Meschede. Lange Wartezeiten, keine freien Termine, weite Strecken: Die Beschwerden über Ärzte sind groß. Wie ist die Versorgung in Meschede?

Als im vergangenen Jahr die Kinderarztpraxis von Dr. Ralph Armbrust aufgrund einer Erkrankung seinerseits vorübergehend geschlossen bleiben musste, sorgte das für große Unruhe bei den Mescheder Eltern. Besonders die Frage, wie weit man denn nun für die medizinische Versorgung des Kindes fahren muss, hat die Menschen getrieben. Die Frage stellt sich aber nicht nur für Kinderärzte, sondern auch für alle anderen medizinischen Fachrichtungen. Hier kommt die Übersicht: So viele Fachärztinnen und Fachärzte gibt es in Meschede - und so ist die Lage in den Praxen vor Ort.

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) veröffentlicht regelmäßig eine Übersicht über die bestehenden und freien Stellen von Allgemein- und Fachmedizinern. Zwei medizinische Bereiche werden dabei sogar nur auf Meschede bezogen in der Bedarfsplanung gesehen: Die Hausarzt- und Psychotherapeuten-Plätze werden von der KVWL nicht kreisweit, sondern nur für Meschede ermittelt. Alle anderen Fachbereiche werden kreisweit ermittelt.

Hausärzte:

m Mittelbereich Meschede, der auch Eslohe und Bestwig umfasst, ergibt sich laut KVWL ein Bedarf von 30 Hausärzten - vier Stellen seien aktuell offen, das ergibt einen Versorgungsgrad von rund 98 Prozent. Zehn Hausärzte gibt es allein in Meschede. Dr. Jörg Tigges, Sprecher der heimischen Ärzteschaft, warnt schon lange davor, dass das bestehende ambulante System kollabieren könnte. Der Bedarf steige, gleichzeitig aber auch die Anforderungen an Ärztinnen und Ärzte. „Gerade hier auf dem Land ist eine flächendeckende hausärztliche Versorgung essenziell wichtig, zentralisierte Strukturen können das nicht leisten“, sagte der Hausarzt im Gespräch mit der Westfalenpost im Oktober 2023.

Die Rechnung geht auf: In der Bedarfsplanung der KVWL 49.640 Menschen aus, die im Bereich Meschede mit 30 Hausärzten versorgt werden müssen. Das ergibt ungefähr 1555 Patientinnen und Patienten pro Hausarzt.

Psychotherapeuten:

Die gleiche Einwohnerzahl wird auch der Bedarfsplanung der Psychotherapeuten zugrunde gelegt: Daraus ergibt sich für Meschede ein Bedarf von 8,5 Psychotherapeuten - aktuell sei eine Stelle frei, Versorgungsgrad 98,8 Prozent. Faktisch bedeutet diese Rechnung: Ein Psychotherapeut soll bis zu 5840 Personen betreuen können. Dabei ist gerade dort die Lage sehr angespannt: Oft wartet man monatelang auf einen Therapieplatz, gerade, weil eine Therapie im Durchschnitt anderthalb Jahre dauert.

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Das Problem sei aber auch der KVWL bekannt: Für ländliche oder strukturschwache Teilgebiete können zusätzliche Niederlassungsmöglichkeiten durch das Landesgesundheitsministerium geschaffen werden. „In diesem Jahr werden so 19,5 neue Sitze für Psychotherapeuten in ausgewählten Kommunen in Westfalen-Lippe geschaffen.“ Ob davon auch einer im Hochsauerland sein wird, verrät die KVWL bisher nicht.

Arztsitze auf Kreisebene

Die weiteren medizinischen Fachbereiche werden auf Kreisebene geplant. Hier rechnet die KVWL mit 261.647 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die errechneten Versorgungsgrade liegen zwischen 109 und 115 Prozent - und sind damit also mehr als ausgereizt. Und immerhin: Bis auf einen Hautarzt oder eine Hautärztin sind in Meschede alle Fachärzte vertreten! Für einen Hautarzt hingegen müssten Patienten nach Arnsberg, Brilon, Lennestadt, Sundern oder Schmallenberg fahren. Mit dem eigenen Auto dauert das ungefähr 25 Minuten nach Sundern und Arnsberg, eine halbe Stunde nach Schmallenberg oder Brilon, und eine knappe Stunde nach Lennestadt.

Frauenärztinnen und Frauenärzte gibt es drei in Meschede, genauso Orthopäden, darunter eine Privat-Praxis, und zwei HNO-Ärzte. Neurologen gibt es ebenfalls zwei. Dazu kommen jeweils ein Augenarzt, ein Kinderarzt und ein Urologe. Sie sind aber eben nicht nur für Meschede zuständig, sondern für einen Teil des Hochsauerlandkreises.

Das schlägt sich natürlich auf die Auslastung der Praxen aus - die Orthopädische Praxis in Meschede zum Beispiel nimmt aktuell keine Neu-Patienten mehr an. Drei bis vier Wochen wartet man als Neu-Patient auf einen Termin in der HNO-Praxis von Dr. Steffen Althaus, berichtet der Mediziner - für Notfälle, die sofort behandelt werden müssen, schaffe man Zeit, für dringliche Fälle finde man einen zeitnahen Termin binnen weniger Tage.

Und auch im Urologischen Zentrum Hochsauerland, das eine Zweigstelle hier in Meschede hat, wartet man einen bis anderthalb Monate, kann aber als Notfall entweder in Meschede oder im Hauptsitz in Brilon kurzfristig Hilfe finden. Chef-Urologe Lucas Goncalves Prado denkt, dass die urologische Versorgung im HSK gut abgedeckt ist. Wenn man davon ausgeht, dass die Hälfte der Menschen im HSK Männer sind, kommt man bei sieben urologischen Sitzen im HSK auf eine Patientenrate von 18.689 möglichen Patienten pro Arzt.