Meschede. Auf Nebenbuhler in Ostwig eingestochen, Hennesee-Erbauer im Ruhestand, Honsel stellt Bergleute ein, älteste Feuerwehr - vor 55 Jahren.

Über diese Themen berichtete diese Zeitung vor 55 Jahren im Lokalteil in Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg.

Blutiges Eifersuchtsdrama

Nach einem Eifersuchtsdrama in Ostwig fällt das Landgericht Arnsberg jetzt das Urteil. Ein 32 Jahre alter türkischer Gastarbeiter aus Ramsbeck muss 18 Monate ins Gefängnis. Der Mann hatte im Mai 1968 einen Nebenbuhler in Ostwig mit einem Messer auf offener Straße lebensgefährlich verletzt. Der 32-Jährige hat ein Verhältnis mit einer 38 Jahre alten Witwe: Zweieinhalb Jahre leben sie zusammen, der Türke lässt sich in seiner Heimat von seiner dortigen Frau scheiden. In Ostwig teilt ihm die Witwe plötzlich mit, sie habe sich entschieden, einen Vertreter heiraten zu wollen. Beide Männer geraten in Streit, das Gericht spricht von einer „Handlung im Affekt“. Nach seiner Haft muss der Türke Deutschland verlassen.

Die Stammtischbrüder aus Niedersalwey um Heinz Willmes und Rudolf Egelmeier nach ihrer Ankunft im Februar 1969 in Meschede. 
Die Stammtischbrüder aus Niedersalwey um Heinz Willmes und Rudolf Egelmeier nach ihrer Ankunft im Februar 1969 in Meschede.  © Jürgen Kortmann

50 Liter Bier als Wetteinsatz

Zwei Stammtisch-Brüder aus Niedersalwey bieten eine ungewöhnliche Wette an. In ihrem Ort ist es eigentlich Brauch, am Rosenmontagabend noch einmal einen Karnevalswagen durchs Dorf zu ziehen. Diesmal findet sich niemand für den Wagen mit dem Mottospruch „Lieber im Wald bei wilden Sau’n als zu Hause bei bösen Frau’n“. Heinz Willmes und Rudolf Egelmeier bieten stattdessen aber an, für 50 Liter Bier den vier Zentner schweren und drei Meter langen Wagen sogar bis nach Meschede zu ziehen - von Hand. Sie schaffen die 24 Kilometer auch in den vereinbarten vier Stunden. Auf der Hälfte der Strecke hatten sie schon aufgeben wollen. Willmes sagt nachher in Meschede: „Auch für 200 Liter Bier mache ich so etwas nie wieder!“

Großbauvorhaben in Rekordzeit

Mit 65 Jahren geht Hans Seeling aus Meschede in den Ruhestand. Der gebürtige Dresdner ist Bauleiter für den Bau der Henne-Talsperre gewesen. Seeling hatte 1951 in Meschede mit einem kleinen Stab die Bauleitung am Hennesee übernommen. Er führte dieses erste Großbauvorhaben für den Ruhrtalsperrenverein in Essen bis 1954 in Rekordzeit durch. 1957 übernahm Seeling die Bauleitung für die Biggetalsperre.

Erster Ehrenring verliehen

In Meschede wird erstmals der neugeschaffene Ehrenring der Stadt vergeben. Erster Träger ist Anton Kaiser, der die SPD seit 20 Jahren im Stadtrat vertritt. Seinen Wahlbezirk hat Kaiser immer als Direktmandat errungen.

Weitere Rückblicke hier:

  • Kanu-Sportler ertrinkt im Hochwasser, Hubschrauber sucht Klinik vergeblich, Tollwut um Meschede, Bürgerinitiative will Brücke in Bestwig bauen - vor 50 Jahren.
  • Ziviler Ungehorsam, Kinder kämpfen in Eversberg für Rodelbahnen, schulfrei mangels Reinigung in Meschede, Dach über Bussen stürzt ein - vor 45 Jahren.
  • Drei Tote bei Unfall bei Fredeburg, Überfall auf Sparkasse in Nuttlar, Gynäkologe in Meschede ist erster Vater des Jahres, enormer Schaden bei Feuer - vor 40 Jahren.
  • Junges Ehepaar stirbt auf B 55, zwei Hauptschulen für Meschede, der millionste Schnellkochtopf aus Bestwig, Hotel mit 260 Betten in Fredeburg geplant - vor 55 Jahren.
  • Brauerei Veltins schenkt Land eine Straße, Ärzte fordern Blaulicht, Rechtsextreme in Meschede festgenommen, Entlassungen bei Honsel, Feuer zerstört Restaurant im Fort Fun - vor 30 Jahren.

Eversberg, ganz großzügig

Alle Vereine in Eversberg sollen die Halle am Schlossberg nach ihrem Umbau nutzen können. Sie sollen auch keine Benutzungsgebühre bezahlen müssen. Das beschließt die Gemeinde. Für den gesamten Umbau der Schützenhalle wird mit Kosten von 300.000 Mark gerechnet. Die Bergstadt will den Umbau in eigener Regie durchführen. Bürgermeister Bierbaum sagt: „Dann kann uns auch keiner reinreden.“ Vor der Eingemeindung mit Meschede wird auch beschlossen, überall in Eversberg noch ordentliche Bürgersteige zu bauen und die Straßen zu verbessern. Auch hier wird der Bürgermeister deutlich: „Wenn wir von anderen gefressen werden, dann sollen sie auch Verdauungsschwierigkeiten bekommen.“

Kunst von Folkwangschule für Bad

Das künftige Hallenbad in Meschede wird mit einem Kunstwerk geschmückt. Der Stadtrat billigt dafür einen Entwurf aus Keramiken und Metallzylindern, die an der Wand umgesetzt werden sollen. Damit wird eine Idee der Folkwangschule aus Essen umgesetzt.

Gebietsreform: Erste Großgemeinde

60 Parlamentarier aus sechs Gemeindevertretungen und der Amtsvertretung Fredeburg stimmen in der Landjugendakademie über die Bildung der neuen Großgemeinde Land Fredeburg ab – am Ende gibt es nur zwei Stimmen dagegen. Damit entsteht durch die Gebietsreform die erste neue Großgemeinde des Kreises Meschede mit 9400 Einwohnern auf 138 Quadratkilometer Fläche. Die beiden Gegenstimmen kommen aus Bödefeld-Freiheit und Bödefeld-Stadt. Für beide Orte gibt es eigene Sonderregelungen: Der Gemeindewald bleibt vorerst als Ortsvermögen für Bödefeld-Freiheit erhalten, für Bödefeld-Land soll der Vertrag überprüft werden können, falls die geplante Hauptschule nicht gebaut werde.

Frauen kostümiert ins Wasser

An Weiberfastnacht in Schmallenberg erobern 50 verkleidete Frauen das Hallenbad und springen in Kostümen ins Wasser – den Bademeister und den Saunameister werfen die Frauen im Alter von 30 bis 50 Jahren kurzerhand ins Wasser.

Erinnerung an letzten Rosenmontagszug

In Meschede wird am Rosenmontag an den letzten Karnevalsumzug in der Stadt vor 30 Jahren erinnert. Als Prinz Karneval hatte 1939 Wilhelm Kersting vom Prunkwagen aus säckeweise Karamellen an die mehreren tausend Zuschauer verteilt. Die Handwerker-Gilden hatten eigene Wagen im Zug. Der Mescheder Karnevalsverein reichte bis ins 19. Jahrhundert zurück, die Tradition endete im Ersten Weltkrieg. 1938 wurde der Verein neu belebt – für nur ein Jahr.

Meschede zeigt sich an Karneval 1969 verschneit - hier der Blick auf den Kaiser-Otto-Platz.
Meschede zeigt sich an Karneval 1969 verschneit - hier der Blick auf den Kaiser-Otto-Platz. © Jürgen Kortmann

Schneemassen an Karneval

Schneemassen gehen an Karneval über dem Kreis Meschede nieder. Zwischen Remblinghausen und Meschede stürzt ein Pkw eine acht Meter tiefe Böschung hinunter und wird völlig zerstört, die Insassen bleiben unverletzt. In Wennemen wird die Feuerwehr zum Räumeinsatz abkommandiert. In Arnsberg muss der Karnevalsumzug um einen Tag verlegt werden, in Cobbenrode und Niederberndorf wird geräumt, damit die Umzüge dort stattfinden können. In ganz Westfalen werden die Fußballspiele abgesagt.

Sichere Arbeitsplätze

Für insgesamt 25 Arbeitsjahre wird bei den Honsel-Werken in Meschede Rudolf Wache ausgezeichnet – obwohl er erst seit drei Jahren in Meschede arbeitet. Er ist einer von insgesamt 22 ehemaligen Bergarbeitern, die das Unternehmen angestellt hat. 1965 waren deutsche Arbeitskräfte bei Honsel rar geworden: Es wurde die Möglichkeit geschaffen, aus dem Ruhrgebiet Bergleute für sichere Arbeitsplätze im Sauerland anzuwerben. Honsel baute für sie vier Wohnhäuser mit 22 Wohnungen. Drei Monate wurden die neuen Honselaner umgeschult.

Erste organisierte Wehr

In Fredeburg wird die älteste Feuerwehr im Kreis Meschede 90 Jahre alt. 1879 ist sie als erste organisierte Wehr gegründet worden, schon bald nach ihrer Gründung mit 80 Männern. Die Anfänge sind schon älter – unter anderem waren die Fredeburger beim Stadtbrand in Schmallenberg am 31. Oktober 1872 die ersten Auswärtigen, die wirksam Hilfe leisteten.