Siegen-Wittgenstein. Die Polizei in Siegen rüstet auf im Kampf gegen Kinderpornografie: „Wir brauchen äußerst belastbare Ermittler, die wissen, wie Täter denken.“
Die Polizei hat aufgerüstet im Kampf gegen Sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie Erwerb, Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie . Auch die Kreispolizeibehörde Siegen -Wittgenstein hat sich taktisch neu aufgestellt und bessere, dynamische Strukturen geschaffen.
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In vielen Deliktsbereichen nutzen Kriminelle zunehmend die Möglichkeiten des Internets – auch pädophile Straftäter auf der Suche nach Opfern, Siegen -Wittgenstein ist da keine Ausnahme. Die Polizei in Land und Bund hat reagiert, die Delikte priorisiert, technisch und personell aufgerüstet, Kooperation und Austausch gestärkt. Sexueller Missbrauch von Kindern gilt jetzt als Hauptstellendelikt: Wie bei Mord können die Ermittler mehr Ressourcen des Polizeiapparats einsetzen. „Wir kommen vielen auf die Spur“, sagt die Siegener Kriminaldirektorin Claudia Greve. Kriminalhauptkommissar und Ermittlungsleiter Kinderpornografie Meik Reichmann ergänzt: „Täter sollten sich nicht zu sicher fühlen.“
Die bisherige Situation bei der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein
„In den vergangenen Jahren hat uns der Deliktsbereich vor große Herausforderungen gestellt“, sagt Erster Kriminalhauptkommissar Martin Kroh, in Siegen Leiter Führungsstelle Kriminalität. Das Dunkelfeld sei immer schon groß gewesen. Inzwischen gelinge es der Polizei immer besser, es zu erhellen. Bis vor einiger Zeit waren die Polizeibehörden aber laut NRW-Innenministerium unzureichend auf die steigende Zahl von Ermittlungsverfahren und Datenmengen eingestellt.
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Es gibt deutlich mehr Verfahren wegen Besitz und Verbreitung kinderpornografischer Inhalte : 2018 waren es 52, 2019 bereits 96. „Ein Riesenanstieg“, so Claudia Greve: Smartphone-Speicher sind inzwischen oft Terabytes groß und müssen im Zuge der Ermittlungen komplett gesichtet werden. Das Landeskriminalamt habe neulich eine Schüssel voller Speicherkarten sichergestellt – die mit althergebrachten Ressourcen auszuwerten, „würde Jahre dauern“. Das LKA arbeitet an einer Software, die doppelte Dateien erkennt und aussortiert – bis zu 80 Prozent weniger, schätzt Greve. Auch Künstliche Intelligenz soll einsatzbereit gemacht werden.
Die Änderungen für eine wirksamere Bekämpfung von Kinderpornografie
In einem weiter andauernden Prozess hat die NRW- Polizei die Bekämpfung von Kinderpornografie umorganisiert. Das Personal der Siegener Kreispolizeibehörde hierfür wurde verdreifacht, sagt Claudia Greve, gerade vor dem Hintergrund von Fällen wie Lüdge, Münster und Bergisch Gladbach. Man habe erkannt, dass die Polizei viel mehr tun müsse – „wir hatten den Weg bereits eingeschlagen“, so Martin Kroh.
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Insbesondere die Datenmengen, die gesichert, aufbereitet und ausgewertet werden müssen, sind „exorbitant“ gestiegen, so Ermittlungsleiter Reichmann. „Wir haben unheimlich viel zu tun.“ Gut ausgebildete IT-Experten wurden angeworben, um die Spezial-Software zu bedienen. „Wir brauchen äußerst belastbare Ermittler, die Ahnung von der Materie haben; wissen, wie Täter denken und wonach sie suchen müssen.“ Bessere Technik, mehr Stellen, geschulte Ermittler: „Vorher liefen wir ein Stück weit der Entwicklung hinterher – das haben wir erkannt, darauf reagiert und sind jetzt sehr gut aufgestellt“, so Claudia Greve. Man hoffe auf weitere technische Entwicklungen, die Ermittlern ihre Arbeit weiter erleichtern.
Die Ermittlungen sind enorm zeitaufwändig – Schutz der Opfer im Fokus
Jeder sichergestellte Datenträger muss vollständig ausgewertet, jede verdächtige Datei gerichtsverwertbar gemacht, Querverweise auf Absender und Kinderporno-Netzwerke geprüft werden. „Man klickt sich durch, Bild für Bild, Video für Video, Datei für Datei“, sagt Meik Reichmann, „und bewertet, was strafrechtlich relevant sein könnte.“ Um zu erkennen, ob es sich um Kinderpornografie handelt oder etwa um Bilder der eigenen Kinder, die leicht bekleidet am Strand spielen, benötige es viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl.
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An allererster Stelle steht der Schutz der Opfer. So früh wie möglich suchen die Ermittler nach Hinweisen, wo ein Foto entstanden sein könnte, ob zum Beispiel im Hintergrund ein Kirchturm zu sehen ist oder ob Einrichtungsgegenstände wiederholt auftauchen. „Wir arbeiten primär darauf hin, die Kinder zu identifizieren und ihnen zu helfen“, betont Greve. Darum machen die Ermittler in erster Linie diesen Job.
Die Täter, denen die Ermittler zuallererst das Handwerk legen wollen, sind pädophil veranlagte Personen, verantwortlich für schwerste Missbrauchsfälle. „Die müssen wir bekommen, die richten noch einen ganz anderen Schaden an“, sagt Reichmann. „Wir wollen vor allem die konsequent bestrafen, die Kinder missbrauchen – und im nächsten Schritt die Leute, die Kinderpornografie verbreiten. Denn die sorgen durch ihr Handeln dafür, dass es überhaupt einen Markt für diese abscheulichen Taten gibt.“
Sichtung von Kinderpornografie: Belastender Job für die Siegener Ermittler
Meik Reichmann und seine Leute müssen immer hochkonzentriert sein. Auch und gerade angesichts der Menge erschütternder, hoch belastender Dateien. Keine leichte Polizeiarbeit. „Man muss gut auf sich aufpassen“, sagt er. Die Polizei unterstützt ihre Ermittler: Es gibt Gruppengespräche, Supervisions- und Hilfsprogramme.
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„Es kann auch dazu kommen, dass man das Gesehene nicht mehr loswird“, sagt Claudia Greve. Das soll nicht passieren. Wer das Gefühl hat, dass die Arbeit psychisch zu stark belastet, kann jederzeit in eine andere Abteilung wechseln. „Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn man das nicht mehr schafft.“. Alle achten auf Anzeichen, bei sich selbst und bei den Kollegen.
Die Motivation der Ermittler sei überdurchschnittlich hoch. „Wir werden uns dem immer polizeilich stellen“, betont Reichmann. Dazu gebe es auch keine Alternative. „Wir können nicht alle Kinder schützen und retten und auch nicht alle Straftaten aufdecken“, so der Kommissar. „Aber wir können Kindern helfen, Täter aus dem Verkehr ziehen.“ Ein großer Ansporn bei der Polizei , nicht nur in Siegen : Ein weiteres Kind aus dessen ganz persönlichen Hölle befreien.
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