Burbach. Die Biologische Station Siegen-Wittgenstein startet in Burbach ein Modellprojekt zur Sicherung der Artenvielfalt in Siedlungsgebieten

„Neue Lebensräume für Tiere schaffen – und zwar dort, wo auch wir Menschen leben.“ So brachte Landrat Andreas Müller den Kerngedanken des Projektes „Burbachs artenreiche Nachbarschaft“ auf den Punkt, das die Biologische Station Siegen-Wittgenstein nun offiziell vorstellte. Drei Jahre lang sollen in Burbach zahlreiche Maßnahmen umgesetzt werden, die die Artenvielfalt speziell in Siedlungsbereichen fördern sollen. Das Vorhaben soll im besten Fall als Modell für andere Kommunen dienen.

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In keiner anderen Jahreszeit nehme er die Pflanzen- und Tierwelt um sich herum so deutlich wahr wie im Frühling, der im Siegerland nun mit einiger Verspätung auch endlich ausgebrochenen ist, sagte der Landrat zu Beginn der virtuellen Auftaktveranstaltung von „Burbachs artenreiche Nachbarschaft“. „Im Moment wird uns immer mehr bewusst, dass auch unser menschlicher Lebensraum eine ökologische Bedeutung hat“, sagte Müller. Um die Artenvielfalt in diesen Bereichen – zum Beispiel Gärten, Parkplätzen, Wegen, Mauern und Gewerbegebieten – gehe es in dem Projekt. Schon kleine Schritte reichten dabei oft aus.

Naturschutz soll Thema in Schulen und Kindergärten in Burbach werden

„Mit kleinen Maßnahmen kann für den Artenschutz viel getan werden“, stimmte Burbachs Bürgermeister Christoph Ewers zu. Er nannte Beispiele für die außergewöhnliche Tier- und Pflanzenvielfalt, die es in Burbach etwa im Vogelschutzgebiet gebe, in Siedlungsräumen gebe es aber eben noch einmal andere Arten. „Man kann nur schützen was man kennt, was man sieht und was man erlebt“, sagte Ewers, weshalb es besonders wichtig sei, schon von Kindesbeinen an Kontakt zur Natur zu haben.

Genau das ist einer der Ansatzpunkte des Projektes. Kindergärten und Schulen sind eine von drei Gruppen, die durch das Projekt gezielt angesprochen werden sollen. Daneben sind Garten- und Balkonbesitzer sowie Gewerbetreibende mit Außenflächen die Akteure, die die Biologische Station erreichen will. „Viele Arten finden keinen Lebensraum mehr“, sagte Dr. Jasmin Mantilla-Contreras, Leiterin der Biologischen Station. Trotz weltweiter Bemühungen habe sich dieser Trend bislang nicht aufhalten lassen. Gründe dafür sind unter anderen die immer dichtere Bebauung, die Einführung nicht heimischer Pflanzen und die genau deshalb von einigen Kommunen bereits verbotenen Schottergärten.

Einige Tiere – die sogenannten Kulturfolger – suchten sich die menschlichen Siedlungsräume als Rückzugsorte. Diese Lebewesen, darunter fallen zum Beispiel der Haussperling, die Mehlschwalbe und die kleine Bartfledermaus, leiden besonders darunter, dass der Siedlungsraum enger wird.

Biologische Station in Siegen-Wittgenstein will in Burbach beraten

Projektkoordinatorin Julia Herling erklärte, wie die Aktion funktionieren soll. Zum einen soll im Rahmen des Projekts herausgefunden werden, welche und wie viele Tierarten in Burbach überhaupt vorkommen. Dabei kann jeder helfen, in dem er Beobachtungen über das Portal naturgucker.de meldet. Darüber hinaus bietet die Biologische Station Beratung und Informationsmaterial zu Maßnahmen, die jeder umsetzen kann. Ein Stück nur einmal im Jahr gemähte Wiese oder ein Holzhaufen helfen bereits. Auch zu Nisthilfen gebe sie gerne Auskunft, denn nicht alle, die es im Baumarkt gebe, seien auch geeignet. „Ich fahre gerne nach Burbach und bringe Mehlschwalbenkästen vorbei“, bot Herling an.

Jeder kann mitmachen

Auf vier Themenschwerpunkte soll sich das Projekt konzentrieren: Wildbienen, Schmetterlinge, Vögel und Gärten.

Nicht nur Burbacher können sich beteiligen, sagt Landrat Andreas Müller und verweist auf die Projekthomepage www.burbachs-artenreiche-nachbarschaft.de

Unternehmen bietet die Biologische Station persönliche Vor-Ort-Termine an, um zu zeigen, welche Maßnahmen auf dem jeweiligen Gelände möglich und sinnvoll sind. Die Kindergärten und Schulen sollen mit Wettbewerben einbezogen werden – um Malen und Basteln soll es für die Kleinen gehen, um Projektideen für die Großen. Oft eigneten sich die Gelände der Einrichtungen auch gleich für die konkrete Umsetzung. Darüber hinaus soll es einen monatlichen Fotowettbewerb geben und 2022 ein Sommerfest.

Burbacher Stiftung will Umweltschutz fördern

Finanziert wird „Burbachs artenreiche Nachbarschaft“ als Drittmittelprojekt von der Hering-Stiftung Natur und Mensch, die Annette Hering, Unternehmensleiterin der Hering Unternehmensgruppe, 2018 gründete. Der Zweck der Stiftung ist laut Satzung die Förderung des Umweltschutzes. Bisher fördert die Stiftung das journalistische Projekt „RiffReporter“ aus Berlin und die Kunst- und Kulturplattform „Mediateca Onshore“ in Guinea-Bissau. „Wir müssen unbedingt mal in die Region gehen“, habe sie sich dann gedacht, erklärte Annette Hering, da kam der Antrag der Biologischen Station – für „ein Projekt, das wir richtig gut finden“.

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Insgesamt 195.000 Euro stellt die Stiftung der Biologischen Station für den Projektzeitraum über drei Jahre zur Verfügung. Die Biologische Station habe sich in den vergangenen Jahren zu einem unersetzbaren Baustein im Einsatz für den Artenschutz entwickelt, lobte Landrat Andreas Müller den Projektträger. Bei Annette Hering bedankte er sich für die Förderung: „Ohne die Unterstützung der Stiftung wäre das Projekt ganz sicher nicht möglich gewesen.“ Nun hofft der Landrat gemeinsam mit allen Mitwirkenden auf eine rege Teilnahme: „Ich hoffe, dass sich viele Menschen einladen lassen, an dem Projekt mitzuwirken.“