Hochsauerlandkreis/Berlin. In Berlin protestieren die Landwirte aus Deutschland gegen die Ampel-Sparmaßnahmen. Auch Landwirte aus dem Hochsauerland sind dabei.

Fast eine Milliarde Euro will die Ampel-Koalition an den Landwirten einsparen: Die Subvention des Agrardiesels soll gestoppt werden und auch die Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge soll enden. Für viele Landwirte würde das das Ende ihres Betriebs bedeuten. Deswegen haben der Deutsche Bauernverband und die Landesbauernverbände am Montagmorgen eine Demonstration gegen diese Kürzungen organisiert.

Am 18. Dezember demonstrieren die Landwirte in Berlin vor dem Brandenburger Tor - mitten dazwischen Steffi Möller-Winter aus Eversberg und ihr Mann Christoph.
Am 18. Dezember demonstrieren die Landwirte in Berlin vor dem Brandenburger Tor - mitten dazwischen Steffi Möller-Winter aus Eversberg und ihr Mann Christoph. © Meschede | Steffi Möller-Winter

Das Motto der Demonstration: „Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!“. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, fordert die Ampelregierung auf, die Pläne zur Streichung des Agrardiesels und der KFZ-Steuerbefreiung zurückzuziehen. „Zu viel ist zu viel! Wenn diese Pläne nicht zurückgenommen werden, wird es heftigen Widerstand geben.“

Warum demonstriert wird: Agrardiesel und Kfz-Steuern

Bereits in der letzten Woche äußerte sich Wilhelm Kühn, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Hochsauerland: „Notwendige Kürzungen im Bundeshaushalt dürfen nicht auf dem Rücken kleiner und mittelständischer Landwirtschaftsbetriebe ausgetragen werden, nur weil es der Regierungskoalition bis jetzt nicht gelungen ist, ein tragfähiges Konzept für den Haushalt 2024 aufzustellen. Die drohenden zusätzlichen Steuer-Belastungen sind inakzeptabel und schwächen unsere hiesige Landwirtschaft im internationalen Wettbewerb erheblich. Massive Kostensteigerungen für unsere Betriebe und Preissteigerungen bei Lebensmitteln für Verbraucherinnen und Verbrauchern wären die Folge.“

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Der WLV fordert einen Haushaltskompromiss mit Augenmaß: Durch die besondere Bedeutung der Landwirtschaft für die Lebensmittelsicherung müsse – in unsicheren weltpolitischen Zeiten mehr denn je – die Branche einen besonderen Schutzstatus haben, um die heimische Landwirtschaft zu sichern, so WLV-Präsident Hubertus Beringmeier.

 Protest in Berlin: Die Hochsauerländer hier mit hessischen Berufskollegen.
 Protest in Berlin: Die Hochsauerländer hier mit hessischen Berufskollegen. © WP | WLV

Auch aus Südwestfalen haben sich am Montag etwa 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Schleppern oder Autos aus dem Weg gemacht, berichtet Barbara Kruse, Pressesprecherin des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands Südwestfalen. Die Beteiligung aus dem Hochsauerlandkreis sei ihres Wissens nach eher gering mit 5 Teilnehmenden, von denen der WLV weiß. „Das soll aber kein Vorwurf sein“, sagt Kruse. „Im HSK stecken viele Landwirte gerade in der Hochsaison des Weihnachtsbaumverkaufs, da kommt der kurzfristige Termin zu einer extrem ungünstigen Zeit.“

Eversberger Landwirte auf dem Weg nach Berlin

Trotzdem sind einige in die Hauptstadt angereist, unter anderem die Landwirte Steffi und Christoph Möller-Winter aus Eversberg: Die Existenz ihres Hofes steht auf dem Spiel, sollten die Sparmaßnahmen so umgesetzt werden.

Steffi Möller-Winter hier am Hofladen in Eversberg.
Steffi Möller-Winter hier am Hofladen in Eversberg. © Meschede | Livia Krimpelbein

Schon am frühen Morgen haben sich die Möller-Winters von Hamm aus mit dem Zug auf den Weg nach Berlin gemacht - dabei war noch in der Nacht in ihrem Stall ein Kälbchen geboren. Für sie ist es unverständlich, was die Regierung mit den Kürzungen bezwecken wollen. „Es gibt keinen Respekt mehr vor Landwirten“, sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. „Wie viel müssen wir eigentlich noch aushalten?“ Und deswegen reihen sie sich, wenn auch ohne Traktor, mit in die Landwirte, die vor dem Brandenburger Tor demonstrieren.

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Der WLV geht derzeit davon aus, dass die Demonstration in Berlin Früchte tragen wird, berichtet Pressesprecherin Barbara Kruse, die am Montagmorgen mit den Vorständen im engen Kontakt steht. „Die Bauern wollten sofort reagieren, nicht erst im Januar, deswegen wurde diese Demo so kurzfristig auf die Beine gestellt.“ Auch verschiedene Politiker, darunter Minister des Bundes Dirk Wiese und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir solidarisieren sich mit den Forderungen der Landwirte. Der WLV berichtet, Cem Özdemir habe bei der Demonstration gesagt, die Kürzungen überforderten den Sektor und die Schmerzgrenzen seien überschritten.

Die Stimmung vor dem Brandenburger Tor

„Vom Brandenburger Tor bis zur Siegessäule ist alles voll mit Traktoren, die blockieren alle sechs Spuren - das sind tausende!“, berichtet Steffi Möller-Winter am Ende der Demonstrationen. Laut der Berliner Morgenpost gab es schon seit dem Morgen Verkehrsbehinderungen in ganz Berlin durch die Traktoren - die Polizei sprach von rund 1700, die in verschiedenen Konvois durch die Straßen fahren. Derweil gibt es verschiedene Kundgebungen von Vertretern des Deutschen Bauernverbandes und der Landesbauernverbände. Auch Cem Özdemir richtete das Wort an die Demonstranten. „Da kamen dann sofort Sprechgesänge ‚Ampel weg, Ampel weg!‘“, erzählt Steffi Möller-Winter.

Die Demonstration sei insgesamt friedlich gewesen. „Die Stimmung war sehr aufgeheizt, als Özdemir auf die Bühne kam“, erzählt sie. Aber alle Landwirte haben viel Solidarität erfahren von den Umstehenden. „Eine Frau hat uns angesprochen, als wir aus dem Bahnhof kamen, und sagte uns, dass das so toll sei, dass wir das machen. Sie sagte: Kämpft für uns alle!“ Die Landwirte seien bedrückt, aber auch stolz darauf, was sie mit dieser Demonstration auf die Beine gestellt haben. Sie haben auch einen Landwirt getroffen, der tatsächlich aus Südwestfalen mit dem Traktor angereist gewesen sei: „Der ist 17 Stunden non-stop hier runter gefahren“, erzählt sie. An der Straße habe es immer wieder Menschen gegeben, die ihm gewunken und applaudiert hätten.

Fazit der Eversbergerin: „Tolle Aktion. Hauptsache, es bewirkt was - wenn nicht, geht‘s im Januar weiter.“