Siegen-Wittgenstein. . Bürokratische Hürden, Probleme bei der Nachwuchsgewinnung, zu wenig touristische Wahrnehmung: Die Hotel- und Gastro-Branche leidet allgemein unter der aktuellen Lage - auch im Kreis Siegen-Wittgenstein.

  • Übernachtungen im Kreisgebiet von 2015 auf 2016 um ein Prozent gesunken
  • Geschäftstourismus macht über 80 Prozent der Umsätze aus
  • Gastronomen machen Bürokratie und steigende Kosten zu schaffen – Umsätze in Ordnung

Der Kreis hat ein Tourismus-Problem: „Die Region wird kaum wahrgenommen“, sagt Lars Martin, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Dehoga Westfalen als Arbeitgeberverband der Branche. „Das Sauerland ist überregional bekannt, aber dahinter hört’s auf.“ Die Lage sei „so mittel“, wie es Martin ausdrückt: Gesunkene Übernachtungszahlen, der Gesetzgeber mache Hoteliers und Wirten das Leben schwer, die Kosten steigen.

Übernachtungen

Heute: „Der Kreis hinkt hinterher“, sagt Martin; von 2015 auf 2016 habe man ein Minus von einem Prozent auf 740 842 Übernachtungen verzeichnet – inklusive Klinikaufenthalten. NRW sei wieder im Plus, der Bund auch, Siegen-Wittgenstein nicht. Wobei es regionale Unterschiede gibt: Kreuztal landet bei Zuwächsen von 31,6 Prozent, Siegen macht dagegen ein Minus von 3,9 Prozent und kommt auf rund 144 000 Übernachtungen in 2016 – „Der Kuchen muss größer werden, wenn bald zwei weitere Hotels in der Stadt eröffnen“, sagt Martin.

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Die Branche ist in Siegen-Wittgenstein überwiegend vom Geschäftstourismus abhängig, sagt Martin, in Siegen oder Netphen etwa zu über 80 Prozent. Probleme machten die Buchungsportale, die den Wirten eine saftige Gebühr abknöpfen – und mit denen große Unternehmen meist für Hotelreservierungen zusammenarbeiten, so Gastronom Thomas Kahmer vom Hotel Siegboot.

Zukunft: „Wir werden etwas tun müssen und zusammen mit dem Touristikverband aktiv werden“, so Arnold Schneider, Dehoga-Kreisvorsitzender. Man setze auf Buchungsplattformen und versuche Kunden persönlich anzusprechen – vorbei an den Buchungs-Riesen.

Gastronomie

Kosten: „Wir sind mit den Umsätzen nicht unzufrieden“, sagt Lars Martin, aber die Rahmenbedingungen würden immer schlechter. Und die Erträge auch. Werde ein Umsatzplus erwirtschaftet, müsse das oft genug an Brauereien oder die Lebensmittelindustrie weitergegeben werden, die die Preise anziehen.

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Im Gegenzug seien Gäste überaus preisbewusst – Stichwort Discount-Kultur. Dazu komme im personalintensiven Hotel- und Gastronomiegewerbe die jüngste Tariferhöhung für Mitarbeiter – „es summiert sich“, sagt Martin.

Bürokratie: Außerdem vermiesten Hürden wie die – laut Martin wenig aussagekräftige – Hygienedokumentation den Wirten den Spaß an der Arbeit, „wir schreiben uns kaputt“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer. „Man kann eine schlechte Bewertung bekommen, weil man vergisst aufzuschreiben, dass man keine Maus gesehen hat.“ Dafür müsse man Zutaten und Allergene ausführlichst kennzeichnen – aber nicht, ob eine Mahlzeit Spuren des Allergens enthalten könne.

Airbnb macht der Branche keine Probleme

Das Portal Airbnb, oft von der Branche verteufelt, ist im Kreis keine Konkurrenz für die Übernachtungsbranche: Für fast alle Orte seien Zimmer in dem Übernachtungsportal eingestellt, sagt Martin – aber das seien keine Alternativen, sondern ein zusätzlicher Marketingkanal für bestehende Angebote.


Fachkräftemangel: Die zunehmende Akademisierung sei problematisch, immer weniger Leute wollten eine Ausbildung machen. „Wir produzieren immer mehr Theoretiker“, sagt Martin. Und das Niveau sinke: „Auf Basis der Zeugnisse kann ich niemanden einstellen“, sagt Thomas Kahmer. 53 Azubis gab es 2016 im Kreis – aus sämtlichen Berufen der Branche.

Fazit: Früher habe man Gäste bewirtet, heute sei es weitgehend Verwaltungstätigkeit, sagt Martin. Die Konkurrenz durch steigende Zahlen bei den Franchise-Nehmern großer Ketten wachsen, „die Individualisten geraten ins Hintertreffen“, so Martin. „Vielen Gastronomen macht es keinen Spaß mehr.“

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