Deuz. Die freundlichen Rock Freaks feiern wieder im Sieg-Valley: Ab Mittwoch wird die AWO in Deuz zum Stoner-Rock-Mekka. Bier-Preise weitgehend stabil.
- Auch das Freak Valley Festival musste coronabedingt zwei Jahre aussetzen
- Die einzigartige Atmosphäre lockt Fans aus der ganzen Welt nach Deuz
- Ohne die vielen Helfer, die AWO,... könnte das friedliche Festival kaum stattfinden
33 Bands, 300 Helfer, mehr als 3000 Fans, am Ende alle glücklich und zufrieden: Vor allem die Rock Freaks. Nach drei Jahren Pause kann das Freak Valley Festival des Vereins wieder steigen, Musiker und Publikum pilgern aus aller Welt nach Deuz, um die einzigartige, fröhliche, friedliche Atmosphäre auf dem Gelände der AWO-Werkstatt zu feiern. Und die Musik natürlich, deswegen machen sie das ja. Am Mittwochabend, dem ersten Tag, prognostiziert Klaus Minor, den alle Klausi nennen, werden die Rock Freaks sich alle in den Armen liegen und sich für die Leute freuen.
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Das Freak Valley 2019 war ausverkauft, seither lebten die Rock Freaks im Wesentlichen von ihren Reserven, bei laufenden Kosten. „Es ging nichts, wir konnten rein gar nichts veranstalten“, sagt Klaus Minor. Hätte das Freak Valley auch 2022 nicht stattfinden können, „wir hätten nicht gewusst, wie es weitergehen soll“ – der Verein muss fürs Festival ordentlich in Vorleistung gehen, finanziell wäre es nun eng geworden. Auch, weil überall die Preise steigen. Und es Lieferschwierigkeiten gibt. Schilder und Flatterband etwa fragten sie vor sechs Wochen an – Lieferzeit acht Wochen. Die Rolle Panzerband kostet inzwischen 9 Euro. „Man muss schon deutlich länger suchen“, sagt Minor.
Stress und Streit sind Fremdworte im Tal der Freaks – die Polizei kommt zum Zuhören
„Für den Verein ist das Festival das Hauptstandbein“, berichtet er, der Erlös aus Tickets und Bier. Die Personalkosten für DRK, Bühnentechnik und Sicherheitsdienst sind höher, auch wenn letzterer eigentlich nichts zu tun hat, weil alle friedlich bleiben. Stress und Streit sind Fremdworte im Tal der Freaks. „Wir hatten nicht einmal die Polizei hier, absolut nix.“ Die Streifenwagen hätten sie schon mal reingewunken, damit die Beamten gucken und hören können. „Wir sehen vielleicht ein bisschen grenzwertig aus“, so Minor. Aber die Rock Freaks und ihre Freunde sind die friedlichsten Leute, die man sich denken kann: „Alles gechillt, alles fett.“
Nicht alle Bands haben die Pandemiezeit überstanden oder konnten den Termin wahrnehmen, Booker und Vorstand Jens Heide hat aber Ersatz gefunden – an guter Musik wird es jedenfalls nicht mangeln. Das war immer schon ein Alleinstellungsmerkmal des Freak Valley: Hier gibt es Bands zu entdecken, Geheimtipps der Szene, die oft genug wenige Jahre später auf den großen Festivals der Welt spielen. „Schon geil“, sagt Klaus Minor. Die Rock Freaks bekommen „unendlich viele Anfragen“ von Musikern aus aller Welt; Skandinavien, Neuseeland, Kanada, Südeuropa. Stoner Rock hat seine Wurzeln im Bluesrock, viele psychedelische Einflüsse, auch aus Hard Rock und Metal, verbindet all das zu einer gewaltig groovenden Mischung, steht nicht zuletzt auch in der Tradition der „Hippie-Musik“ der 60er und 70er Jahre.
Beim Freak Valley ist Trinkwasser kostenlos und der Rockpalast sendet live im Netz
Ein Festival ist gewaltiger Aufwand. Mehr als 100 Bauzäune stehen noch im Lager und müssen auf dem Gelände verteilt werden, genauso die Sofas für die Entspannungsatmosphäre. Die selbstgebaute Pissrinne ist schon ans Kanalnetz angeschlossen, Strom und Wasser auch, die Hinweisschilder stehen an den Straßen. Weil so viel zu bedenken ist und das letzte Mal länger her, mussten sie schon hier und da überlegen: „Wie ging das noch?“ Klaus Minor, zuständig für die Organisation, hat analoge Listen geführt, die gute altmodische Art, das meiste konnte er nachschlagen. „Die Abende hab‘ ich jedenfalls nicht vorm Fernseher verbracht“, sagt er.
Erstmals gibt es einen vierten Festivaltag, der Mittwoch ist dazugekommen, dafür konnte die Zahl der Tickets etwas erhöht werden, bis zu 4000 Menschen werden wohl bei den Headlinern auf dem Gelände sein. Wie immer gibt es ein bargeldloses Chip-System und ein Podest für Menschen im Rollstuhl, auch beim Camping gibt es behindertengerechte Infrastruktur, mit extra großen Dixie-Toiletten etwa. Alle AWO-Beschäftigten haben kostenfreien Eintritt.
Das Fernsehen ist da, der gute alte Rockpalast überträgt das Freak Valley live im Internet und später im Fernsehen, 50 Leute sind vor Ort mit Übertragungswagen, Kameras. Das Team ist im komplett gemieteten Inklusionshotel „Fünf10“ untergebracht, der Chef inzwischen auch ein alter Bekannter. Die Vertreter namhafter Rock-Magazine sowieso. Ausverkauft ist längst, für den Mittwoch gibt es noch Tageskarten.
Ohne die vielen Helfer, die AWO,... wäre das Freak Valley nicht machbar
Ohne die Helferinnen und Helfer wäre das alles nicht machbar. Alle sind wie eine große Familie, das Festival ein großes Wiedersehen mit alten Bekannten. „Ohne die Helfer würd’s gar nicht gehen“, sagt Klaus Minor, „die wissen, wo der Baum brennt und wo alles ist, sonst dreht man ja am Rad.“ Wer neu ist, wird direkt in die Gemeinschaft der Freaks integriert.
„Wir organisieren schon seit Wochen“, sagt Klaus Minor; Sonntag war der erste Aufbautag, Mittwoch öffnen sich die Tore ab 13 Uhr, bis dahin müssen aber viele der Unterstützer noch arbeiten – Zelte errichten, Planen spannen, gegen Regen oder für Schatten. Überstunden für alle, macht aber nichts, die Vorfreude ist gewaltig, Schlafen können sie später. Minor: „Ein Knochenjob, aber ein geiler Job.“ Wer anpackt, bekommt alles umsonst, auch bei der Helferfete in ein paar Wochen im Weidenauer Vortex. Das „Crew“-T-Shirt hält jeder in Ehren, der einmal dabei war. Und sie berücksichtigen natürlich, wenn jemand eine bestimmte Band sehen oder mit anderen eine bestimmte Schicht übernehmen will.
Alles ist etwas chaotisch beim Freak Valley Festival und das funktioniert wunderbar
Und da sind noch viele mehr, ohne die das Freak Valley unmöglich wäre. Zuerst die AWO, deren Infrastruktur die Rock Freaks komplett nutzen können und nur noch für die Festival-Kapazitäten erweitern müssen, die Stadt Netphen, Landwirt Henner Braach, der fürs Camping seine Pferdewiesen in Beienbach gemäht hat, die die Fans zum Dank wie geleckt hinterlassen. „Unser lieber Bauer“, sagt Klaus Minor. Zehn Kilometer Flatterband müssen sie verarbeiten, die ganze Ausrüstung aus dem Bauwagen hochschaffen, Pflöcke einschlagen, dafür kommt jedes Mal extra eine Truppe aus Jena. „Sensationell“, findet Minor. Die Dorfjugend packt an und bekommt dafür Freikarten – eine Hand wäscht beim Freak Valley die andere, alles ein bisschen chaotisch und es funktioniert trotzdem, weil alle entspannt bleiben.
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Das liegt auch daran, dass es keinen Schnaps gibt. Außer in ein paar alkoholhaltigen Cocktails, die sie in der Saftbar ausschenken. Im „Freak Shake“ zum Beispiel ist außer Sahne und Maracujasaft Wodka, im „Sunny Valley“ Wodka und Orangensaft, im „Dark Valley“ Rum und Cola. Die Eismaschine ist neu, dürfte sich aber bald rentieren. Besser und nachhaltiger, als Eis im Laden zu kaufen. Ansonsten: Kostenfreies Wasser – was in Deuz aus der Leitung kommt ist mehr als nur genießbar. Und Bier natürlich. Die Preise haben sie moderat erhöht, die Krombacher Brauerei ist den Rock Freaks da entgegengekommen, 0,4 Liter gibt’s für 4 Euro, beim letzten Mal waren es noch 3,70. Drei Bierrondelle stehen auf dem Gelände, jedes die ganze Zeit besetzt mit 12 Leuten, von denen zwei permanent Bier herankarren. Das Wetter soll super werden und die Stimmung ist längst prächtig.