Meschede. Massenschlägerei in Meschede, Tom Astor im ZDF, Schützen im neuen Dress, engagierter Sizilianer in Schmallenberg - die Woche vor 50 Jahren.

Über diese Themen berichtete diese Zeitung vor 50 Jahren, im April 1973, im Lokalteil in Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg.

Szenen „wie im Wilden Westen“

Jugendliche wollen nach einem Lokalverbot nicht das City-Café an der Arnsberger Straße in Meschede verlassen. Es kommt zu einer Massenschlägerei. Die Polizei greift ein. Dabei entreißt ein 26 Jahre alter Mescheder einem Polizisten dessen Pistole und richtet sie auf seinen Kollegen.

Zeugen schwören vor dem Landgericht in Arnsberg, sie hätten gesehen, wie der 26-Jährige dann auch mehrmals abgedrückt habe. Der 26-Jährige ruft: „Ich bringe dich um, du Polizistenschwein!“ Es löst sich nur kein Schuss, weil die Waffe vermutlich nicht durchgeladen war. Die Staatsanwaltschaft spricht von Szenen „wie im Wilden Westen“. Erst mit Verstärkung bekommt die Polizei die Lage unter Kontrolle. Der 26-Jährige wird wegen versuchtem Totschlag zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

„Drehscheibe“ mit Tom Astor

Drei Minuten und sieben Sekunden lang ist Tom Astor im ZDF zu sehen:

Tom Astor (links) in der Disco „Carnaby“ in Mannheim - hier mit Buddy Caine und Nachwuchssängerin Bernadett.
Tom Astor (links) in der Disco „Carnaby“ in Mannheim - hier mit Buddy Caine und Nachwuchssängerin Bernadett. © Jürgen Kortmann

Der Schmallenberger Schlagersänger singt in der Sendung „Drehscheibe“ sein neues Lied „Ich bin ja so allein“ – die deutsche Version von „I´m just a lonely boy“ von Paul Anka. Später sorgt Astor mit Buddy Caine in der Diskothek „Carnaby“ in Mannheim für Stimmung.

Jesus aus Kirche gestohlen

Aus der Turmkapelle der St.-Walburga-Kirche in Meschede wird eine Jesus-Figur gestohlen. Die Figur, die auf dem Arm von Antonius sitzt, stammt aus dem 17. Jahrhundert. Jesus trug in der Hand eigentlich auch eine Erdkugel – sie ist aber früher schon gestohlen worden.

Lönze-Werke wachsen

Durch die Übernahme der Elja-Feinstrick-Werke in Erkelenz mit 180 Beschäftigten erhöht sich die Zahl der Mitarbeiter der Maschenmodefabrik Lönze in Schmallenberg auf insgesamt 460. Firmenchef Alex Lönze unterhält auch Zweigwerke in Hallenberg und Feudingen. In Schmallenberg werden in Sekundenschnelle Muster auf die vorgefertigten Damenoberbekleidungs-Teile aufgedruckt.

>>> Lesen Sie hier: Verletzte nach Unglück am Osterfeuer bei Schmallenberg <<<

Neuer Pastor für Velmede

22 Jahre ist Josef Schulte Pastor der katholischen Pfarrgemeinde St. Andreas in Velmede gewesen. Jetzt geht er in den Ruhestand und will künftig in Wenholthausen leben. Sein Nachfolger wird Willi Wittkop aus Arnsberg.

„Keinesfalls nach Schmallenberg“

Fünf von zwölf Mitglieder des Gemeinderates Bödefeld-Freiheit protestieren gegen die geplante kommunale Neuordnung. Sie gründen die „Bürgerinitiative Selbsthilfe Bödefeld – keinesfalls nach Schmallenberg“. Sie kritisieren, die Bürger seien im Vorfeld über die geplante Zuordnung zur Stadt Schmallenberg nicht ausreichend informiert worden.

Ehepaar entwickelt Unfallpass

Edeltraud und Lothar Mikfeld in Niederlandenbeck entwickeln einen neuartigen Unfallpass. 25.000 Exemplare gibt es schon. Mit einem grünen Bändchen kann der Pass einem Verletzten angelegt werden – darauf stehen dann Informationen etwa zur Blutgruppe, zu Allergien und Impfungen. Im ZDF wird der Unfallpass im Gesundheitsmagazin „Praxis“ empfohlen.

Vorstand in grün

Männerfähnrich Hubert Schemme fungiert in der Generalversammlung der St.-Georgs-Schützen in Meschede als Dressman: Er trägt als erster den neuen grünen, modisch zweireihig geschnittenen Schützenrock, den der Vorstand künftig tragen wird. Bewusst wird dabei auf alles verzichtet, was an eine Uniform erinnert. Der Schützenrock löst die 50 Jahre alten Gehröcke ab. Hauptmann Anton Peus sagt darüber: „Ärmel und Revers glänzen wie Speckschwarten.“ Mit 103 zu 100 Stimmen setzt sich der grüne Dress durch.

Polizeiwagen bei Verfolgungsjagd gerammt

Bei einer Verfolgungsjagd auf der B55 zwischen Warstein und Meschede rammt ein Jeep-Fahrer einen Streifenwagen der Polizei. Am Hirschberger Weg sperren zwei Mescheder Polizeiwagen die Straße, der Fahrer Jeep-Fahrer jagt auf die Polizisten zu und fährt sogar den Anhaltstab aus der Hand. Er kann dann überwältigt werden.

100 Jahre Bahnbetriebswerk in Bestwig

In Bestwig wird das Bahnbetriebswerk 100 Jahre alt. Nachdem im Februar 1873 der Personenverkehr auf der Strecke zwischen Bestwig und Warburg freigegeben wurde, sahen Planer die Notwendigkeit, auf halber Strecke zwischen Hagen und Kassel ein Betriebswerk einzurichten – dafür wurde ein Gelände am Bestwiger Bahnhof ausgewählt. Gründe waren unter anderem die hinter Bestwig beginnende Steigung bis Brilon-Wald.

Bödefelder geht in London verloren

Aufregung beim Besuch der Kolpingfamilie Bödefeld in London: Beim Wachwechsel der Garde am Buckingham-Palast geht ein 12 Jahre alter Junge aus Bödefeld verloren. Die anderen 49 Bödefelder machen sich auf die Suche, finden ihn aber nicht. Der Junge hat keinen Ausweis dabei, nur ein paar deutsche Mark. Er wechselt das Geld in einer Bank, und schlägt sich dann selbst mit seinen paar Brocken Englisch zum Hotel durch - er hat sich den Namen Hyde Park gemerkt.

Einziger Ausländer in einem Pfarrgemeinderat

Ein Sizilianer arbeitet im Pfarrgemeinderat von St. Alexander in Schmallenberg mit: Ernesto Dolcinelli (43) setzt sich dort für die Belange der 300 italienischen Gastarbeiter in der Stadt ein. Er ist der einzige Ausländer in einem Pfarrgemeinderat im Erzbistum Paderborn. Bei der Fronleichnamsprozession in Schmallenberg sind die Italiener sogar mit der eigenen Nationalfahne dabei. Im Schmallenberger Gastarbeiterviertel In der Tränke führt Dolcinelli auch eine italienische Bücherei mit 200 Büchern – im Auftrag von Italiens Konsulat.

Generaloberin aus Eversberg

Neue Generaloberin des Ordens der Schwestern „Zum Zeugnis der liebe Christi“ wird in Bredenscheid Schwester Gerhardis gewählt – sie ist die frühere Elisabeth Gördes Spuikers aus Eversberg, 1927 dort geboren und 1944 in den Orden eingetreten.

Hennesee läuft über

Erstmals seit drei Jahren läuft am Hennesee das Wasser über: Pro Sekunde stürzen 0,9 Kubikmeter ins Überlaufbecken. Anhaltender Regen und Schmelzwasser hatten die Talsperre gefüllt.

Weitere Berichte im Rückblick:

Fünf Tote bei schwerem Unfall in Soest - darunter vier Menschen aus Velmede, neue Langspielplatte der Geschwister Leismann aus Schmallenberg, 900 Jahre Grafschaft - die Woche vor 50 Jahren.

Vor 45 Jahren: Nach Buback-Mord durch RAF Fahndung bei Mönekind, Notwehr in Ramsbeck, Spaziergänger findet menschlichen Schädel bei Meschede.

Vor 70 Jahren: Erst Nuss-Likör, dann andere Frau in Andreasberg verprügelt: „Du hast Mörderaugen!“ Neue Notstandsarbeiter aus Schleswig-Holstein treffen am Hennesee in Meschede ein.

Unerwartete Festnahme in Eslohe nach „Aktenzeichen XY“, Rentner in Andreasberg rastet aus und sticht zu, Mann aus Wennemen stirbt bei Kirmes-Unglück, Lob für die Fredeburger Feuerwehr - die Woche vor 45 Jahren.

Wertvolle Maschine bei Unfall in Meschede zertrümmert, wieder Angst vor Pocken, ungewöhnliches Geschenk in Fredeburg – die Woche vor 50 Jahren.

Vor 40 Jahren: Schrecklicher Unfall bei Bödefeld mit zwei Toten, Frau beißt Polizisten in Meschede, in Velmede werden 98.000 Ampullen vernichtet.

Vor 50 Jahren: Mädchen stürzt in Meschede zu Tode, zweiter Toter nach Explosion, Gabelstapler erdrückt Arbeiter bei Honsel, Wintersport-Saison ohne Schnee, Veltins steigert sich.

Vor 65 Jahren: Meschedes erster eigenwilliger Wehrdienst-Verweigerer, Schmallenberger Flieger kaufen Schmuggler-Cadillac, keine Tollwut mehr in Meschede.

Das Kloster Königsmünster wird zur Abtei, keine Bergleute zweiter Klasse mehr in Ramsbeck, Bundeswehr will Truppen bei Meschede stationieren - die Woche vor 65 Jahren.