Netphen. Rowdys und Vandalismus im Zentrum, jede Nacht ein Scherbenmeer: Netphen verbietet Glasflaschen und -becher. Es drohen 100 Euro Strafe pro Flasche
Von Freitags- bis Sonntagsabends ist Glas in Netphen ab sofort verboten. Die Stadt hat eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen, die ab sofort und zunächst bis Jahresende gilt. Hintergrund sind größere Gruppen junger Leute, von denen sich einige mit zunehmendem Alkoholkonsum und fortschreitender Zeit immer weniger benehmen.
Das Problem in Netphen: abendliche Lärmbelästigung, sehr viele Scherben
Es gibt zunehmend Probleme mit mehreren kleinen Personengruppen, die sich in Netphen treffen, teils immer mehr danebenbenehmen und Katz und Maus mit den Behörden spielen, sagt Ordnungsamtsleiter Michael Schneider. Aktuell betreffe das überwiegend den Bereich rund ums Rathaus, aber auch etwa am Petersplatz gebe es Schwierigkeiten. Denn sobald die Behörden auf der Bildfläche auftauchten – Polizei und Ordnungsamt stimmen sich für ihre abendlichen und nächtlichen Kontrollen eng ab –, zögen sich die Gruppen einfach an andere Stellen zurück und das Spielchen beginne von neuem. Die Zahl der Einsätze sei seit einiger Zeit gestiegen.
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Neben abendlicher Lärmbelästigung gebe es „unheimliche Probleme mit Scherben“, sagt Michael Schneider. Die meisten dieser Personen würden ihre Getränke selbst mitbringen und dann nicht entsorgen, sondern sehr häufig wegwerfen. Auch zu Sachbeschädigungs-Versuchen sei es demnach gekommen. Flaschen und Becher würden zerschlagen, die Stadt bemühe sich zwar um schnellstmögliche Reinigung und Beseitigung – eine Gefahr für Passanten bestehe bis dahin aber dennoch. „Wir müssen der Sache Herr werden“, bekräftigt Schneider. Daher das Verbot für Behältnisse aus Glas.
Schon aus Siegen bekannt: Seit „Freitags in Netphen“ kamen immer mehr Unruhestifter
Siegen hatte ein ähnliches Phänomen vor allem im vergangenen Sommer in der Oberstadt: Hier trafen sich im Bereich um Fissmer-Anlage, historisches Rathaus und Nikolaikirche viele, weit überwiegend friedliche junge Menschen; eine Minderheit sorgte dann regelmäßig mit zu lauter Musik, Gegröle, Müll und Wildpinkeln für Ärger. Manche, deren Personalien man nun in Netphen kontrolliert habe, seien bereits vom Siegener Kornmarkt bekannt, sagt Stefan Pusch, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde.
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Dass sich Jugendliche und junge Erwachsene an warmen Sommerabenden in der Stadt treffen, gab es schon vor Corona, sagt Ordnungsamtsleiter Schneider, und daran habe die Stadt prinzipiell auch nichts auszusetzen. Aber in dieser Form könne und wolle man das nicht dulden. „Eigentlich sei es den jungen Leuten gegönnt. Aber es gibt leider immer welche, die sich nicht an die Spielregeln halten.“
Seit Juni/Juli habe sich die Lage am Wochenende im Netphener Zentrum verschärft, die Ordnungsbehörden seien nun wöchentlich im Einsatz, auch die Polizei verstärkte ihr Personal. Los ging es, so die Einschätzung der Polizei, als die Veranstaltungsreihe „Freitags in Netphen“ startete. Der Eindruck der Behörde: Die Gruppen kämen weniger wegen der Musik nach Netphen, sondern eben um sich zu treffen, im Umfeld der Veranstaltung, aber nicht deswegen. Wie sich die Lage in der Zeit darstelle, nun da am 19. August der letzte Teil der Reihe stattgefunden hat, müsse sich zeigen.
Junge Leute zwischen 17 und 25 in Netphen – die meisten friedlich, manche „rotzfrech“
Die Gruppen bestünden aus jungen Menschen im Alter etwa zwischen 17 und 25 Jahren, Einheimische wie Auswärtige – sie seien auf jeden Fall mobil, so der Ordnungsamtsleiter. Einige kämen mit dem Auto nach Netphen und würden die Fahrzeuge auch nutzen, um vor den Behörden abzuhauen und an anderer Stelle weiterzumachen. Einer bestimmten Klientel ließen sich die Personengruppen nicht zuordnen: „Das ist bunt gemischt.“
Außerdem würden manche aus diesen Gruppen zunehmend hemmungsloser und gewaltbereiter, berichtet Michael Schneider. Großteils seien sie unproblematisch, teils aber auch einfach „rotzfrech“, bestätigt Stefan Pusch. Bislang gebe es weit überwiegend ordnungsrechtliche Probleme: massive Ruhestörung, Vermüllung. Ganz vereinzelt sei es zu Beleidigungen und leichten Körperverletzungsdelikten gekommen – innerhalb der Gruppen. Vor drei Wochen habe es eine Widerstandshandlung gegenüber der Polizei gegeben.
Glasverbot in Netphen: 100 Euro für jeden Getränkebehälter aus Glas
Um einer weiteren Verschärfung der Situation vorzubeugen, damit es nicht zu schwereren Schäden oder Verletzungen kommt, erlässt die Stadt Netphen nun die Allgemeinverfügung zum Glasverbot als „ein geeignetes Mittel zur entsprechenden Gefahrenabwehr“, wie es darin heißt. Ein ähnlich erfolgversprechendes, milderes Mittel stehe nicht zur Verfügung, der Nachteil für die Bevölkerung sei im Verhältnis vertretbar. Das Verbot gilt auch für Getränkebehälter aus anderem Material, wenn sie mehr als einen halben Liter fassen. Eingekaufte Getränke nach Hause zu bringen bleibt Anwohnern selbstverständlich erlaubt. Wer gegen das Verbot verstößt, dem droht ein Zwangsgeld in Höhe von 100 Euro je Glasbehälter.
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Die Verbotszone erstreckt sich im Kernort Netphen auf auf die Straßen Neumarkt, Lahnstraße, Bahnhofstraße, Jahnstraße (von Lahnstr. bis Alexander-Vollmer-Str.), Schillerstraße, Anton-Gabriel, Straße, Kreuzbergstraße (von Lahnstr. bis Alexander-Vollmer-Str.), An der Netphe (von Lahnstr. bis Alexander-Vollmer-Str.), Weideweg, Hardtstraße ab Höhe Hausnr. 23 bis hinter der Hausnummer 61 (Ende Schulgelände), Elisabeth-Grube-Straße, Amtsstraße, Steinweg (ab Im Steingarten bis Lahnstraße), Talstraße, Uferstraße, Unterm Wasser, sowie den St. Petersplatz und den Marktplatz und direkte Verbindungswege zwischen den genannten Straßen. Das Verbot erstreckt sich auf die alle dem öffentlichen Verkehr dienenden Flächen (Verkehrsflächen) unabhängig von den Eigentumsverhältnissen.