Siegen. Im Wettbewerb mit der Wirtschaft hat die Stadt Siegen das Nachsehen: Gerade Ingenieure fehlen dringend. Idee: Die Gebäudewirtschaft ausgliedern.

Die Stadt Siegen arbeitet an der Organisation ihrer Zentralen Gebäudewirtschaft. Die Abteilungsleitung ist seit November unbesetzt, eine Organisationsuntersuchung steht an. Dabei, so deutete Stadtbaurat Henrik Schumann im Rat an, könne auch eine Ausgliederung aus der Verwaltung in Frage kommen. Theoretisch denkbar wäre die Gründung eines Eigenbetriebs oder einer Eigengesellschaft, aber auch die Eingliederung in die Kommunale Entwicklungsgesellschaft (KEG). Aktuelles Problem: Die Stadt findet keine Ingenieure, der Tarif des öffentlichen Dienstes hält dem Wettbewerb mit Wirtschaftsunternehmen nicht stand.

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Ansgar Cziba (Grüne) löste die Diskussion im Rat mit dem Antrag seiner Fraktion aus, drei weitere Stellen für einen Architekten, einen Bautechniker und einen Planer für technische Gebäudeausstattung einzurichten. Die Stadt müsse 200 Gebäude innerhalb von 20 Jahren sanieren, wenn sie bis 2040 das Ziel der CO2-Neutralität erreichen wolle. „Da muss ein bisschen mehr Tempo rein.“

Siegen bekommt nur Handvoll Bewerbungen von Absolventen ohne Berufserfahrung

„Wir kriegen die Leute nicht“, erwiderte Dirk Helmes, Leiter der städtischen Personalabteilung. Stadtbaurat Henrik Schumann verwies darauf, dass es zuletzt für drei ausgeschriebene Architektenstellen nur eine Handvoll Bewerbungen gegeben habe, durchweg von Hochschulabsolventen ohne Berufserfahrung. Für die Leitung der Gebäudewirtschaft laufe derzeit schon die zweite Ausschreibungsrunde. Auch der Leiter des technischen Gebäudemanagements stehe vor dem Ruhestand: „Wir brauchen neue Führungspersönlichkeiten.“

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Das könne aber kein Argument sein, die zusätzlichen Stellen nicht auszuweisen, wandte Joachim Boller (Grüne) ein. Bürgermeister Steffen Mues riet, zunächst zusammen mit der künftigen Leitung die Organisationsentscheidung zu fällen: „Der soll den Laden auf Vordermann bringen.“ Der bisher vorliegende erste Teil der Organisationsuntersuchung sei „schonungslos“. Mues wies auch darauf hin, dass die Stadt 2022 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen müsse. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht 2023 sofort wieder in die Haushaltssicherung reinrutschen.“ 300.000 Euro zusätzliche Personalkosten seien da nicht ohne weiteres zu verkraften.

Neue Organisationsstruktur könnte der Stadt Siegen womöglich helfen

„Was Sie berichten, hört sich grauselig an“, sagte Hans Günter Bertelmann (UWG) und wies darauf hin, dass auch in der Grünflächenabteilung drei von fünf Stellen unbesetzt seien. Stadtbaurat Henrik Schumann erwähnte die Rolle der Uni: „Wenn dort ein Fachbereich geschlossen wird, bekommen wir das sofort mit“ – aktuell bei den Straßenbauingenieuren. Die externe Vergabe von Aufträgen sei keine Lösung – „das gibt nur Reibungsverluste“, bestätigte Ansgar Cziba (Grüne). Stadtbaurat Schumann ging weiter: „Die kleinste Vergabe liegt drei Wochen in der Vergabestelle. Und als nächstes kommt dann das Rechnungsprüfungsamt.“

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„Vielleicht brauchen wir tatsächlich eine andere Organisationsstruktur, um wettbewerbsfähige Löhne zahlen zu können“, sagte Ingmar Schiltz (SPD). Personalchef Dirk Helmes bestätigte: „Wir sind abgehängt von der Wirtschaft.“

Stelle für Radverkehrsplanung soll im Siegener Rathaus eingerichtet werden

Michael Groß (Grüne) bot an, stattdessen den Betrag von 300.000 Euro zusätzlich für Gebäudesanierungen zu beantragen: „Dann hätten wir schon mal angefangen, uns mit dem Klimaziel zu beschäftigen.“ „Das bringt mir nichts“, antwortete Stadtbaurat Schumann. „Wenn das so einfach wäre, würden wir das schon lange machen“, sagte Bürgermeister Mues. 17 Stadtverordnete stimmten am Ende für den Grünen-Antrag, die Mehrheit lehnte ab.

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Beschlossen wurde der Antrag von CDU und SPD, eine Stelle für die Radverkehrsplanung einzurichten. Die Volt-Fraktion zog ihren Antrag zurück, fünf zusätzliche Stellen für die IT-Betreuung der Schulen einzurichten – der Bedarf sei bereits gedeckt, erklärte Schuldezernent André Schmidt. Die Grünen zogen ihren Antrag auf eine weitere Stelle für die Integrationsarbeit zurück. Dezernent André Schmidt verwies darauf, dass in der Verwaltung für Behinderte, Integration und Senioren drei Beauftragte, zwei Fachberatungen und Verwaltungskräfte eingesetzt seien; hinzu kämen vom Land bezahlte Kräfte für die kommunale Integration. „Das wäre dann ausreichend.“ Der Stellenplan für die Verwaltung wurde am Ende mit Mehrheit verabschiedet.

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