Siegen. Lebensmittelpreise steigen, Inflation macht Bedürftigen schwer zu schaffen – und die Siegener Tafel versorgt nun auch Geflüchtete aus der Ukraine
Die Siegener Tafel hat weniger Lebensmittel zur Verfügung. „Woran es genau liegt, wissen wir nicht“, sagt Tim Müller, Pressesprecher und Vorstandsmitglied des Vereins – manche Artikel seien wohl kriegsbedingt, durch Panik- und Hamsterkäufe in den Supermärkten knapp, die dann weniger für Bedürftige spenden können. Von dort bezieht die Tafel einen Großteil ihrer Lebensmittel. Gleichzeitig ist durch den Ukraine-Krieg auch die Zahl der Kunden deutlich gestiegen – und die steigende Inflation macht den Bedürftigen, die sich an der Bismarckstraße mit Lebensmitteln versorgen können, zu schaffen.
Nachfrage durch Corona rapide im Keller – nun steigt der Bedarf wieder
Durch Corona ging die Nachfrage vor zwei Jahren rapide in den Keller, berichtet Tim Müller. Nur eine Handvoll Menschen seien zu Pandemie-Beginn zur Tafel gekommen, das habe sich seither langsam wieder erholt. Als das alte Niveau zu Jahresbeginn erreicht war, überfiel Russland die Ukraine, inzwischen sind rund 250 geflüchtete Familien, insgesamt etwa 750 Personen, regelmäßige Kunden der Tafel. Für Dolmetschertätigkeiten arbeitet die Tafel mit der Friedensgruppe Siegen zusammen, die Hilfsgüter für die Ukraine sammelt und sich auch vor Ort um Geflüchtete kümmert.
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Gleichzeitig wurden bestimmte Lebensmittel knapp. Vor allem haltbare Lebensmittel, so Tim Müller: Man habe die Lagerbestände anzapfen müssen, um das Angebot wie gewohnt aufrecht erhalten müssen – aber keine Sorge, betont Müller: Ein Aufnahmestopp, wie er etwa bei vielen Tafeln im Ruhrgebiet verhängt werden musste, sei in Siegen nicht in Sicht. Dennoch: „Ein Mammutprojekt“.
Die Ehrenamtlichen der Siegener Tafel versorgen Woche für Woche tausende Gäste
„Ein Knochenjob“, betont Müller – der Andrang ist inzwischen wieder groß, regelmäßig öffnet die Tafel früher, weil schon so viele Menschen warten. Für die vielen älteren Helferinnen und Helfer kann das durchaus zur Belastung werden – Freiwillige sind jederzeit herzlich willkommen. An der Bismarckstraße verfügt die Siegener Tafel über eine exzellente Infrastruktur für Ausgabe, Logistik und Lager, die Kühlkette kann jederzeit gewährleistet werden. 130 Helferinnen und Helfer versorgen an den beiden Ausgabetagen pro Woche 1500 Gäste an der Bismarckstraße unter der HTS, plus die Ukrainer, dazu kommen weitere 1500 Gäste an den 12 Außenstellen, die jeweils einmal wöchentlich öffnen. 60 Tonnen Lebensmittel werden im Schnitt pro Monat abgeholt, sortiert und ausgegeben, die Ehrenamtlichen fahren montags bis donnerstags die 150 Spenderbetriebe ab. Der Aufwand für die Freiwilligen ist gestiegen, und steigt weiter.
„Wir sind im Team eine schöne Gemeinschaft“, betont Tim Müller. Die Stimmung sei gut, auch wenn die Kapazitätsgrenze manchmal erreicht wird. „Wir kommen alle gerne her.“ Die Ehrenamtlichen sind in vier Schichten organisiert, für jede steht im Lager ein separates Lebensmittelkontingent bereit, damit das ganze Sortiment für die Gäste zu jeder Zeit verfügbar ist. Und die Ehrenamtlichen versuchen, auch persönlich für die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten da zu sein; viele Gäste kennen die Ehrenamtlichen schon seit Jahren. Auch wenn sie bei der Siegener Tafel immer öfter den Unmut weniger Einzelner abbekommen – „wir freuen uns über jeden, der sagt, dass er gerne zu uns kommt“.
Die Siegener Tafel bittet um Spende von haltbaren Lebensmitteln
Die Siegener Tafel bittet um Spenden: Konserven, haltbare, gut lagerbare Lebensmittel aus dem Supermarkt, was großzügig in den Regalen verfügbar ist – „bitte nicht die ohnehin knappen Nudeln wegkaufen“, appelliert Müller. Supermärkte geben in erster Linie Lebensmittel ab, die kurz vor oder über dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen, da sind Konserven eher selten. Zum Glück sei die Spendenbereitschaft, sowohl von den Partnerbetrieben der Tafel, als auch aus der Bevölkerung, generell hoch in der Region. Aber inzwischen muss die Ausgabe mitunter eben rationiert werden, statt Wurst und Käse heißt es inzwischen auch mal entweder – oder. Über den Dachverband könne man auch Großspenden annehmen.
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Das Tafel-Prinzip schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Lebensmittel werden verwendet, nicht weggeschmissen und vernichtet; Bedürftigen bekommen ein zusätzliches, kostengünstiges, gesundes Angebot. Bei steigenden Preisen und Inflation „merken unsere Gäste das besonders“, berichtet Tim Müller. Vor allem beim Aspekt gesunde Ernährung: Jeden Tag Nudeln mit Ketchup sei zwar kostengünstig – aber ausgewogen nicht. Die Tafel kann und will die Grundversorgung der Menschen nicht ersetzen – aber die Bedürftigen in ihrem Alltag unterstützen. Erwachsene zahlen 2, Kinder 1 Euro, dafür bekommen sie Lebensmittel im Wert von locker 30 oder 40 Euro – pro Person. Auch mal ein gutes Stück Fleisch, Süßigkeiten oder laktosefreie Milch, erklärt Tim Müller.