Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Inzidenzwert im EN-Kreis seit Tagen über 100 und steigend. Notbremse könnte im frühesten Fall schon in der Nacht von Samstag auf Sonntag greifen.

Dass die Ausgangssperre sehr kurzfristig im Ennepe-Ruhr-Kreis kommt, scheint gesichert. Seit Langem ist die Inzidenz über 100 und das heißt nach dem am Donnerstag durchgewunkenen Infektionsschutzgesetz: In den neun EN-Städten greift die Notbremse, die der Kreis bislang umgangen war. Doch wie wollen die Ordnungsämter die neuen Regeln überhaupt kontrollieren? Und wie rüstet sich die Polizei für die Zeit der nächtlichen Verbote?

Krisenstab des EN-Kreises

Für Michael Schäfer, Leiter des Krisenstabs des Ennepe-Ruhr-Kreises stellt sich aktuell vor allem die Frage: Ab wann greift die Notbremse für den Ennepe-Ruhr-Kreis? Am Donnerstag noch hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz unterzeichnet. Erfolgt die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt bereits am Freitag, greife das Gesetz am Folgetag. Heißt: „Frühestens in der Nacht von Samstag auf Sonntag gilt im Ennepe-Ruhr-Kreis die erste Ausgangssperre. Tagsüber gelten bereits die neuen Regeln für private Treffen. Wir gehen allerdings derzeit noch eher von Sonntag oder Montag aus“, erläutert Michael Schäfer.

Es scheint keinen Weg an den Ausgangssperren vorbei zu geben, die Inzidenz ist seit vielen Tagen über den entscheidenden 100 und steigt stetig an. Die Stadt Hagen oder der Märkische Kreis hatten die Ausgangssperren aufgrund dieser Zahlen bei sich bereits eingeführt. Der EN-Krisenstab sah mit Verweis auf die bisherige Freiheit von Seiten des Landes davon ab, die Notbremse auch für die neun Städte zwischen Ennepe und Ruhr zu ziehen. Diese Wahl fällt nun weg.

Neben den privaten Regeln könnten dann hier auch bald die Schulen betroffen sein. „Ich weiß zwar nicht, warum ausgerechnet 165, aber ab dieser Inzidenz dürfen Schulen keinen Präsenzunterricht mehr stattfinden lassen. Die Kitas müssen in die Notbetreuung“, erläutert Michael Schäfer. Ausnahmen könnten ausschließlich für Abitur- und Abschlussklassen ausgesprochen werden.

Für den Corona-Krisenchef, der den Stab gemeinsam mit Astrid Hinterthür leitet, sind die Maßnahmen zu global: „Ich hielte es für sinnvoller, individuell auf das Geschehen vor Ort zu reagieren.“ Für den Juristen in Diensten der Kreisverwaltung ist die Notbremse zudem „rechtlich problematisch, was ihre Verfassungsgemäßheit anbelangt.“

Ordnungsämter

Bei den Ordnungsämtern in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal stapeln sich die Überstunden ohnehin bis zur Decke. Seit mehr als einem Jahr sind sie zu ihren eigentlichen Aufgaben damit betraut, die sich ständig ändernden Pandemieregeln zu überwachen. Jetzt liegt es zusätzlich bei ihnen, die Ausgangssperren in ihren Kommunen sicherzustellen und auch bei Verstößen gegen die Haushaltsregeln auszurücken. Auch abseits vom zeitlichen Aufwand scheint dies kaum möglich. Ennepetal beispielsweise hat eine Fläche von etwa 60 Quadratkilometern.

„Wir sind sehr bemüht, unsere vorhandenen Kräfte durch kurzfristige Neueinstellungen aufzustocken“, sagt Hans-Günther Adrian, Pressesprecher der Stadt Ennepetal. Zudem setzt er weiter auf die enge Zusammenarbeit mit der Polizei. „Die Beamten sind sehr gut informiert, zu welchem Zeitpunkt unsere Leute wo sind. Wird es gefährlich, sind sie schnell vor Ort.“

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Gleiches berichtet Heike Rudolph, Pressesprecherin der Stadt Schwelm, die ebenfalls auf eine enge Vernetzung zur Polizei setzt. Neues Personal plant die Kreisstadt nicht ein. Heike Rudolph teilt als offizielles Statement mit: „Wir werden einen Weg finden, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Kontrollen stattfinden.“ Wie das genau gelingen soll, muss allerdings noch ausgearbeitet werden.

Vor dem gleichen personellen Problem steht auch der Gevelsberger Bürgermeister Claus Jacobi: „Der Mehraufwand ist mit Überstunden und Gleitzeit nicht mehr darstellbar. Wir werden Personal aufbauen und weiterhin auf unsere bewährte Kombination aus Ordnungsamt und Sicherheitsdienst setzen. Außerdem kooperieren wir ganz eng mit der Polizei.“ Die Stadt Gevelsberg werde die Kontrollen sicherstellen. „Das ist ein Kraftakt, eine unglaubliche Herausforderung und ohne die Akzeptanz aus der Bevölkerung nicht zu schultern“, macht Jacobi dennoch klar, was aus seiner Sicht der Kern zur Umsetzung der Regeln ist.

Kreispolizeibehörde

Sonja Wever, Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde macht deutlich: „Wir bekommen keine zusätzlichen Kräfte oder können die Schichten aufstocken. Wir machen alles mit den Kräften, die ohnehin im Dienst sind.“ Die genaue Organisation werde derzeit noch abgestimmt, klar sei aber, dass die Polizei weiterhin ganz eng mit den Ordnungsämtern zusammenarbeitet. So soll sichergestellt sein, dass bei brenzligen Situationen umgehend Beamte den Ordnungs- und Sicherheitskräften zur Seite stehen.

DIE REGELN

Das bedeutet die Notbremse: Liegt die Sieben-Tages-Inzidenz über 100 gilt die Ausgangssperre zwischen 22 Uhr und 5 Uhr.

Ausnahmen gibt es zwischen 22 Uhr und Mitternacht für Einzelpersonen, die zum Joggen oder Spazieren ins Freie gehen. Ab Mitternacht ist auch das verboten.

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Private Treffen zu Hause sind ab einer Inzidenz von 100 nur noch mit einer zusätzlichen Person erlaubt.

Die Regelen gelten zunächst bis zum 30. Juni.