Siegen. Stadt Siegen möchte zukünftig alle gesetzlichen Maßnahmen nutzen, um Schottergärten entgegenzuwirken. Sie will auch durch Aufklärung überzeugen.

Wer in Siegen einen pflanzenlosen Steingarten anlegen möchte, hat schlechte Karten. Die Stadt will „zukünftig alles, was uns gesetzlich zur Verfügung steht, nutzen, damit es zu keinen Schottergärten mehr kommt“, betonte Stadtbaurat Henrik Schumann im Bauausschuss. Anlass war ein Antrag der Linken.

Die Fraktion hatte beantragt, dass die Verwaltung einen „Sachstandsbericht über die Situation in Bezug auf Schottergärten im Stadtgebiet“ erstellen möge. Leitfragen sollten sein, ob das Problem in Siegen überhaupt bestehe, ob ein Verbot solcher Arrangements vorgesehen sei und ob es eine Pflicht zum Rückbau bestehender Anlagen gebe. Schottergärten sind – nach einem Buchtitel von Ulf Soltau – auch als „Gärten des Grauens“ bekannt.

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Dennoch waren sie „in den letzten Jahren eine Modeerscheinung, die eine gewisse Beliebtheit erlangt“ habe, wie es in der Begründung des Linken-Antrags heißt. Der Trend sei zwar „wieder auf dem Rückmarsch. Trotzdem wäre es gut, wenn in Siegen wie in manchen anderen Kommunen das Anlegen von Schottergärten generell verboten würde“.

Schlecht fürs Klima

Bei Umweltschützerinnen und -schützern sind die weitgehend bis vollständig pflanzenfreien Stein- und Kieswüsten nämlich gar nicht beliebt. Bei der Siegener Verwaltung auch nicht. „Wir werden immer dagegen beraten“, sagte Marlene Krippendorf, Leiterin der Abteilung Stadtentwicklung, Stadtplanung und Liegenschaften, im Ausschuss. Außerdem werde die Stadt „den Rahmen ausreizen, um so etwas für zukünftige Baugebiete zu vermeiden“. Zur Bitte um den Sachstandsbericht verwies sie auf eine ähnliche Anfrage der CDU aus dem Sommer 2020. Die damals gegebenen Antworten würden noch immer zutreffen.

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Ob Schottergärten ein Problem seien, sei „eine Bewertungsfrage“, ordnete Marlene Krippendorf ein. Die Stadt Siegen allerdings bewerte sie als solches. Kritikerinnen und Kritiker monieren vor allem, dass die steinigen Flächen Insekten, Vögeln und sonstigen Tieren keine Nahrung und keinen Lebensraum böten – angesichts des Aufwands, mit dem Kommunen, Privatpersonen, auch Unternehmen und sonstige Einrichtungen mittlerweile Wildblumen- und Blühstreifen anlegen völlig an den ökologischen Erfordernissen vorbei.

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Der Verzicht auf Pflanzen ist darüber hinaus schlecht fürs Klima und die oft versiegelten Flächen böten keine Versickerungsmöglichkeit für Wasser – „welche Folgen das bei Starkregen haben kann, ist absehbar“, schreibt die Linke. Noch ein Punkt: Im Sommer heizen sich die Schotterflächen auf, kühlen aber nachts nicht sonderlich stark ab. Konsequenz: In bebauten Gebieten wird es heißer.

Bereitstellung von Samenmaterial

„Zur Vermeidung der Verschotterung können Festsetzungen in Bebauungsplänen“ getroffen werden, wie der Antwort der Verwaltung auf die CDU-Anfrage vom Sommer 2020 zu entnehmen ist. „Dies sollte bei zukünftigen Bebauungsplänen im Stadtgebiet vorgesehen werden.“ Bei bereits bestehenden Regelungen wird die Sache allerdings etwas schwieriger – denn „die Änderung bestehender Bebauungspläne zur Anpassung von Festsetzungen würde einen enormen Zeit- und Kostenaufwand bedeuten“.

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Grundsätzlich verpflichte das Bauordnungsrecht Grundstückseigentümer in den meisten Fällen „die nicht überbauten Flächen mit gewissen Einschränkungen wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen.“ Doch „eine bestimmte Qualität der Begrünung oder Bepflanzung kann … nicht verlangt werden“. Und ist ein Schottergarten bereits – legal – angelegt, ließe sich auf Grundlage der Landes-Bauordnung zwar ein Rückbau verlangen; „Angesichts des enormen Konfliktpotenzials und des erheblichen Verwaltungsaufwandes sollte diese Möglichkeit jedoch nur in Ausnahmefällen herangezogen werden.“

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Schon im vergangenen Jahr empfahl die Verwaltung deshalb, statt der mit Risiken behafteten rechtlichen Vorgehensweise die Bürgerinnen und Bürger lieber „durch Aufklärung und Beratung vom Sinn der Vorgärten zu überzeugen“. Hier seien Verweise auf die Aktion „Siegener Blütenzauber“ (siehe Infobox) und die kostenlose Bereitstellung von Samenmaterial hilfreich. Die Stadt berate Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer nicht nur, wie Stadtbaurat Henrik Schumann im Umweltausschuss erläuterte, sondern biete über das städtische Klimaschutzprogramm auch, je nach Größe der Fläche, Fördermittel für den Rückbau von Schottergärten. Henrik Schumann: „Wir werden da immer wieder Werbung für machen.“

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