Meschede. Drei Auszubildende von Intersport Pilz berichten in unserer Serie „Generation Verzicht“ von ihrer Ausbildung unter Corona-Bedingungen.
Stell Dir vor du willst Verkäuferin werden und es ist niemand vor Ort, dem du etwas verkaufen darfst. So ähnlich ergeht es den drei Auszubildenden bei Intersport Pilz in diesen Zeiten. Kundenkontakt gab es monatelang nur am Telefon oder bei der Abholung an der Ladentür. Die drei erklären, warum es trotzdem Spaß macht, in diesen Zeiten zur Verkäuferin bzw. Einzelhandelskauffrau ausgebildet zu werden.
Drei Auszubildende trotz Corona-Krise
Johanna Spork, Lea Nelle und Joana Nolte Lemos sind alle drei im ersten Lehrjahr zur Verkäufern bzw. zur Einzelhandelskauffrau. Eine Ausbildung außerhalb der Corona-Krise kennen sie also nicht. Lediglich ein paar Monate durften sie bislang mit Mundschutz in normalen Kundenkontakt treten und in die Berufsschule gehen. Dass ausgerechnet in der Corona-Krise, die den Handel hart trifft, gleich drei Auszubildende parallel bei Intersport Pilz angefangen haben, erklärt Geschäftsführer Oliver Pilz: Alle drei hätten einen super Eindruck in ihren Praktika gemacht und sich so auch ihren Ausbildungsplatz im Familienunternehmen verdient.
„Wir bilden immer je nach Bewerberfeld aus. Wenn kein passender dabei ist, kann es auch sein, dass wir ein Jahr gar keinen Auszubildenden einstellen. Und jetzt war es eben so, dass sich alle drei in Praktika bewiesen und einen Ausbildungsplatz verdient hatten“, so Pilz.
Noch nie da gewesene Bedingungen
Dass der Kundenkontakt über Monate ausbleibt und die Ausbildung unter nie da gewesenen Bedingungen stattfindet, hätte sich keine der drei träumen lassen, als sie sich um den Ausbildungsplatz beworben haben. „Als ich meine Bewerbung geschrieben habe, ging es mit Corona gerade erst los. Dass wir so lange damit zu tun haben, hätte zu diesem Zeitpunkt wohl noch niemand gedacht“, berichtet die 17-jährige Lea Nelle.
Ihr Wunsch war es schon lange, eine Ausbildung im Bereich Mode zu machen, es stand sogar zur Option, eine Schneider-Lehre zu beginnen. „Die entsprechenden Schulen sind aber zum Beispiel in Köln oder Düsseldorf und mit 16 alleine dorthin zu ziehen, wäre auch nicht das richtige für mich gewesen“, berichtet die Auszubildende. Die Begeisterung für Textil bringe sie nun eben in ihre Arbeit bei Intersport Pilz ein.
Viele Produktschulungen
Die Sportmode und die Produktvielfalt, die ein Sportgeschäft bietet, begeistert auch die Johanna Spork, die nach diversen Praktika in zahlreichen Branchen ihre Chance im Einzelhandel genutzt hat, besonders. Eben diese Vielfalt lernen alle drei Auszubildenden zur Zeit besonders gut kennen. Denn im Lockdown beginnt der Tag meist damit, sich um den Onlineshop zu kümmern. „Hinzu kommt natürlich, dass wir auch viel mehr Zeit für Produktschulungen haben“, erklärt die 18-Jährige.
Dass es Tag für Tag so still ist im Geschäft und bis auf die Chefs und die Auszubildenden keine Kollegen mehr vor Ort sind, ist aber für alle drei noch immer gewöhnungsbedürftig. Die viele Zeit nutzen sie nun um die Waren besonders intensiv kennenzulernen, zu sortieren und auszuzeichnen. Die Ankunft der neuen Kollektionen zum Frühjahr kam da gerade recht. So hatten sie die Chance, gemeinsam mit Familie Pilz das Geschäft umzugestalten und für den Tag vorzubereiten, an dem es endlich wieder weitergehen kann.
Berufsschule am Computer
„Wir haben zum Beispiel die Schuhwand versetzt und die Wanderabteilung ist nun woanders aufgebaut. Außerdem haben wir dekoriert, damit alles schön aussieht, wenn es wieder los geht. Die Kundinnen und Kunden werden sicherlich staunen, wenn sie das erste Mal wieder zu uns kommen“, sagt Johanna Spork. Inzwischen hätten sie und ihre Kolleginnen sich zwar an den Corona-Alltag im Geschäft gewöhnt, schwieriger empfinden die Auszubildenden jedoch nach wie vor die Teilnahme an der Berufsschule, die immer mittwochs und alle zwei Wochen freitags ausschließlich virtuell stattfindet.
„Acht Stunden auf einen Bildschirm zu schauen und dabei durchgängig die Konzentration zu halten, finde ich nicht leicht“, so die 18-Jährige. Vor allem das Rechnungswesen mache den dreien zu schaffen. „In der Schule selbst ist es viel unkomplizierter mal eine Zwischenfrage zu stellen. Per Stream können wir natürlich auch etwas fragen, aber da ist die Überwindung viel größer und den Lehrer nach der Stunde kurz anzusprechen, um offene Fragen zu klären, ist ja auch nicht so einfach möglich wie sonst“, erzählt Joana Nolte Lemos. Da sind sich die drei einig: So mancher Stoff ließe sich im Unterricht an der Tafel sicher besser erklären.
Doch ebenso ist Lea Nelle, Johanna Spork und Joana Nolte Lemos bewusst, dass sie großes Glück haben, in dieser Zeit überhaupt eine Ausbildung im Einzelhandel gefunden zu haben. „Man hört ja immer wieder von Geschäften, die schließen müssen“, sagt Joana Nolte Lemos und so fällt ihr die Antwort auf die Frage, was ihre Ausbildung in Corona-Zeiten besonders macht, leicht: „Für mich ist es etwas besonderes, dass wir hier sein dürfen und die Ausbildung machen.“
>>> Die Hintergründe
- Die drei Auszubildenden von Intersport Pilz absolvieren zunächst ihre zweijährige Ausbildung zur Verkäuferin.
- Die Auszubildenden und das Unternehmen können sich danach gemeinsam noch auf ein weiteres Ausbildungsjahr einigen, nach dem dann der Ausbildungsgrad der Einzelhandelskauffrau von den Auszubildenden erlangt werden kann.