Siegen. Die Verbraucherzentrale Siegen und die Siegener Versorgungsbetriebe rechnen mit einem weiteren Energiepreisanstieg. Ein Grund: die Ukraine-Krise.
Die Energiekosten steigen – und das nicht erst seit gestern. Das bekommen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Verbraucherzentrale zu spüren. Immer mehr Menschen kommen mit großen Sorgen in die Siegener Beratungsstelle. Nicht nur wegen der gestiegenen Energiepreise – erhöhte Abschlagszahlungen, Belieferungsstopps durch einige Energieversorger und teure Ersatz- und Grundversorgungstarife für Neukunden sind weitere Probleme. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis vermehrt Menschen die Beratungsstelle aufsuchen, weil sie Zahlungsschwierigkeiten haben, sagt Julian Sturm, Leiter der Siegener Beratungsstelle.
Siegen: Energiepreise steigen – das sind die Probleme
„Durch die aktuellen Ereignisse ist zu befürchten, dass die Preise weiter steigen werden“, sagt der Verbraucherberater und verweist damit auf den russischen Einmarsch in die Ukraine. Doch schon seit Herbst kommen die Menschen vermehrt in die Siegener Verbraucherzentrale.
Julian Sturm rechnet vor: 20.000 Kilowattstunden verbrauche eine Familie pro Jahr im Durchschnitt. Mittlerweile müssten sie durch die gestiegenen Preise bei Gas- und Strom 1120 Euro mehr zahlen. Und die Kosten könnten weiter steigen, wenn keine Preisgarantie gegeben ist. Noch ist auch nicht klar, wie sich der Wegfall der EEG-Umlage auswirken wird.
Energiepreise Siegen: Nicht alle halten sich an versprochene Preisgarantie
Doch auch an die versprochene Preisgarantie würden sich nicht alle Anbieter halten. Was sollten Verbraucher tun, wenn der Preis steigt? Das ist je nach Fall unterschiedlich. Bei einer Abschlagserhöhung formuliert man am besten einen Widerspruch, da er laut Verbraucherzentrale unzulässig ist. Bei einer Preiserhöhung von garantierten Preisbestandteilen sind ebenfalls ein Widerspruch und eine Forderung nach Weiterbelieferung zum ursprünglichen Preis nötig.
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In der Regel gilt auch bei jeder Preisankündigung ein Sonderkündigungsrecht. Auch ein Anbieterwechsel kann Sinn ergeben. Bei Kündigung, Netzabmeldung oder Belieferungseinstellung greift eine automatisch gesetzlich garantierte Ersatzversorgung, eine Rückabwicklung ist in der Regel nicht durchführbar. Auch Schadenersatz ist möglich.
Siegen: Was bei einem Wechsel des Energieanbieters zu beachten ist
Für den Wechsel des Anbieters gibt Julian Sturm folgende Tipps: Es sei zu prüfen, ob ein Grundversorgungstarif eine Option sei. Auch Vergleichsportale im Netz helfen, um Tarife gegeneinander abzuwägen. Dabei sollten Verbraucherinnen und Verbraucher aber auch danach schauen, dass der gewünschte Tarif beim Anbieter auch tatsächlich verfügbar ist. Weitere Eckpunkte beim Wechsel sind Preisanzeige, Bonus, Laufzeit und -verlängerung, Kündigungsfrist, Preisgarantielaufzeit, Vergleichstarif, direkte Wechselmöglichkeit und eine Empfehlungsquote. Oftmals sind Verträge mit einer Laufzeit von einem Jahr zum Beispiel teurer als für zwei Jahre, berichtet Julian Sturm.
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Ein Unterschied würde auch oft zwischen Bestands- und Neukunden gemacht. Das gelte zum Beispiel auch für die Siegener Versorgungsbetriebe (siehe Zweittext). Ab 2.001 kWh/Jahr werden aktuell bei der Gas Grund- und Ersatzversorgung 15,35 Cent (Brutto je kWh) für Neukunden und 8,44 Cent für Bestandskunden fällig. Bei anderen Anbietern gebe es zum Teil ein noch viel größeres Gefälle, so Sturm. Wiederum andere würden die Versorgung ihrer Kunden einstellen – nicht, weil das Unternehmen insolvent wäre, sondern weil es ihnen zu teuer geworden sei.
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„Wir wollen die Menschen bestmöglich unterstützen“, unterstreicht Julian Sturm. Insbesondere denjenigen, die durch die Preissteigerungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten, rät er, so früh wie möglich die Beratungsstelle aufzusuchen. „Sonst kommt das böse Erwachen mit der Jahresrechnung.“
Siegener Versorgungsbetriebe: Ukraine-Krise wirkt sich auf Gas aus
Die sich zuspitzende Lage zwischen Russland und der Ukraine wirft die Frage auf, wie sicher die Gasversorgung in Siegen-Wittgenstein ist. Dass in der Region bald das Gas ausgeht, sei jedoch nicht zu erwarten. Das betont Thomas Mehrer, Geschäftsführer der Siegener Versorgungsbetriebe (SVB): „Wir sollten uns erst mal keine Sorgen machen um die Versorgung mit Gas in Deutschland.“ Die Lieferung von Gas aus Russland sei vertraglich geregelt und es gebe, so Mehrer, keine Anhaltspunkte dafür, dass außer der politischen auch die Geschäftsebene gestört sei: „Ich vertraue darauf, dass die Verträge weiterhin erfüllt werden.“
Auswirkungen einer angespannten geopolitischen Situation machen sich aber an den Preisen bemerkbar. Die Entwicklung der Preise auf dem Gasmarkt sei sehr volatil, sagt Thomas Mehrer. Ein Grund für die gestiegenen Strom- und Gaspreise in den vergangenen Monaten sei die gestiegene Nachfrage nach Energie. Die Folge ist eine gestiegene Inflationsrate. Die zugespitzte Lage Europas zu Russland als Gaslieferant werde sich an den Preisen auf jeden Fall kurzfristig bemerkbar machen, sagt Mehrer: „Ich erwarte, dass sich das Preisniveau auf hohem Level hält oder sogar noch steigt.“
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Für die SVB rechnet Thomas Mehrer damit, dass sie „im Laufe des Jahres die Preise anpassen müssen“. Gestiegene Beschaffungskosten machten diesen Schritt notwendig. Man warte aber noch die Kälteperiode ab, um die Verbraucher nicht zu stark zu belasten.
Siegen: Siegener Versorgungsbetriebe blicken auf Herausforderungen der Zukunft
Für die Zukunft, sagt Thomas Mehrer, gehe es darum, sich gegen die Entwicklungen der internationalen Gas- und Energiepreise zu schützen: „Es geht in den nächsten Jahren darum, die Diversifikation voran zu bringen und unabhängiger von den Versorgern zu werden.“ Dass 45 bis 50 Prozent des importierten Gases aus Russland kommen, mache Deutschland von den Lieferungen dieses Landes abhängig. Diese könnten verringert werden, erläutert Thomas Mehrer, wenn man sich dazu entschließe, Flüssigerdgas aus den USA und arabischen Ländern zu beziehen.
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Ein stärkerer Fokus auf erneuerbare Energien sei ebenso ein geeignetes Mittel, sich von den Importen unabhängig zu machen. Auch wenn Dezember und Januar schwache Monate für Wind- und Sonnenenergie gewesen seien, erläutert Thomas Mehrer, setzen die SVB darauf, immer mehr konventionelle durch erneuerbare Energie zu ersetzen. Die Photovoltaik-Freiflächenanlage in Gosenbach, so Mehrer, sei die nächste Anlage, die die SVB an den Start bringen: Wir wollen im dritten Quartal das Stadium erreicht haben, dass wir die Anlage bauen und in Betrieb nehmen.“
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