Ferndorf. Einen Moment lang hatten die Ferndorfer Sorge, sie hätten diesen Sommer kein Freibad mehr. Nicht wegen der Pandemie.

15 Grad. Fehlen noch drei. „Wir werden morgen aufmachen“, kündigt Stephan Klupsch am Donnerstagnachmittag an, „das Wasser erwärmt sich hier schnell.“ 18 Grad sind die Mindest-Wassertemperatur, bei denen die Naturfreibäder in Kreuztal in Betrieb gehen. Krombach hat das schon am Mittwoch geschafft, Eichen am Donnerstag. Und jetzt die Zitzenbach. Der Sommer in Kreuztal beginnt.

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Stephan Klupsch, organisatorischer Betriebsleiter der städtischen Bäder, ist mit Paul Ritter und Isabelle Bruch da. Rettungsschwimmer und -schwimmerin werden jeden Tag von 13.30 bis 19 Uhr im Einsatz sein, „in den Sommerferien sind wir bei gutem Wetter auch flexibel.“ Im Bereich des Damms kurvt noch der Bagger, Restarbeiten.

Der Damm: Undichtes Becken ist repariert

Bis vor kurzem war hier eine große Baustelle. „Das Becken war schon seit drei Jahren undicht“, erzählt Anne Spies, die Vorsitzende des Freibad-Fördervereins. Als dann, wohl ziemlich unüberlegt, zum Nachschauen, der Boden aufgekoffert wurde, kannte das Wasser kein Halten mehr. „Es entstand ein riesengroßes Loch“, berichtet Anne Spies, „ich dachte schon, das war’s mit unserer Zitzenbach.“ Unsere Zitzenbach: „Ich habe hier schwimmen gelernt.“ Und ihr Großvater war Bürgermeister, als in Ferndorf 1927 das Freibad eröffnet wurde.

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Sie haben schon so viel für ihr Freibad gemacht, immer mitgeholfen, wenn die Stadt investierte, Geld besorgt und in Eigenleistung etwas zu getan: jetzt gerade zum Beispiel die Holzbänke am Weg, der am Becken vorbeiführt, während die Stadt die neuen grünen Metallbänke gegenüber am neu gepflasterten Beckenumgang spendiert hat. „Das sind die begehrtesten Plätze in der Abendsonne“, weiß Elfrun Bernshausen über die Sitzgelegenheiten unter Bäumen. Sie hat vor über zehn Jahren die Gründung des Fördervereins mitinitiiert.

Still ruht der See – noch: Der Damm des Zitzenbach-Bads in Ferndorf ist dicht, es darf gebadet werden.
Still ruht der See – noch: Der Damm des Zitzenbach-Bads in Ferndorf ist dicht, es darf gebadet werden. © Steffen Schwab | Steffen Schwab

Förderverein hilft mit

Es hat sich viel getan in der Zitzenbach in den letzten Jahren: die automatische Steuerung des Wasserzulaufs, der Stromanschluss, der vom Loher Weg bis ins Schwimmmeisterhaus führt, die Neueinfassung des Durchschreitebeckens unter der Dusche, die Rutschbahn, Sonnenschirme, Spiel- und Sportgeräte. Und dann der Schrecken mit dem Becken. Einen vier bis fünf Meter tiefen Graben musste die Baufirma ausheben, schichtweise Filterflies, Lette (das ist ein wasserundurchlässiger Lehm), Schotter und Geogitter einbringen – keine Kleinigkeit, sondern für die Stadt eine Ausgabe von um die 30.000 Euro, an der sich der Verein mit seinen rund 180 Mitgliedern beteiligt. „Der Damm ist dicht“, sagt Anne Spies, „wir hoffen, dass er es bleibt.“

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52 Meter Beckenlänge im Schwimmerbereich sind gutes Wettkampfformat, die 3,50 Meter Wassertiefe reichen nicht ganz, um ein federndes Sprungbrett zuzulassen. Die Dammsanierung hat auch optische Folgen: Die Bordsteine, die einst in den 1960er Jahren beim Ausbau der B 508 übrig geblieben waren, sind weg. Granitsteine liegen jetzt am Beckenrand, „die laden zum Füßebaumeln ein“, sagt Anne Spies. Überhaupt: „Eigentlich wären wir schon alle drin gewesen.“ Detlef Witte und Ulrich Leuthold aus dem Förderverein sind inzwischen dazugestoßen, Leuthold hat seinen Enkel Fridolin mitgebracht.

Der Kult: Einer von „111 Orten“ und Thema eines Musikstücks

Sie sprechen gern vom „Kultbad“. Spätestens, seit die Zitzenbach in die „111 Orte in Siegen-Wittgenstein, die man gesehen haben muss“, aufgenommen wurde. Und seit Hauschka, der aus Ferndorf stammende Filmmusik-Komponist Volker Bertelmann, dem Freibad ein eigenes Stück in seinem Ferndorf-Zyklus gewidmet hat. Natürlich ist hier das Meiste in den Sommerferien los, wenn die Familien mit Kindern kommen, und die Tage vor den Sommerferien, wenn in der Schule auch schon nicht mehr viel läuft.

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Aber es gibt auch die ungezählten Badegäste, die ins Wasser gleiten, wenn die Leute von Stephan Klupsch noch nicht oder nicht mehr im Einsatz sind: Jetzt vor allen die Frühschwimmer, die das Bad im Wald, das aus einem Weiher entstanden ist, morgens aufsuchen, wenn die Dunstschwaden noch aus dem Wasser aufsteigen. Später im Herbst, wenn die offizielle Saison längst vorbei ist, auch zu anderen Tageszeiten. „Wir haben eigentlich das ganze Jahr hindurch Badebetrieb“, erzählt Elfrun Bernshausen. Es gibt keinen Zaun. Und Eintritt verlangt die Stadt in der Saison auch nicht.

Statt Mitsommer in diesem Jahr ein Sommerfest im August

Eigentlich wäre um den 21. Juni das Mittsommernachtsfest fällig – nach zwei Pandemie-Jahren hätten sie in Ferndorf wieder feiern dürfen. Das hätte allerdings mehr Vorlauf gebraucht. „Wir wussten ja gar nicht, ob wir noch ein Freibad haben würden", erinnert Anne Spies an die Sache mit dem undichten Damm. Jetzt gibts ein Sommerfest, irgendwann Mitte bis Ende August. Vorher aber: Sommer. Fridolin will übrigens nicht ins Wasser. Sondern auf den Bagger. Anne Spies überredet den Baggerfahrer, der kleine Passagier geht an Bord.

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