Meschede. Vor 55 Jahren: Boote kentern auf Hennesee, Vermisster nach sechs Tagen im Wald entdeckt, vier Tote im Verkehr rund um Meschede, Bier wird teurer.
Über diese Themen berichtete diese Zeitung vor 55 Jahren, im Oktober 1968, im Lokalteil in Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg.
Großes Manöver
1100 britische und kanadische Soldaten üben im Kreis Meschede den Kriegsfall. Das Manöver heißt „Key-stone“ und steht unter dem Kommando des Regiments der Kings’s Own Scottish Borderers. Dabei wird auch der Einsatz von taktischen Atomwaffen geprobt. Im Kreis Meschede wird die Verteidigung gegen das Eindringen „roter Partisanen“ geübt.
Neue Schule in Meschede
Bei sieben Gegenstimmen setzt sich im Kreistag Meschede gegen Eslohe durch in der Frage, wo eine neue Gewerbeschule für metallverarbeitende Betriebe und Elektrotechnik entstehen soll. Sie entsteht nun auf dem ehemaligen Gelände Wullenweber an der Henne in Meschede (heute steht dort das Kreishaus). Den Ausschlag gibt die Statistik: In Meschede gibt es 54 metallverarbeitende Betriebe mit 3007 Beschäftigten, Eslohe hat nur 39 Betriebe und 523 Beschäftigte. Für Eslohe wird die zentralere Lage ins Spiel gebracht, der Ort sei von allen Orten im Kreis Meschede schneller erreichbar als Meschede selbst.
Vier Tote auf den Straßen
Nach einem Unfall an der Abzweigung zur B55 in Nichtinghausen stirbt ein 75 Jahre alter Rentner aus Niedersalwey im Krankenhaus Meschede an seinen schweren Verletzungen. Beim Abbiegen mit seinem Krad achtet er nicht auf den Gegenverkehr und prallt frontal vor einen Pkw. In Laer gerät ein belgischer Soldat aus der Jägerkaserne in Arnsberg auf der nassen B7 in einer Kurve ins Schleudern, sein Pkw prallt vor einen Baum. Der Fahrer stirbt, sein Beifahrer wird schwer verletzt.
Das 20. Todesopfer des Jahres im Kreis Meschede im Straßenverkehr ist ein vier Jahre alter Junge, der in Reiste über die B55 läuft und von einem Pkw erfasst wird. Die furchtbaren Unfälle gehen weiter: Ein 22-Jähriger aus Meschede stirbt in einem Pkw als Beifahrer in Wehrstapel, der auf der B7 ins Schleudern gerät, gegen eine Böschung prallt und umkippt.
Zinngeschirr aus Lokalen geklaut
In Marburg nimmt die Polizei drei junge Männer fest: Ihnen können neun Diebstähle im Kreis Meschede nachgewiesen werden. Sie hatten sich auf den Diebstahl von Zinngeschirr aus Gaststätten und auf das Knacken von Automaten spezialisiert.
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Betrüger in Calle erfolgreich
Auf einen Betrüger fallen der TV Calle und 22 Firmen aus Calle herein. Der Anzeigenwerber schließt mit dem Sportverein einen Vertrag ab und will Plakate mit Vereinsveranstaltungen liefern, auf denen die Unternehmen werben. Er bekommt ein Empfehlungsschreiben für die Betriebe und kassiert Geld für Anzeigen – geliefert wird aber nichts. Mehrere Polizeidienststellen in Deutschland suchen ebenfalls nach dem Mann. Gefasst wird der Betrüger in Altenhundem, weil sich dort Zeugen das Autokennzeichen des Mannes gemerkt hatten, nach dem öffentlich gefahndet wurde.
Prozess: Nur ein Studentenulk
Reichlich spät, nämlich im Verhandlungssaal des Landgerichtes Arnsberg, bezahlt ein Angeklagter einen Kasten Bier: Der Student von der Ingenieurschule Meschede hat bei einer Nachfeier zum Schützenfest in Velmede einen Kasten Bier zusammen mit einem Helfer gestohlen. Beim Prozess zahlt er die fälligen 17,50 Mark, das Verfahren wird eingestellt – es soll ein Studentenulk gewesen sein.
Kontrovers: Bier wird teurer
Kontrovers diskutiert wird bei der Generalversammlung der Schützengesellschaft Schmallenberg eine Erhöhung des Bierpreises: Der steigt ab 1969 von 20 auf 25 Pfennig. 127 Schützen stimmen dafür, 79 dagegen. Beschlossen wird auch: Wer sich beim Schützenfest nicht benimmt, den bestraft der Vorstand künftig mit einem Hallenverbot von zwei Jahren.
So viele Dünnebacken
150 Nachkommen von Peter Wilhelm Kaspar Dünnebacke, der 1808 in Niedermarpe geboren wurde und dort 91 Jahre später stirbt, kommen zum Familientreffen in Schmallenberg zusammen.
Die Stammhäuser der Dünnebacken stehen in Grafschaft, dort gibt es im Jahr 1500 einen Klosterjäger Hans Dünnebacke. Nach Pachtproblemen im Siebenjährigen Krieg vergreifen sich aufrührerische Bauern dort am Prälaten: Die Bauern werden dann des Landes verwiesen, auch die Dünnebacken. Einer siedelt sich in Niedermarpe an. Einer wandert wiederum 1836 von Niedermarpe nach Michigan in die USA aus. In den USA finden sich heute über 1000 Adressen mit dem Namen Dünnebacke.
Rennstrecke „Sauerlandring“?
16.000 Besucher sehen diesmal das Bergrennen in Nuttlar. Es gibt allein 550 Übernachtungen von Gästen. Der „Rennbaron“ Karl von Wendt aus Gevelinghausen, selbst Rennfahrer, erneuert danach seinen Plan für den Bau einer Rennstrecke im Sauerland, den „Sauerlandring“. Er rechnet dort mit 50.000 Besuchern.
Acht Boote kentern auf Hennesee
Ausgerechnet beim Saison-Absegeln des Segelclubs Meschede auf dem Hennesee kommt es zu stürmischen Böen. Acht Boote kentern dabei, die Helfer der Rettungsstation des DLRG sind pausenlos im Einsatz. Die Besatzungen können gerettet werden. Ein Hund, der in einem Boot eingesperrt ist, ertrinkt.
Post fest in Hand einer Familie
Seit 100 Jahren besteht in Reiste die Post. Verwaltet wird sie seit der Gründung von der gleichen Familie – der Familie Kenter. 120 Reichstaler hatte der Gründer (und Gastwirt) dafür jährlich bekommen, Friedrich Kenter. Ursprünglich ist die Poststelle dem Postamt Meschede unterstellt, dann bis 1959 dem Postamt Eslohe, seitdem wieder Meschede. Seit 1967 versieht Johanna Kenter als Posthalterin ihren Dienst.
200 Freiwillige bei Suche
In Nuttlar geben aus ungewohntem Anlass die Sirenen Katastrophen-Alarm. Dort wird seit sechs Tagen ein 29 Jahre alter Mann aus dem Dorf vermisst. Er hat öfter Pilze und Himbeeren gesucht. Jetzt werden durch die Sirenen Freiwillige zum Suchen alarmiert. Fast 200 Helfer unterstützen die Suche, die von einer Polizeitruppe geleitet wird. Vom zivilen Bevölkerungsschutz erhält die Feuerwehr dafür Funkgeräte. Vier Jagdhunde werden eingesetzt. Ein Forstanwärter schließlich entdeckt den Mann lebend in einem Waldstück zwischen Stimm-Stamm und Eversberg.
Weitere Berichte im Rückblick:
Fünf Tote bei schwerem Unfall in Soest - darunter vier Menschen aus Velmede, neue Langspielplatte der Geschwister Leismann aus Schmallenberg, 900 Jahre Grafschaft - die Woche vor 50 Jahren.
Vor 45 Jahren: Nach Buback-Mord durch RAF Fahndung bei Mönekind, Notwehr in Ramsbeck, Spaziergänger findet menschlichen Schädel bei Meschede.
Vor 70 Jahren: Erst Nuss-Likör, dann andere Frau in Andreasberg verprügelt: „Du hast Mörderaugen!“ Neue Notstandsarbeiter aus Schleswig-Holstein treffen am Hennesee in Meschede ein.
Unerwartete Festnahme in Eslohe nach „Aktenzeichen XY“, Rentner in Andreasberg rastet aus und sticht zu, Mann aus Wennemen stirbt bei Kirmes-Unglück, Lob für die Fredeburger Feuerwehr - die Woche vor 45 Jahren.
Wertvolle Maschine bei Unfall in Meschede zertrümmert, wieder Angst vor Pocken, ungewöhnliches Geschenk in Fredeburg – die Woche vor 50 Jahren.
Vor 40 Jahren: Schrecklicher Unfall bei Bödefeld mit zwei Toten, Frau beißt Polizisten in Meschede, in Velmede werden 98.000 Ampullen vernichtet.
Vor 50 Jahren: Mädchen stürzt in Meschede zu Tode, zweiter Toter nach Explosion, Gabelstapler erdrückt Arbeiter bei Honsel, Wintersport-Saison ohne Schnee, Veltins steigert sich.
Vor 65 Jahren: Meschedes erster eigenwilliger Wehrdienst-Verweigerer, Schmallenberger Flieger kaufen Schmuggler-Cadillac, keine Tollwut mehr in Meschede.
Das Kloster Königsmünster wird zur Abtei, keine Bergleute zweiter Klasse mehr in Ramsbeck, Bundeswehr will Truppen bei Meschede stationieren - die Woche vor 65 Jahren.