Eslohe. Die Corona-Krise platzte bei Adrian Kemer mitten in seine Ausbildung in Eslohe. Der Beruf des 21-Jährigen ist auch systemrelevant.

Wenn Adrian Kremer im Rahmen unserer Serie „Generation Verzicht“ von seinem Job berichtet, gerät er regelrecht ins Schwärmen. Der 21-Jährige ist seit Sommer 2018 Fleischer-Azubi bei der Fleischerei Schulte in Eslohe. An seiner Begeisterung hat auch die Corona-Krise nichts ändern können, die mitten in seine Ausbildung geplatzt ist. Ganz im Gegenteil: Seit März des vergangenen Jahres weiß er, dass sein Beruf systemrelevant ist. „Das ist schon ein gutes Gefühl“, sagt er und lacht.

Ein gängiger Irrglaube

Wer Adrian Kremer fragt, was er beruflich macht, bekommt „Metzger“ als Antwort. „Das klingt traditioneller als Fleischer“, findet er und räumt mit einem gängigen Irrglauben auf: „Viele haben beim Wort Fleischer einen Mann mit blutverschmierter Schürze und einem Hackebeil vor Augen“, weiß der 21-Jährige aus Erfahrung. Das sei Blödsinn, stellt er mit einem freundlichen Lächeln unter seiner FFP2-Maske klar. Metzger zu sein, bedeute viel mehr. Und eben diese Vielseitig sei es, die den Beruf so spannend mache. So sei die Metzger-Lehre schon fast eine halbe Koch-Ausbildung, sagt Adrian Kremer. Denn nicht nur das Schneiden, sondern auch das Kochen von küchenfertigen Gerichten sowie das herstellen Convenience-Produkten gehört mit zu seinen Aufgaben.

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Ob die Corona-Krise seinen Azubi-Alltag verändert hat? Adrian Kremer muss ein wenig überlegen. „Eigentlich kaum“, sagt er dann. Hygiene spiele in seinem Beruf ohnehin eine wichtige Rolle und das zusätzliche Lüften sei eigentlich auch kaum der Rede wert. Während die Pandemie für Auszubildende anderer Branchen mit extremen Einschränkungen verbunden war und ist, gab es für Adrian Kremer keinen einzigen Tag, an dem der Betrieb coronabedingt ruhen musste.

Partyservice fällt weg

Aber ein bisschen hat die Krise den Arbeitsalltag dann doch verändert. Die Arbeit ist zwar nicht weniger geworden, aber anders. „Die Aufträge haben sich gewandelt, weil durch den Lockdown der Partyservice wegfällt und damit der Stress und die Hektik an den Freitagen“, erklärt Kremer. Das sei eigentlich ganz angenehm, sagt er und lächelt seine Chefin Christina Schulte an. Massenweise Schnitzel panieren, Platten legen, Frikadellen braten, Salate machen - all das hält sich wegen Corona momentan in Grenzen.

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Dafür gibt es in der Corona-Zeit umso mehr Gulasch und Suppen zu kochen und die verschiedensten Wurstsorten und Soßen zu produzieren. Denn der Verkauf über den Hofladen Sauerland hat in der Krise enorm angezogen. Die Nachfrage sei enorm, sagt Christina Schulte. Und alles, was in Gläsern die Metzgerei Schulte verlässt, ist Sache der Metzger. Das bedeutet eine Menge Arbeit. „Ist aber weniger stressig, weil sich die Produktion die ganze Woche über besser einteilen lässt, während sich das Partyservice-Geschäft in erster Linie aufs Wochenende konzentriert“, sagt Adrian Kremer.

Ihm fehlt die Geselligkeit

Irgendwie wünscht er sich diesen Freitags-Stress dann aber doch ein bisschen zurück. Denn immerhin bedeutet er ja auch, dass an den Wochenenden wieder gefeiert werden kann. „Wenigstens mal wieder mit den Kumpels grillen, wäre schon ganz schön“, sagt der 21-Jährige. Schließlich musste er wegen der Corona-Krise auch schon in den Berufsschulen in Essen und Dortmund und bei den überbetrieblichen Lehrgängen in Münster auf die Geselligkeit verzichten.

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Bis März 2020 lief dort alles noch wie immer. Danach war ein gemeinsames Feierabend-Bierchen mit den Azubi-Kollegen nicht mehr möglich. Und auch der Unterricht auf Distanz sei so eine Sache für sich gewesen: „Wir haben Aufgaben bekommen und sind sie hinterher im Video-Chat durchgegangen. Weil es aber ständig Technik-Probleme gab, hat das nicht wirklich funktioniert.“ Daher sei er froh gewesen, als er endlich wieder zur Schule durfte.

Ein Privileg

Aber Adrian Kremer will gar nicht klagen. Er sei glücklich mit seinem Job. Auch und gerade in der Corona-Krise. Denn es sei von Vorteil in einem eher kleinen Betrieb zu lernen. Das sei schon ein Privileg. Bei sechs Metzgern und elf Verkäuferinnen gebe es auf der recht großen Fläche genug Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen. „In den großen Fabriken stehst du Schulter an Schulter mit deinen Kollegen und machst tagein tagaus beim Zerlegen und Zurechtschneiden immer nur die gleiche Handbewegung.“

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Etwas, dass sich Adrian Kremer beim besten Willen nicht vorstellen kann. Was er sich aber durchaus vorstellen kann und auch wünschen würde: Dass endlich mehr Frauen in diesen Beruf einsteigen. „Ich kann jedem nur empfehlen mal ein Praktikum zu machen“ sagt der 21-Jährige. So sei auch er zu seinem Job gekommen - und das habe er noch keinen einzigen Tag bereut.

>>>HINTERGRUND<<<

Wenn Adrian Kremer seine Ausbildung im Sommer beendet hat, wird er die Metzgerei Schulte zunächst verlassen, um in einem anderen Betrieb weitere Erfahrungen zu sammeln. Eine Rückkehr ist allerdings nicht ausgeschlossen, denn die Fleischerei Schulte hätte Adrian Kremer gern auch als Gesellen behalten. Christina Schulte hat aber durchaus Verständnis für Kremers Entscheidung. „Er geht um zu wachsen“, sagt sie.

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