Meschede. Ein Landwirt aus Meschede erklärt, warum es für ihn und seine Familie wichtig ist, am 8. Januar an der Demonstration in Meschede teilzunehmen.

Es sind die landwirtschaftlichen Betriebe, die das Sauerland und seine Kulturlandschaft prägen. „Landwirte sind fürs Dorf unersetzlich.“ Da ist sich Antonius Brüggemann sicher. Er ist Landwirt aus Überzeugung: Schon sein Vater führte den Hof, auch sein Sohn ist mit 25 Jahren fertig ausgebildet und arbeitet voll im Betrieb mit. „Die Landwirte unterstützen die örtlichen Vereine mit ihren Maschinen bei Arbeitseinsätzen und Festumzügen, sie unterstützen die Feuerwehr bei Bränden und Hochwassereinsätzen.“ Für Antonius Brüggemann eine Selbstverständlichkeit, sich ins Dorfleben einzubringen.

Mehr Kosten bringen mehr Arbeit - die Folgen der Agrarpolitik

Aber immer mehr Auflagen und Vorschriften belasten ihn und seinen Betrieb, die Bürokratie wird immer komplizierter. „Um die steigenden Kosten decken zu können, müssen wir noch mehr arbeiten“, sagt er. In der Zeit von Mai bis November letzten Jahres hatte er genau fünf freie Sonntage: Die Verregneten.

„Es ist eine Kostenlawine, die auf uns zu rollt“, sagt Thomas Wiese, Landwirt aus Sögtrop bei Schmallenberg. Mit dem Aus des Agrardiesels und dem Ende des „grünen Kennzeichens“ für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge könnten sich, so überschlägt er, nur noch die Hälfte aller Landwirtschaftsbetriebe halten. „Den Betrieben tut das richtig weh.“ Möglich ist, dass die Bundesregierung zum Teil einlenkt: Sie kündigte am Donnerstag eine teilweise Rücknahme der Kürzungen an.

Thomas Wiese, Landwirt aus Schmallenberg-Sögtrop.
Thomas Wiese, Landwirt aus Schmallenberg-Sögtrop. © WP

„Die Freude am Beruf wird einem genommen“, so Wiese. Die Tatsache, dass die Ampelregierung jetzt bis zu einer Milliarde Euro bei den Landwirten einsparen wollte, brachte für ihn das Fass zum Überlaufen. Allein durch das Ende der Agrardiesel-Steuerrückerstattung würde ein durchschnittlicher Landwirtschaftsbetrieb rund 4000 Euro im Jahr verlieren – dazu gehört auch Antonius Brüggemann als Mutterkuhbetrieb mit rund 150 Kühen. Schon seit Jahrzehnten ist der Betrieb auch als Lohnunternehmen tätig, mittlerweile in der dritten Generation. Von der Mutterkuhhaltung allein kann Familie Brüggemann nicht leben.

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„Und die Steuerpflicht für Landmaschinen ist doch ein Fass ohne Boden. Man kann doch jetzt noch gar nicht abschätzen, was auf einen zukommt“, sagt Brüggemann. „Ein Landwirt hat neben seinen Zugmaschinen, also Treckern und Ladern, auch noch eine ganze Reihe von Anhängern – für die Ausbringung von Gülle oder Mist, das Einbringen der Getreide- und Strohernte, die Wasserfässer zum Versorgen der Weidetiere und vieles mehr. Keiner kann einem sagen, ob diese Anhänger, die nur hin und wieder zum Einsatz kommen, extra zugelassen, versichert und zum Tüv müssen?“

Das Geld muss an anderer Stelle eingespart werden

Für Brüggemann ist klar: Das Geld muss an anderer Stelle eingespart werden. „Sie könnten ja schon mal eine halbe Milliarde Euro damit sparen, indem sie den Bundestag halbieren und alle Abgeordneten ohne Berufsausbildung nach Hause schicken. Wir haben genügend freie Stellen, sollen sie doch erst einmal eine Ausbildung machen! Dann kommen sie auch in den Genuss in die Sozialversicherungskasse einzuzahlen.“

Bald schon könnte für dieses Gespann von Antonius Brüggemann gleich zwei Mal Kfz-Steuer anfallen: Für den Traktor und für den Anhänger.
Bald schon könnte für dieses Gespann von Antonius Brüggemann gleich zwei Mal Kfz-Steuer anfallen: Für den Traktor und für den Anhänger. © Meschede | Katharina Kalejs

Doch das Schlimmste sei für ihn, dass es keinen festgelegten Preis für landwirtschaftliche Produkte gebe. „Die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise werden uns vom Handel vorgegeben. Wenn ich ein Schlachttier verkaufe, sehe ich erst Tage oder Wochen später auf der Abrechnung, wie hoch der Erlös war. Wenn ich ein Auto oder Lebensmittel kaufe, wird der Preis auch vom Händler festgelegt.“

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„Sie treiben uns zum Aufgeben.“ Das sieht man an den vielen Betrieben, die vergeblich nach einem Nachfolger suchen, und daran, dass die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe immer kleiner wird. Laut Antonius Brüggemann haben in den letzten Jahren rund ein Viertel der Schweinemastbetriebe aufgegeben. „Und weitere zehn Prozent verlieren wir durch die Tierwohlauflagen.“

Ein Deutschland ohne Landwirte

Ein Deutschland ohne seine Landwirte ist jedoch keine Option. Das Sauerland, geprägt durch die Forstwirtschaft und die Weidetierhaltung, würde sich komplett verändern. Die Flächen würden brach liegen, die Ordnung verschwinden. Im Supermarkt würde es dann überwiegend nur noch tierische Produkte aus dem Ausland, wie China oder Südamerika, geben. „Dann kommt das Schweinefleisch aus dem Hochhaus, vielleicht kann man noch sagen, ob aus der 15. oder der 20. Etage. Aber nach Tierwohl fragt da keiner“, prophezeit Antonius Brüggemann. Schon jetzt würden viele Produkte, zum Beispiel ein Großteil der Apfelschorle auf dem deutschen Markt, in China produziert. „Da steht das aber nicht drauf. Nur: ‚Hergestellt für …‘.“ Die deutschen Landwirte hingegen müssen jeden einzelnen Schritt ihrer Arbeit protokollieren.

Wir gut ausgebildeten Landwirte möchten nur, dass unsere Arbeit und unsere Produktion von Lebensmitteln angemessen honoriert und von der Politik und den Verbrauchern mal wieder wertgeschätzt wird!
Antonius Brüggemann, Landwirt

„Wir gut ausgebildeten Landwirte möchten nur, dass unsere Arbeit und unsere Produktion von Lebensmitteln angemessen honoriert und von der Politik und den Verbrauchern mal wieder wertgeschätzt wird!“ Deswegen beteiligt sich Antonius Brüggemann an der Kundgebung am kommenden Montag, 8. Januar. Er und sein Sohn werden mit zwei Traktoren kommen, gemeinsam mit rund einem Dutzend weiterer Landwirte aus Berge. Sie wollen ein Zeichen setzen gegen die Sparmaßnahmen der Ampelkoalition.

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„Wir brauchen eine gemeinsame Lösung für Deutschland. Eigentlich geht uns das alle etwas an“, sagt Antonius Brüggemann. „Mal gucken, wo´s noch hingeht – so schnell geben wir nicht auf. Wenn die Politik bis Mitte Januar nicht einlenkt, werden wir unsere Demonstration in ganz Deutschland und speziell in Berlin ausweiten.“