Gartenexperte Thomas Kramer hat wieder in der Trickkiste gekramt: Wenn nichts mehr geht, geht immer noch Sempervivum, der Hauswurz.

Hauswurz. Wie kommt man auf so einen Namen? Vielleicht von einem Metzger getauft? Hauswurz hört sich doch irgendwie an wie Bratwurst oder? Sempervivum ist der botanische Name und diese kleinen Pflänzchen haben mit einer Bratwurst eines gemeinsam – sie können beide brutzeln. Bratwurst in der Pfanne, Hauswurz in der prallen Sonne. Liebe Freunde von sonnigen Dachterrassen, Dächern, Steingärten (nicht Schottergärten) oder Natursteinmauern, wenn nichts mehr geht und alles vertrocknet - Sempervivum geht immer. Wobei die Betonung auf sonnig liegt.

Diese Überlebenskünstler der Pflanzenwelt haben eigentlich nur zwei Feinde: Schatten und zu viel Wasser. Da sind sie kompromisslos. Wenn sie nasse Füße haben, zu viel Wasser in ihren Rosetten verbleibt oder im Schatten wachsen sollen, sagen sie „no“. Dann beginnen sie zu faulen und verabschieden sich ganz schnell. Sie brauchen fast wirklich nichts zum Leben und wer sagt, „ich habe keinen grünen Daumen und bei mir vertrocknet alles“ der sollte es mit Sempervivum versuchen. Es gibt unzählige Sorten in den unterschiedlichsten Formen und Farben. Ob kleine oder große Rosetten, ob grün oder rötlich, alles ist möglich.

Die Blüten von Hauswurz sind zwar interessant, aber die Blattformen und Farben bilden den eigentlichen Reiz. Neben der Eigenschaft, Wasser in ihren fleischigen Blättern wie einen Vorratsbehälter für trockene Zeiten einzulagern, haben diese Pflanzen eines gemeinsam – sie wachsen nur ganz flach über dem Boden, 5 cm sind da schon viel. Wenn man sie in Felsnischen, auf Steinen oder sonstigen kargen Standorten in voller Sonne sieht, dann fragt man sich: „Wie geht das? Wovon leben diese Pflanzen“? Das mit dem eingelagerten Wasser in den Blättern ist jetzt klar, aber von Luft und Liebe wird in Wirklichkeit doch keiner satt. Sie holen sich die notwendigen Nährstoffe vielfach aus ihrem eigenen abgestorbenen Pflanzenmaterial. Nach der Blüte einer Rosette von Hauswurz stirbt die Rosette ab. Vorher hat sie aber Tochterrosetten gebildet, die die Lücke sofort schließen und sich dabei etwas ausbreiten. Und diese neuen Pflanzen ernähren sich praktisch vom Humus der abgestorbenen Mutterpflanze. Da sag doch einer, die Natur wäre nicht nachhaltig. Größere Selbstversorgung geht doch wohl kaum.

Die Pflanzen haben noch eine Eigenschaft, die bei uns im Sauerland durchaus wichtig ist - sie können mit Kälte umgehen. Faszinierend, oder? Stell bei – 15 Grad mal ein mit Wasser gefülltes Gefäß ein oder zwei Nächte nach draußen und es macht garantiert Peng. Alles ist geplatzt, die Blätter von Sempervivum aber nicht. Entweder lassen sie ihren Wasserspeicher vorzeitig ab oder die Blätter dehnen sich soweit aus, dass sie diesen physikalischen Effekt unbeschadet überstehen.

In einer alten Tabakwerbung hieß es: „Drei Dinge braucht der Mensch – Feuer, Pfeife und Stanwell“. Ich sage, drei Dinge braucht der Mensch ohne grünen Daumen: „Hauswurz, Sonne und ganz mageren Boden“. Probieren Sie es mal aus. Kaufen Sie aus dem Angebotssortiment ein paar Sempervivum, die Ihnen gefallen. Dann nehmen Sie ein Pflanzgefäß und füllen Sie es mit Schotter, steinigem Boden, Lava oder sonstigem Boden, der keinesfalls den Namen Mutterboden oder Lehm verdient. Dabei ist wichtig, dass das Pflanzgefäß Löcher im Boden hat, wo Niederschlagswasser abfließen kann. Jetzt geben sie ein kleine Menge Kompost dazu und der Hauswurz kann gepflanzt werden. Dann ab damit an eine Stelle, wo die Sonne viel hinkommt und Sie sind der perfekte Gärtner. Auf Mauerkronen, in Steingärten, Steinnischen, Vertiefungen von Felssteinen oder in Teilen der Dachbegrünung gehen die Pflanzen natürlich auch super, nur nicht im Schatten. An solchen Standorten sind sie schön zu kombinieren mit Sedum-, Thymian- oder Steinbrech-Arten - allesamt ebenfalls Überlebenskünstler. Steinrose ist übrigens ein anderer deutscher Name für Sempervivum. Hört sich schon besser an als Hauswurz, oder? Das haben diese tollen Pflanzen auch verdient.

Viel Spaß beim Gärtnern und bleiben Sie fröhlich. Ihr Thomas Kramer