Siegen. Während der Kreis Siegen-Wittgenstein die Aktien mit Verlust abgestoßen hat, zahlt sich das Durchhalten bei der Stadt Siegen immer mehr aus.

Bei fast 43 Euro liegt der Preis der RWE-Aktie – der Energieversorger verdient gut an der durch den Ukraine-Krieg beschleunigten Energiekrise. Die Stadt Siegen ist dabei: Fast 379.000 Euro hat die Stadt an Dividende für das Geschäftsjahr 2021 eingenommen, mit weiteren 379.000 Euro rechnet sie für das Geschäftsjahr 2022.

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Siegen und RWE: Kreis hat verkauft – Stadt hält Aktien

90 Cent bekommt die Stadt derzeit für jede ihrer 420.898 RWE-Stammaktien. Das war nicht immer so: In der Folge des vom Bund beschlossenen Ausstiegs aus der Atomenergie waren die Kurse im letzten Jahrzehnt in den Keller gerauscht, von Dividenden war keine Rede. Die Kommunalpolitik handelte: Der Siegen-Wittgensteiner Kreistag beschloss den Verkauf der 3,9 Millionen RWE-Stammaktien, die der Kreis einmal für rund 96 Euro gekauft hatte, einst bis zu 4,50 Euro Dividende einbrachten und deren Kurs im März 2016 einen Tiefststand von 10,70 Euro erreicht hatte. Nur mit Mühe konnte der Kreis einen Teil weiterer Verluste einfangen, als er die Aktien bei schon wieder steigendem Kurs verkaufte – das Eigenkapital des Kreis hatte vorher um 145 Millionen Euro wertberichtigt werden müssen.

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Die Stadt Siegen hielt dagegen stand und behielt die Aktien, die ihr 1928 im Tausch gegen ihren Anteil an den Elektrizitätswerken Siegerland zugefallen waren. „Die stabile Entwicklung des Aktienkurses, die Dividendenzahlung für das Geschäftsjahr 2021 und der positive Dividendenausblick für 2022 legen nahe, die RWE-Aktien weiter zu halten“, heißt es in der aktuellen Vorlage der Verwaltung für den Hauptausschuss.. Mit dem weiteren Ausbau der Kapazitäten für regenerative Stromerzeugung aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse werde sich der Schwerpunkt der Stromerzeugung bei RWE immer stärker weg von fossilen Energieträgern hin zu CO2-armen beziehungsweise CO2-freien Energieträgern verlagern.„RWE wird damit zu einem der größten Stromerzeuger aus regenerativen Quellen in Europa.“

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Siegen und Amprion: Nicht zum Kontrolleur staatlicher Behörden „aufschwingen“

Dass die Stadt Siegen, die sich – wie Hilchenbach, Netphen, Burbach und Bad Laasphe – für eine Rekommunalisierung ihres Stromnetzes entschieden hat, nicht gegen die von Amprion geplante Höchstspannungsleitung stellt, passt in dieses Bild. Sie wird, anders als die Nachbarstadt Kreuztal, nicht gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen – formal deshalb nicht, weil die städtische Planungshoheit nicht verletzt und städtischer Grundbesitz nicht betroffen ist. Die Verwaltung stützt ihre Position mit Verweisen auf frühere Urteile des Bundesverwaltungsgerichts: Gemeinden seien „nicht berechtigt, sich über die Anrufung der Gerichte zum Kontrolleur der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenen staatlichen Behörden aufzuschwingen“. Die Stadt könne auch nicht die Interessen von Einwohnern „bei sich bündeln, indem sie diese als Sachwalterin der örtlichen Gemeinschaft geltend macht“.

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Vorwurf an Bezirksregierung: „Falsche Bewertung“

Soll heißen: Es war Aufgabe der Bezirksregierung, die den Planfeststellungsbeschluss erlassen hat, auch die Belange der Anlieger zu berücksichtigen. Dass Arnsberg das nicht ausreichend getan hat, räumt die Siegener Verwaltung ein: „Dem Auftrag, sämtliches, erforderliches Abwägungsmaterial für eine sachgerechte Abwägung zusammenzutragen“, sei die Behörde „nicht gerecht“ geworden. „Nicht nachvollziehbar“ sei die „Bewertung des Schutzguts Mensch“, „nicht unerheblich“ sei die Betroffenheit von etwa 70 Grundstücken „im direkten Trassenumfeld“ in Meiswinkel. „Nach Einschätzung der Stadt liegt dem Planfeststellungsbeschluss hier eine falsche Bewertung (...) zu Grunde.“ Amprion hatte eine Alternativtrasse durch den Wald mit größerem Abstand vom Kreuztaler Heestal und von Meiswinkel angelehnt.

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Arnsberg hält Siegener Gewerbepläne für „nicht realistisch“

Zurückhaltend bewertet die Stadt den Umgang des Planfeststellungsbeschlusses mit ihrem Einwand, der den geplanten Industrie. und Gewerbepark Oberschelden/Seelbach betrifft. Die Stadt hatte sich zunächst gegen die breiteren Schutzstreifen und damit auch gegen die Erhöhung der Strommasten ausgesprochen. In der letzten Planänderung hatte Amprion die Mastform geändert, dadurch wurde die für Schutzstreifen benötigte Fläche reduziert. Die Stat wollte aber trotzdem höhere Masten, um mindestens zwölf Meter hohe Gebäude darunter errichten zu können. Das wiederum wurde von der Bezirksregierung deutlich zurückgewiesen: Die Realisierung des Gewerbegebietes ,die an einen Autobahnanschluss geknüpft seit, sei „in naher Zukunft nicht realistisch und der vorlaufende Eingriff in das Landschaftsbild nicht zu rechtfertigen“. Sollte die Stromtrasse die Straßenplanung berühren, müsste die Straßenplanung an die Stromtrasse angepasst werden – nicht umgekehrt.

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Siegener Haushalt schließt 2022 mit Gewinn ab

Die Stadt Siegen wird ihren Haushalt in diesem Jahr mit einem Überschuss von 5,6 Millionen Euro abschließen und sich damit gegenüber dem Haushaltsplan um 5,3 Millionen Euro verbessern. Das liegt zum einen an verbesserten Einnahmen: unter anderem sechs Millionen Euro mehr Gewerbesteuer und vier Millionen Euro mehr Einkommens- und Umsatzsteuern. Den Mehrerträgen von rund 13 Millionen Euro stehen Mehraufwendungen von drei Millionen Euro gegenüber. Davon entfallen nur 200.000 Euro auf die Gebäudebewirtschaftung, zu denen auch die Energiekosten gehören. „Der Großteil der höheren Energiepreise wird sich erst im nächsten Jahr niederschlagen“, heißt es in der Vorlage von Kämmerer Wolfgang Cavelius.

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Nur noch eine Million Euro will die Stadt Siegen als Corona-Schaden „isolieren“ – solche Mehrbelastungen durch die Pandemie werden erst nach 2025 zur Tilgung veranschlagt. Auch ohne diesen Buchungstrick würde Siegen also 2022 den Hauhalt mit einem positiven Ergebnis abschließen. Kämmerer Wolfgang Cavelius warnt allerdings, „dass die Prognose insbesondere in diesem Jahr in Folge der bekannten Risikengroßen Unwägbarkeiten unterliegt und Verwerfungen bei den Steuereinnahmen nicht ausgeschlossen werden können.“

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