Deuz. .

Wie soll man Stoner Rock beschreiben? Er ist brachial, sägende Gitarren, rumpelnder Bass, groovt wie Sau. Gleichzeitig ist er psychedelisch, irgendwie sphärisch. Perfekt zum Headbangen und philosophieren, falls das irgendwie möglich sein sollte. Die Fans reisen dafür um die Welt. Zum Beispiel nach Deuz, zum Freak Valley Festival auf dem AWO-Gelände.

Der Verein Rock Freaks ist zum dritten Mal Gastgeber in Deuz, und schon jetzt müssen die Veranstalter sich Gedanken machen, wie sie das Festival klein halten – das Interesse ist immens. „2012 haben wir mit 500 Leuten gerechnet, es kamen 1000“, sagt Pressesprecher Michael Hackler. 2013 sollten es 1000 werden, es kamen 1500. Jetzt sind 1800 hier und das ist die Obergrenze. Im Internet gingen Tickets für über 200 Euro weg, „wir hätten 5000 Karten verkaufen können“, sagt Hackler.

Der Geist von Woodstock

Hackler sitzt in Jeansweste backstage und erklärt, was es mit dem Festival auf sich hat: Die Rock Freaks sind genau das: Freaks – nicht wertend gemeint. Puristen würde es auch treffen. Sie lieben Musik, roh, unverfälscht. Am besten auf Vinyl. Hackler hat über 5000 Schallplatten zu Hause.

Nur 19 Vollmitglieder hat der Verein, für das Freak Valley Festival rekrutieren sie 250 Helfer. „Wenn wir noch größer werden, geht die Individualität kaputt“, sagt Hackler. Freak Valley ist ein Festival von Fans für Fans, die Segnungen des Massenbetriebs – labberiges Essen, schales Bier, versiffte Toiletten – sucht man in Deuz vergebens.

Das honorieren die Fans. Aus Argentinien, Australien, Westküste USA, Skandinavien, Russland – aus der ganzen Welt reisen Stoner Rock Fans nach Netphen. Vielleicht 300 Siegerländer sind da. „Die Szene ist klein“, erklärt Hackler. Die einzige Band, die wirklich den Durchbruch geschafft hat, ist Wolfmother.

Bekannt sind Bands wie die Blues Pills, Headliner am Freitagabend, nur einer vergleichsweise kleinen Schar von Eingeweihten. „Die Sängerin singt wie Janis Joplin und sieht aus wie Uschi Obermaier in ihren besten Jahren“, schwärmt Michael Hackler.

Als Dank eine Spende an die AWO

Finanziert wird alles vom Verein, „20 Bands, 45 Euro – 1,50 pro Band“, sagt Michael Hackler. Vom Erlös geht eine großzügige Spende an die AWO, „ohne die ginge hier nichts.“ Dafür legen die Rock Freaks allergrößten Wert darauf, dass alles ordentlich zugeht. Montags ist das Gelände tadellos sauber.

Anstelle der Feuerwehr passt ein Sicherheitsdienst auf, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Die Blauröcke hatten nämlich alle selbst schon Eintrittskarten.

Die Stoner-Szene sieht ihre Wurzeln im Geist von Woodstock. Liebe und Frieden wehen über das Festivalgelände, an einem Stand werden bunte Hippietücher verkauft, lange Haare und Bärte überall, Pärchen kuscheln auf dem Boden – oder man schaukelt. Vor der Schaukel stehen die Stoner an. „Schnaps gibt’s hier nicht“, sagt Pressesprecher Hackler, „davon werden die Leute aggressiv.“

Zwei Familien aus der Umgebung sorgen morgens für Verpflegung, alle campen in der Nähe, man genießt zusammen das Wochenende über Himmelfahrt. Die Skandinavier sind Mittwoch im Regen barfuß und oben ohne übers Gelände gelaufen. Siegerländer Wetter? Pff. „Die Leute freuen sich drauf, egal was kommt“, sagt Hackler, Freak Valley ist eine Szenegröße. Eine vergleichbare Veranstaltung gibt es in Deutschland nur eine, in Erfurt. Rock Hard, Metal Hammer und der WDR-Rockpalast haben ihre Leute geschickt. Die kleineren Bands betteln jetzt schon, 2015 wiederkommen zu dürfen.