Siegen. Durch Verzicht auf Herbizide wandelt sich das Erscheinungsbild der Grünflächen – der Trend geht ohnehin zu Wildblumenwiesen und extensivem Mähen.
Seit dem 1. Januar 2015 ist Siegen – wie viele andere Städte und Gemeinden auch – glyphosatfrei. Das Herbizid ist bereits seit den 1980er Jahren hochumstritten, sagt Ralf Bergholz, Leiter der städtischen Grünflächenabteilung. Siegen habe früh reagiert und auf die Unkrautbekämpfungsmittel weitgehend verzichtet.
„Früher wurde vieles einfach kaputtgespritzt“, sagt Bergholz – so umstritten Glyphosat ist, so effektiv ist es auch. Das Bewusstsein für Umwelt und Naturschutz sei immer weiter gestiegen, auch in Siegen reifte die Erkenntnis: Wir können so nicht weitermachen. Die Verwendung wurde zunehmend eingeschränkt.
Riesen-Bärenklau erfolgreich bekämpft
In seiner Ausbildung sei noch häufig „Roundup“, eines der meistverkauften glyphosathaltigen Herbizide, gespritzt worden und nach etwas Warten wurde neu gepflanzt. „Das ist lange passé“, sagt Bergholz. Inzwischen gibt es auch Vorschriften bei der Verpachtung: Auf städtischen Grundstücken darf kein Glyphosat eingesetzt werden.
Bis 2014 wurde in Siegen noch ein glyphosathaltiges Mittel in geringen Mengen eingesetzt, um den Riesen-Bärenklau zu bekämpfen. Das invasive Gewächs wurde in die Region eingeschleppt, ist für den Menschen gesundheitsgefährdend und ziemlich robust. Die Pflanzen sondern einen Stoff ab, der in Verbindung mit Tageslicht zu starken Verbrennungen führen kann. Vor allem an Gewässern breitet sich der Riesen-Bärenklau aus.
Verbrauch von nur einem Liter pro Jahr
„Zuletzt lag der Verbrauch bei einem Liter pro Jahr“, so Bergholz – extrem wenig bis verschwindend gering. Die auch Herkulesstaude genannte Pflanze sei punktuell und nur in Ausnahmefällen mit dem Mittel bestrichen worden und ansonsten mechanisch bekämpft worden. Ähnlich seien viele Kommunen in der Region verfahren.
Auf diese Weise gelang es, den Riesen-Bärenklau weitgehend zurückzudrängen. „Wir versuchen heute, mechanisch gegen die Pflanze vorzugehen“, sagt Bergholz. Gelingt das nicht, muss nach wie vor ein Herbizid verwendet werden, das aber einen anderen Wirkstoff als Glyphosat enthält. Als die öffentliche Diskussion darüber in den 2010er Jahren wieder aufflammte, habe man bei der Stadt Siegen frühzeitig reagiert und auf Alternativen gesetzt.
Heißdampf oder abflemmen
Durch den Herbizid-Verzicht hat sich das Erscheinungsbild der Grünflächen nicht nur in Siegen ein Stück weit gewandelt. Die sogenannten „wassergebundenen Wegedecken“, also ohne Asphalt oder Pflastersteine, wären mit Herbizideinsatz immer sauber, weil der Wirkstoff alle Pflanzen vernichtet – Unkraut konnte einfach weggesprüht werden.
Zuständig für sämtliche Grünflächen der Stadt
130 Mitarbeiter sind in der Arbeitsgemeinschaft Stadtgrün und der Forstabteilung tätig und pflegen sämtliche städtischen Grün- und Verkehrsflächen, Sport- und Spielstätten sowie die Grundstücke, auf denen Gebäude stehen, die der Stadt Siegen gehören.
35 Friedhöfe gehören dazu, von denen noch 22 aktiv sind.
Wenn heute die Ränder von Wegen und Plätzen verunkrauten, muss die Grünflächenabteilung einen höheren Aufwand betreiben, um das wieder zurückzudrängen – mechanisch, mit Heißdampf oder abflemmen. „Es sieht vielleicht nicht mehr ganz so ordentlich aus wie früher – aber das ist doch besser als großflächig Gift einzusetzen“, sagt Ralf Bergholz.
Umdenken in den Köpfen
Gleichzeitig hat aber auch ein Umdenken stattgefunden. Immer mehr Menschen und auch Kommunen setzen im Sinne von Artenschutz und -vielfalt beispielsweise gezielt auf Wildblumenwiesen: Rasenflächen nach englischem Vorbild sind – außer vielleicht im Park des Oberen Schlosses – aus der Mode gekommen. Man lässt wachsen. Auch auf den Friedhöfen, sagt Ralf Bergholz, wo sich viele Wegeverbindungen in Rasenwege gewandelt haben, die optisch wie eine Wiese wirken.
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