Siegen. Diskussion um Bezüge für Sitzungen des Sparkassenzweckverbands im Siegener Rat. Volt und Grüne finden 300 Euro zu viel, CDU, SPD und Linke nicht.
Samuel Wittenburg wunderte sich. Nach einer vergleichsweise kurzen Sitzung des Sparkassenzweckverbands hatte der Volt-Fraktionsvorsitzende ein paar hundert Euro auf dem Konto. „Unverhältnismäßig“, begründete der Kommunalpolitiker im Rat den Antrag seiner Fraktion, die Sitzungsgelder um 90 Prozent zu reduzieren. „Man kann keinem Bürger erzählen, es sei gerechtfertigt – für so viel Geld müssen manche Siegener lange arbeiten.“ Bei einigen rannte Volt damit offene Türen ein, die Mehrheit wollte aber an der Höhe der Bezüge festhalten.
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Jede Fraktion entsendet gemäß der Anzahl ihrer Mandate Mitglieder in die Gremien des Zweckverbands der Sparkasse Siegen. Pro Sitzung erhalten die Teilnehmer dafür 300 Euro, plus weitere Zuwendungen wie etwa Weingeschenke. Die Posten sind durchaus begehrt in der Kommunalpolitik – pro Jahr können auf diesem Wege erkleckliche Summen zusammenkommen. Allzu oft tagen die Gremien im Vergleich zur Kommunalpolitik nicht.
Volt: Kommunales Mandat hat nicht weniger Verantwortung als Zweckverband
Der Rat kann die Höhe des Sitzungsgelds nicht beschließen, Volt ging es darum, in den Sparkassengremien entsprechend darauf hinzuwirken. Das kommunale Mandat etwa im Siegener Rat werde entwertet, wenn ein angebliches Mehr an Verantwortung im Zweckverband geknüpft sei an höhere Bezüge, so Volt. Moralisch und sachlich müsse die Höhe der Bezüge gegenüber der Öffentlichkeit gerechtfertigt werden können – daher die Senkung.
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Grüne: „Die Leute müssen glauben, sie leben in einer Kleptokratie“, griff Martin Heilmann die Volt-Argumentation der Unverhältnismäßigkeit auf. Auch er, Ratsneuling wie Wittenburg, habe sich über die Höhe des Sitzungsgelds sehr gewundert: „Das ist genauso viel Geld, wie wir für die Arbeit als Ratsmitglied im ganzen Monat bekommen.“ Für die Sparkassen-Führungsetage mögen solche Summen „Peanuts“ sein – „für viele Menschen ist das viel Geld“ – öffentliches Geld. „Das sprengt den Rahmen“, fand auch Svenja König, „so eine Summe kann ich nicht mit mir selbst vereinbaren und auch nicht nach außen vertreten.“ Sie habe im Zweckverband vergeblich versucht, Erhöhungen zu verhindern und gebeten, auf Weingeschenke zu verzichten, berichtete Angela Jung. Das Geld von vornherein für einen guten Zweck einzusetzen, sei ebenfalls nicht mitgetragen worden.
SPD: Vergütung nicht am oberen Rand, alle Fraktionsmitglieder spenden
AfD: „300 Euro Sitzungsgeld sind rufschädigend für uns und alle anderen Gremien“, sagte Fraktionsvorsitzender Michael M. Schwarzer. Man könne niemandem erklären, warum die eine Sitzung 20 Euro wert sei, die andere mehr als das Zehnfache.
SPD: Die Vergütung orientiere sich an den Empfehlungen der Sparkassenverbände sowie an wirtschaftlichen Kennzahlen, verteidigte Fraktionsgeschäftsführer Ingmar Schiltz das Sitzungsgeld. In Siegen liege man dabei innerhalb der Bandbreite, nicht am oberen Ende. „Alle Mitglieder unserer Fraktion führen dieses Geld gemeinnützigen Zwecken zu, niemand steckt es in die eigene Tasche.“
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CDU: „Die Aufwandsentschädigung ist angemessen“, sagte Fraktionschef Frank Weber. Woanders würden noch höhere Beträge gezahlt.
Linke: Von der Diskussion gehe eine „verheerende Botschaft“ aus, erregte sich Fraktionschef Henning Klein, nämlich dass der Zweckverband zu nichts nutze sei, man nur herumsitze und esse. Mit der Diskussion um die Höhe der Bezüge werde diese Arbeit diskreditiert.
Wem entsteht ein Schaden durch niedrigeres Sitzungsgeld? – „alles gespendet“
Die Gremien hätten sehr wohl ihren Sinn und Zweck, konterte Florian Kraft (Grüne) Henning Klein – so wie der Rat und seine Ausschüsse. Aber es gebe eben eine ganz erhebliche Diskrepanz zwischen den Aufwandsentschädigungen für Sitzungen von Sparkassenzweckverband und Rat, „die Vergütung passt von der Relation her nicht.“ Man kann sich an eine Empfehlung halten, sagte Kraft in Richtung Ingmar Schiltz – man könne aber auch mutig sein und auf einen Teil der Summe verzichten.
Mitnichten werde der Zweckverband diskreditiert, so Michael Schwarzer zu Henning Klein – vielmehr aufgewertet durch eine maßvolle Senkung des Sitzungsgelds.
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Dass eine Aufgabe wertvoll sei, weil sie gut vergütet werde, sei ein „Ammenmärchen“, sagte Michael Groß (Grüne) – auch Ratsmitglieder tragen Verantwortung, investierten Zeit und Motivation in das Ehrenamt – für sehr viel weniger Geld. Dass andere noch mehr zahlten sei doch keine Rechtfertigung für zu hohe Bezüge. „300 Euro für anderthalb Stunden sind angemessen? Ich kann nicht glauben, dass die SPD das vertritt!“ Man schade der Sparkasse nicht, man schade den Gremienmitgliedern nicht, „sie spenden ja angeblich alles! Wer ist denn der Verlierer, wenn die Bezüge gesenkt werden? Es gibt keinen Verlierer!“
Grüne: Aufwandsentschädigung muss verhältnismäßig sein
Als Vertreter im Zweckverband trage man gesellschaftliche und wirtschaftliche Verantwortung, meldete sich Benjamin Grimm (CDU) zu Wort – als Familienvater könne man mit 300 Euro „nicht einen Tag ins Fantasialand fahren.“ „Es gibt Familien, die denken gar nicht über einen Besuch des Fantasialands nach“, sagte Hans-Günter Bertelmann (UWG) trocken.
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Es gehe auch gar nicht um 300 Euro in Relation zu sonstigen Summen, mit denen die Sparkasse hantiere, betonte Martin Heilmann (Grüne): „Einige haben offenbar den Blick dafür verloren, was 300 Euro für viele Leute sind!“ Eine Aufwandsentschädigung sei richtig – aber müsse verhältnismäßig sein.
„Bodenhaftung verloren wundert bei der CDU nicht“ – Erstaunen über SPD
Benjamin Grimm habe wohl die Bodenhaftung verloren, was ihn bei der CDU nicht wundere, bemerkte Antragsteller Samuel Wittenburg, aber die „unsachgemäße Argumentation“ von SPD und Linke umso mehr. „Führen Sie doch mal Gespräche mit Ihren Wählern und sagen Sie ihnen, warum Sie diese 300 Euro verdient haben“, so Wittenburg in Richtung der Genossen.
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„Wenn die Beträge gesenkt werden, holen sich die Manager das Geld“, verteidigte sich Silke Schneider (Linke).
Bei 22 Ja-Stimmen und Enthaltungen der FDP sowie einiger Mitglieder aus den Reihen von CDU und SPD wurde der Volt-Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD und Linken abgelehnt.
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