Siegen. „Unterirdisch“, wie in Siegen mitunter geparkt werde: Fahrradwege, Anwohnerparkplätze, Rettungswege blockiert – Falschparker ohne Einsicht.
Die Stadt Siegen plant eine Aufstockung des Personals zur Verkehrsüberwachung. Der Schwerpunkt soll auf Parkverstößen liegen. Der Haupt- und Finanzausschuss gab geschlossen seine Zustimmung. Dem Rat obliegt am 27. Oktober die endgültige Entscheidung – inklusive der Frage, ob künftig vier oder acht zusätzliche Kräfte zum Einsatz kommen.
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Ein Bürgerantrag aus dem Januar 2019 gab den finalen Anstoß zu der aktuellen Vorlage. Der Wunsch nach intensiveren Kontrollen sei aber auch darüber mehrfach an Politik und Verwaltung herangetragen worden, heißt es in den Ausführungen. „Wir haben im Ausschuss immer wieder über das Thema diskutiert und immer wieder festgestellt: Der Bedarf an solchen Kontrollen ist gegeben“, betonte der zuständige Dezernent Arne Fries.
Siegen: Falschparker blockieren Fahrradwege, Anwohnerparkplätze, Feuerwehrzufahrten
Erforderlich sei das vor allem auch nach dem regulären Schichtende der Kolleginnen und Kollegen – in Abendstunden, an Wochenenden, bei Sonderveranstaltungen. Kontrollen gebe es zwar auch da; doch bei gegebenem Personalbestand müssen solche Zeitfenster durch Verschiebungen ermöglicht werden. Das Ziel sei aber, den zusätzlichen Anforderungen gerecht zu werden, „ohne andere Zeiten und Orte zu vernachlässigen“, wie Arne Fries erläuterte. Frank Weber (CDU), der die Sitzung in Vertretung des Bürgermeisters leitete – Steffen Mues stand auf der Autobahn im Stau – brachte das Grundproblem auf eine einfache Formel: „Wie manchmal in der Stadt geparkt wird, ist wirklich unterirdisch.“
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Es geht, wie die Verwaltung herausarbeitet, keineswegs „nur“ um die Überschreitung von Parkzeiten, sondern auch um blockierte Anwohnerparkplätze, zugestellte Fahrradwege und versperrte Feuerwehrzufahrten – und das in Kombination mit „sinkender Bereitschaft, eigenes Fehlverhalten einzugestehen“.
Verkehrsüberwachung Siegen: Mehreinnahmen würden höhere Personalkosten decken
Im Außendienst der Verkehrsüberwachung sind derzeit 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf 14,28 Stellen eingesetzt. Davon entfallen zwei auf ein Fahrzeug für die mobile Geschwindigkeitsüberwachung, vier auf fahrende Streifen und 8,28 auf Fußstreifen. Die Dienstzeiten der Tempoüberwachung sind montags bis freitags zwischen 6 und 22 Uhr, die der fahrenden Streifen zwischen 6 und 20.50 Uhr und die der Fußstreifen zwischen 8 und 19 Uhr. Aber: In besonderen Fällen – Veranstaltungen oder „Problemlagen“ – „wird auch außerhalb der genannten Zeiten im Stadtgebiet kontrolliert“, so die Verwaltung. Darüber hinaus gibt es 8,641 Stellen im Innendienst, um die festgestellten Verstöße weiter zu bearbeiten. Letzteres ist laut Vorlage „für das derzeitige Fallaufkommen ausreichend“.
Fälle registrieren
46.024 Fälle von Verstößen im ruhenden Verkehr erfasste die Stadt Siegen im Jahr 2020. Das sind rund 3748 Fälle pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter im Außendienst.
Bei vier zusätzlichen Stellen ist von einem Anstieg der Gesamtzahl auf 59.631 auszugehen. Der Grund ist natürlich nicht, dass die Menschen dann häufiger falsch parken – sondern, dass es von den Einsatzkräften häufiger festgestellt und geahndet wird.
Bei acht Mehrstellen würden die Zahlen entsprechend noch höher liegen.
Die Verwaltung schlägt eine Ausweitung der Dienstzeiten und zwei Varianten für die Aufstockung des Personals vor. Variante 1, von Arne Fries bevorzugt, sieht vier zusätzliche Außendienstkräfte vor, Variante 2 acht; mit der Option, Variante 2 später nachzuziehen, falls Variante 1 sich als nicht ausreichend erweisen sollte. Pro zusätzlicher Stelle geht die Stadt von 55.000 Euro Mehrkosten pro Jahr aus, die aber „voraussichtlich durch die erzielten Einnahmen gedeckt“ werden. Da bei mehr Kontrollen von einer entsprechend höheren Zahl festgestellter Verstöße auszugehen ist, würden auch im Innendienst weitere Stellen erforderlich: 1,96 bei Variante 1 und 3,92 bei Variante 2. Die jährlichen Mehrkosten dafür: 107.800 beziehungsweise 215.600 Euro pro Jahr.
Siegener können mit neuer Mängelmelder-App auf Falschparker hinweisen
Für Ende des Jahres hat die Stadt außerdem die Beschaffung neuer Software geplant, an die eine „Mängelmelder-App“ angebunden ist. Bürgerinnen und Bürger können darüber nicht nurillegale Müllkippen oder defekte Ampeln melden, sondern auch Parkvergehen, die Außendienstmitarbeitern dann auf ihren mobilen Endgeräten angezeigt werden. Bisher erfolgen solche Meldungen in der Regel über Anrufe oder E-Mails an den Innendienst und kommen den Einsatzkräften damit oft erst mit Zeitverzögerung zur Kenntnis – sofern das Büro nicht mehr besetzt ist, erst am Folgetag, wenn die Falschparker längst weg sind.
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Da die Vorlage erst spät am Montag veröffentlicht wurde, merkten die Fraktionen im Haupt- und Finanzausschuss übereinstimmend an, über eine Variante noch nicht entscheiden zu können, da dies erst in jeweils größerem Kreis zu besprechen sei. Die grundsätzliche Zustimmung signalisierten aber alle. „Wir freuen uns, dass endlich eine Vorlage kommt“, sagte Joachim Boller (Grüne). Er äußerte allerdings Unmut wegen des Vorlaufs: Es gehe um einen Bürgerantrag aus dem Januar 2019, nun sei Oktober 2021 – und angesichts von Ausschreibungen und Besetzungen dauere es „bis Sommer oder Herbst 2022, bis etwas passiert“.
Stadt Siegen: derzeit keine Pläne für Lärmmessgeräte gegen Poser
Wolfgang Max Könen (FDP) regte an, den Einsatz von Lärmmessgeräten mit in die Planungen aufzunehmen. Diese „Lärmblitzer“ registrieren, wenn sogenannte Poser mit ihren Autos gezielt unverhältnismäßigen Radau durch rücksichtslose Fahrweise oder absichtlich herbeigeführte Fehlzündungen verursachen. Diesen Vorschlag wies Arne Fries zurück – die Stadt sei für Eingriffe in den fließenden Verkehr nicht zuständig, „wir dürfen keine Pkws anhalten und Lärmkontrollen durchführen. Wenden Sie sich da bitte an die Kreispolizeibehörde.“
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Die Zuversicht im Zusammenhang mit der Vorlage musste Kämmerer Wolfgang Cavelius am Ende etwas dämpfen. Noch sei keine Abstimmung mit seiner Abteilung vorgenommen worden, und mit Blick auf den für Ende 2022 vorgeschriebenen Haushaltsausgleich der Stadt wisse er angesichts der aktuellen Finanzlage noch nicht, „wie wir die Enden zusammenbringen sollen. Ich bin im Moment sehr zurückhaltend, was zusätzliches Personal angeht.“
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