Siegen-Wittgenstein. . Menschen mit Behinderungen sollen nicht in Einrichtungen leben müssen. Aber eine Wohnung zu finden ist schwierig in Siegen-Wittgenstein.

  • 67 zusätzliche Plätze in drei Einrichtungen im stationären Bereich sollen Lücke schließen
  • Nicht genug freier Wohnraum für die Maxime „ambulant statt stationär“
  • Anbieter nach Bundesteilhabegesetz künftig Dienstleister in eigenen Wohnungen

Für Menschen mit einer geistigen Behinderung gibt es im Kreis Siegen-Wittgenstein nicht genug stationäre und ambulante Wohnangebote. Die stationäre Lücke soll mit 67 neuen stationären Wohnplätzen in drei Einrichtungen geschlossen werden.

Dies werde überwiegend durch Platzverlagerungen aus Bielefeld ermöglicht, so Frank Tafertshofer, Pressesprecher des für die Planung zuständigen Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). Die regionale Zusammenarbeit von LWL, Kreis und Leistungsanbietern werde nochmals intensiviert.

Angemessene Wohnungen nur in sozialen Brennpunkten

Für die Anbieter der ambulanten Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung gibt es seitens des LWL keine Platzzahlbegrenzungen. Aber die Anbieter haben Schwierigkeiten, geeignete Wohnungen zu finden – „wir können nicht so schnell ambulantisieren, wie wir gerne möchten“, so Andrea Gerhards, Referatsleitung Wohnen beim AWO-Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe. „Es gibt nicht genug freien Wohnraum.“

Von Größe und Mietpreis her angemessene Wohneinheiten gebe es nur in sozialen Brennpunkten. Und „das läuft dem Inklusionsgedanken völlig zuwider“, so Gerhards, Menschen mit Behinderung sollten selbstbestimmt in der Mitte der Gesellschaft leben – und nicht an die Ränder geschoben werden.

Paradigmenwechsel: Von Fürsorge zur Teilhabe

Mit dem umstrittenen Bundesteilhabegesetz sollen die Grenzen zwischen ambulant und stationär verschwinden. Gerhards: „Künftig wird alles ambulant sein.“ Die Anbieter, etwa die AWO, fungieren in diesem Modell als Dienstleister der Menschen, die in eigenen Wohnungen leben und unterschiedlich intensiv Betreuung, Pflege oder Assistenzleistungen benötigen – dafür müsse sich der Markt bewegen.

„Es wird immer Menschen geben, für die das nicht funktionieren wird“, sagt Gerhards. Aber das sei eher die Ausnahme. Inklusion bedeute einen Paradigmenwechsel vom Fürsorge- zum Teilhabeprinzip – was den Menschen eine Mitwirkungspflicht abverlangen wird. „Das Bundesteilhabegesetz verlangt keine Sonderrechte – also werden staatliche Verpflichtungen für alle so weit es geht heruntergebrochen.“

Überblick: Neue Wohnplätze

24 Plätze plus zwei Krisenplätze im Wohnhaus Olper Straße in Freudenberg.

24 Plätze plus zwei Krisenplätze im Wohnhaus an der Marienborner Straße in Siegen.

19 Plätze plus ein Krisenplatz in der Autismus-Wohnanlage Netphen-Unglinghausen.

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