, als der Flüchtlingstreck über die Balkanroute unübersehbar wurde. „Und dann sind wir nur noch gerannt, um Wohnungen zu beschaffen.“ Dann kam Corona, Schulen, Kitas und Jugendtreffs wechselten in einen langen Notbetrieb. Und nun, in diesem Jahr, der Krieg in der Ukraine, der wieder eine Fluchtbewegung auslöste – nur, dass diesmal nicht mehr so leicht Wohnungen in der Erlersiedlung zu mieten waren. Die ist nämlich, weil viel attraktiver geworden, gut belegt.

Nachfolge

Offiziell endet die Amtszeit von Edelgard Blümel am 31. Oktober.

Ihre Stelle wurde zwei Mal ausgeschrieben, beim zweiten Mal gingen 15 Bewerbungen ein, von denen den Fraktionsvorsitzenden jetzt eine Vorauswahl von vier Kandidatinnen und Kandidaten vorgelegt wurde.

Kommissarisch wird das Dezernat von Stadtbaurätin Christina Eckstein mitgeleitet, die in dieser Rolle die Verwaltung auch schon am Mittwoch im Sozialausschuss vertrat.

Amtierender Chef im Rathaus ist derzeit Kämmerer Michael Kass, weil Bürgermeister Walter Kiß erkrankt ist.

Die Politikerin: Soziale Arbeit als Steckenpferd

Eine Herausforderung nach der anderen. Und dann auch noch das: Kreuztal, so stellte sich heraus, gehört zu den Städten in NRW, in die besonders viele Menschen aus Südosteuropa zuziehen, keine Flüchtlinge, sondern EU-Bürger, die dennoch unter viel prekäreren Bedingungen leben müssen. „Ich habe geguckt, was kann man aufgreifen?“ Edelgard Blümel holt die Fördermittel für zwei Sozialarbeiterinnen nach Kreuztal, als sie das entsprechende Landesprogramm entdeckt. „Alles unter Druck, die Zeit war knapp.“ Mit der Arbeitsweise der Landes-Bürokratie hat die Kreuztaler Beigeordnete nicht nur einmal gefremdelt. Als das Aus für das Quartiersmanagement in der Erlersiedlung drohte, weil die Stadt keine dazu passenden Baumaßnahmen in der Hinterhand hatte, platzte ihr der Kragen - sie schickte einen Brandbrief nach Düsseldorf. Abbau von Bürokratie? „Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass sich das aufbläht.“

Edelgard Blümel ist gelernte Diplom-Verwaltungswirtin. Sie hätte auch im Ordnungsamt arbeiten können, oder bei den Stadtwerken. „Soziale Arbeit ist mein Steckenpferd", sagt die gebürtige Gelsenkirchenerin, der man – wegen der schlechten Chancen auf eine Stelle – nach dem Abi vom Studium der Sozialarbeit abgeraten hatte. Die meisten ihrer beruflichen Stationen vor Kreuztal (Essen, Bovenden im Kreis Göttingen, Bönen in Kreis Unna) hatten mit Sozialpolitik zu tun. Denn Politikerin ist Edelgard Blümel auch: „Das gehört zu der Stelle dazu, dass man politisch denkt.“ Wenn sie gewählt worden wäre, wäre sie heute Bürgermeisterin von Kreuztals kleiner Nachbarstadt Hilchenbach. Und drei Jahre weiter von der Pension entfernt.

Die Kreuztalerin: Bekanntschaft von Kindesbeinen an

Sie wollte es so. Kreuztal, erzählt sie, kannte sie schon aus Kindertagen. Da wurde sie in den Ferien am Bahnhof abgeholt, wenn es zu den Verwandten nach Wenden ging. 2006 hatte sie sich zum ersten Mal um die Kreuztaler Stelle beworben, 2014 wurde sie Nachfolgerin ihrer schon vorher abgewählten Mitbewerberin. Da lernte sie dann endlich, dass auch Krombacher Pils aus Kreuztal kommt – die Brauerei verbirgt das in ihrer Werbung geschickt…

In Kreuztal wird sie nun auch als Pensionärin bleiben – wenn sie denn zu Hause ist und nicht im Urlaub. Walken und Laufen, Städtereisen machen und Krimis lesen, klar. Vor allem aber: das geliebte Griechenland mit Sonne und Strand, wo sie fast schon Familienanschluss hat. Die Sprache richtig lernen und auch mal ein paar Wochen länger bleiben. Gern auch im September, was in den letzten acht Jahren nie ging, weil dann stets Schul-, Sport- und Sozialausschuss zu tagen pflegen. Und dann zu Hause etwas Soziales tun, Kindern in Kita oder Schule vorlesen, zum Beispiel. Natürlich keine Krimis.

Zum Abschied hat sie viele lustige Geschenke bekommen. Auf ein Weinglas wird neben der römischen IV – das ist die Ordnungsnummer für das Schul- und Sozialdezernat – die wohl typische Blümelsche Anmerkung „Hier ist Druck im Kessel“ zitiert. Ja, sagt sie, über so viel Wertschätzung habe sie sich gefreut: „Wo ich doch immer so streng war.“ Das Büro ist schon ausgeräumt, der Schlüssel fürs Rathaus abgegeben. Sonntag, 6.20 Uhr, geht’s los. Nach Samos.

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