Siegen-Wittgenstein. Das Oberverwaltungsgericht Münster hält die Ausgangssperre angesichts der steigenden Infektionszahlen für ein rechtmäßiges Instrument.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat am Mittwochabend den Eilantrag eines Siegener Bürgers gegen die vom Kreis Siegen-Wittgenstein erlassenen Ausgangsbeschränkungen abgelehnt. Die Beschwerde des Kreises gegen die anderslautende, vorinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 14. April 2021 hatte damit Erfolg.

Die Verfügung des Landrats vom 9. April 2021 sieht vor, dass in der Zeit von 21:00 Uhr bis 05:00 Uhr der Aufenthalt außerhalb der Wohnung oder sonstigen Unterkunft nur in Ausnahmefällen zulässig ist. Und diese Verfügung kann nach Ansicht des OVG Bestand haben.

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Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 13. Senat ausgeführt: Die Maßnahme entspreche den Umständen und sei daher verhältnismäßig. Nach den Feststellungen des Kreises Sie­gen-Wittgenstein finde der überwiegende Anteil der Neuinfektionen derzeit im privaten Bereich statt. Die Ausgangsbeschränkung ziele darauf ab, solche Zusammenkünfte einzuschränken und damit auch die Infektionen zu senken. Damit verletze der Kreis seinen Ermessensspielraum nicht.

Die Eignung von Ausgangssperren zur Pandemiebekämpfung sei zwar umstritten. Es gebe aber verschiedene Studien, die ihre Wirksamkeit im Kampf gegen die Pandemie belegen. Und angesichts der Tatsache, dass die bisher umgesetzten Maßnahmen nicht dazu geführt haben, die Inzidenz zu senken, sei die Ausgangssperre statthaft. Kontaktsperren im privaten Bereich seien nur schwer zu überwachen - polizeiliche Kontrollen in Wohnungen oder Häusern seien nicht zumutbar und rechtlich bedenklich. Die Ausgangssperre sei ein Weg, das erhoffte Ziel der Kontaktverringerung zu erreichen. Der damit verbundene Grundrechtseingriff sei hinnehmbar, weil auch zeitlich begrenzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 13 B 610/21 (I. Instanz VG Arnsberg 6 L 291/21)

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Zwölf Kreise und kreisfreie Städte haben aktuell in NRW wegen anhaltend hoher Neuinfektionszahlen nächtliche Ausgangssperren verhängt. Dutzende Bürger gingen dagegen mit Eilanträgen bei den Verwaltungsgerichten vor - die wiederum zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen kamen.

Während das Verwaltungsgericht Arnsberg in einer Reihe von Verfahren beanstandete, die Maßnahme sei nicht ausreichend gut begründet und vieles spreche dafür, dass sie nicht wirksam genug sei, vertraten die Verwaltungsgerichte Köln und Düsseldorf in jüngsten Beschlüssen die Sicht, die nächtlichen Ausgangssperren seien als letztes Mittel gerechtfertigt.

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Unabhängig von der OVG-Entscheidung zu der Allgemeinverfügung aus Siegen-Wittgenstein müssen sich die Bürgerinnen und Bürger großer Teile von NRW aber mit Inkrafttreten der neuen Bundes-Notbremse ohnehin auf Ausgangsbeschränkungen einstellen - auch wenn diese im Vergleich zu den regionalen Regeln etwas milder ausfallen: Wo die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen an drei Tagen hintereinander über 100 liegt, dürfen die Menschen ab 22.00 Uhr die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück in der Regel nicht mehr verlassen.

Siegen-Wittgenstein: FDP nennt Ausgangssperre „unverhältnismäßig“

Die FDP-Kreistagsfraktion hatte sich zuvor der Kritik an der Ausgangssperre angeschlossen. „Wir bezweifeln, dass die aktuelle Ausgangsbeschränkung ein erfolgreiches Instrument in der Bekämpfung der Pandemie ist“, wird Guido Müller, Fraktionsvorsitzender der FDP im Kreistag, in einer Mitteilung zitiert. „Die aktuellen Ausgangsbeschränkungen stellen einen eklatanten, nicht verhältnismäßigen Eingriff in unsere Grundrechte dar und dabei ist es egal, ob die Sperre vom Kreis verhängt worden ist oder möglicherweise schon bald in Form einer Ausgangssperre per Infektionsschutzgesetz aus Berlin angeordnet werden wird.“

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Außer dem Kampf gegen Corona „ist es doch der soziale Zusammenhalt und Austausch, der zum Leben gehört“, so die Liberalen. Ein probates Mittel in der Krise sei es daher, „das Leben aus den Innenräumen nach draußen zu holen“. Die FDP-Kreistagsfraktion unterstütze die Ankündigung der Bundestagsfraktion „im Falle des Falles in Karlsruhe gegen das geplante Infektionsgesetz zu klagen“. Die Antwort auf die Pandemie könne „nach einem Jahr nicht der erneute Lockdown und Stillstand sein“.

Die FDP hat sich nach eigenem Bekunden an Landrat Andreas Müller gewandt und um die Beantwortung mehrerer Fragen gebeten. Unter anderem geht es darum, ob der Landrat einen Spielraum hat, um andere Uhrzeiten für die Ausgangssperre festzulegen, ob und inwieweit sich die Einhaltung der Ausgangssperre überhaupt kontrollieren lässt und wie viel zusätzliches Personal ist dafür derzeit im Einsatz ist.