Eslohe. Ruth Reintke von der SPD will Bürgermeisterin in Eslohe werden. Sie sieht an einigen Stellen Nachholbedarf in der Gemeinde.

Ruth Reintke tritt für die SPD als Bürgermeister-Kandidatin in der Gemeinde Eslohe an. Wir haben Sie zum Interview gebeten.

Frau Reintke, ist es nicht müßig, in der tiefschwarzen Gemeinde Eslohe als Bürgermeister-Kandidatin der SPD anzutreten?

Ruth Reintke Das werde ich sehr oft gefragt (lacht). Ich finde es gar nicht müßig. Im Gegenteil! Ich sehe das als Herausforderung an und ich liebe Herausforderungen. Gerade unter solchen Bedingungen muss man einen Bürgermeisterkandidaten stellen und eine Alternative bieten. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich entscheiden können. Ich habe mir die Kandidatur sehr reiflich überlegt. Denn, wenn ich kandidiere, möchte ich es auch „richtig machen“. Es ist nicht so, dass man mich überreden musste.

Mit welchem Ergebnis wären Sie am Wahlabend zufrieden?

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Als ich vor fünf Jahren für meinen Wahlkreis angetreten bin, hatte ich 27 Prozent der Stimmen. Davon war ich überwältigt. Da nur Stephan Kersting mit mir antritt, rechne ich mir schon ein paar Prozentpunkte mehr als Bürgermeister-Kandidatin aus. Ich denke, das ist realistisch und ich wäre damit sehr zufrieden. Es ist immer schwerer, sich von außen auf dieses Amt zu bewerben, als eine Kandidatur aus dem Amt heraus. Stephan Kersting kennt man zehn Jahre als Bürgermeister, mich seit fünf Jahren als sachkundige Bürgerin im Ausschuss für Schule, Familie, Soziales, Sport und Kultur. Aber, wie gesagt, ich liebe Herausforderungen.

Welche Überschrift würden Sie am Tag nach der Wahl gern lesen?

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Achtungserfolg für Ruth Reintke - SPD kann sich in der Gemeinde Eslohe behaupten. Das wäre ein schöne Überschrift, die ich mir durchaus vorstellen könnte. Außerdem wünsche ich mir, dass die SPD mindestens zweite Kraft in Eslohe bleibt.

Und was würden Sie sich für Eslohe wünschen?

Ich wünsche mir, dass Eslohe eine lebenswerte Gemeinde bleibt, die auch künftig Heimat für alle Generationen bietet. In allen Ortsteilen gibt es einen herausragenden ehrenamtlichen Einsatz. Doch die Arbeit wird oft durch „Bürokratie“ erschwert. Wer sich im Ehrenamt engagiert, will aktiv handeln und sich nicht in kompliziertes Vereinsrecht, Datenschutzbestimmungen und Förderrichtlinien einarbeiten. Hier ist Unterstützung erforderlich, damit die eigentlichen Aufgaben wahrgenommen werden können. Gleichzeitig ist die Investition in die Bildung der jungen Generation eine Investition in die Zukunft unserer Gemeinde. Das bedeutet für mich auch, unsere Dorfschulen so lange aufrecht zu erhalten, wie eben möglich, die Angebote der Ganztagsbetreuung qualitativ zu unterstützen und die Digitalisierung an unseren Schulen weiter auszubauen. Außerdem braucht Eslohe einen starken Mittelstand, der gerade in Krisenzeiten Unterstützung benötigt. Für die neue Ansiedlung von Betrieben benötigen wir mensch- und naturverträgliche Gewerbeflächen, damit weitere Arbeitsplätze vor Ort geschaffen werden können. All das würde ich mir für Eslohe wünschen und genau das ist auch meine Motivation für die Kandidatur.

Wie bewerten Sie die Arbeit von Amtsinhaber Stephan Kersting und der CDU?

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Grundsätzlich und fairerweise muss man sagen, dass es ja nicht schlecht läuft in der Gemeinde. Wir stehen als Gemeinde finanziell auf sehr soliden Füßen. Ich denke, man kann Stephan Kersting nicht viel vorwerfen. Es gibt allerdings durchaus Punkte, bei denen es Nachholbedarf gibt und bei denen nachgebessert werden kann. Ich denke hier etwa an das Thema Bildung.

Was würden Sie anders machen?

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Nehmen wir die Planungen für die Erweiterung des Schulzentrums. Mir wäre es lieber gewesen, nachhaltiger zu planen und nicht nur „Flickschusterei“ zu betreiben - nach dem Motto, dort wo es nötig wird, da bauen wir dann mal an. Das ist gut und schön und finanziell vielleicht auch günstiger. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass man auch mal zehn Jahre weiter denkt. Dann wäre man zu dem Schluss gekommen, dass ein Multifunktionsbau, deutlich zukunftsweisender gewesen wäre. Natürlich ist unser Schulzentrum gegenüber anderen Kommunen in einem guten Zustand - aber konzeptionell kann man hier noch einiges besser gestalten. Es ist doch zum Beispiel ein Unding, dass die Fachräume in der heutigen Zeit immer noch nicht barrierefrei zu erreichen sind.

Wo gibt es in der Gemeinde Nachholbedarf?

Nachholbedarf sehe ich im Ehrenamt. Darauf werde ich oft angesprochen. Hier fehlen Ansprechpartner im Rathaus, die den Vereinen helfen - zum Beispiel wenn es darum geht, welche Fördertöpfe angezapft werden können und wie ein Förderantrag zu stellen ist. Der „Förderdschungel“ kann den ein oder anderen schon zur Verzweiflung bringen. In Eslohe wird viel Verantwortung auf das Ehrenamt verschoben, wobei man sich hin und wieder fragen muss, ob das nicht Sache der Gemeinde sein könnte. Ich denke hier auch an unser Museum. Es gibt zwar finanzielle Unterstützung, geführt wird diese überregional bedeutungsvolle Einrichtung aber ehrenamtlich. Hier werden in anderen Kommunen hauptamtliche Kräfte zumindest für die Verwaltungsarbeit eingesetzt. Das stellt man sich schon die Frage, wie lange das noch gut geht. Ich finde, man darf das Ehrenamt nicht überstrapazieren.

Wünschen Sie sich denn einen Ehrenamtsbeauftragten?

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Nicht zwangsläufig. Aber ich finde, an der ein oder anderen Stelle müssen in den einzelnen Fachämtern Kapazitäten vorhanden sein, um das Ehrenamt stärker zu unterstützen. Das Rathaus hat im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen eine sehr geringe Personalquote, das schreiben sich der Bürgermeister und die CDU ja auch immer wieder auf die Fahnen. Das hat aber auch seine Nachteile und birgt Gefahren.

Gibt es Dinge, die Sie als sachkundige Bürgerin wütend machen?

Wütend ist vielleicht zu drastisch formuliert. Ich nenne es mal menschlich enttäuscht - und das bin ich dann, wenn ich von der anderen Seite nicht selten abgekanzelt werde, wenn ich mich in der Sache zu Wort melde. Das gilt aber im Übrigen für die gesamte Fraktion und nicht allein für mich. Ehrlich gesagt, so ein Verhalten hat mich schon öfter so „sauer gemacht“, dass ich mir auf dem Nachhauseweg im Auto auch schon mal laut schimpfend Luft machen musste. Mir fehlt hier die Akzeptanz für gewisse Einwände, die oftmals einfach weggewischt werden. Das mag vielleicht in anderen Ausschüssen anders sein. Aber im Ausschuss für Schule, Familie, Soziales, Sport und Kultur ist mir das leider schon öfter aufgefallen. Ich bin ein Freund von Diskussionen auf sachlicher Ebene. In den Sitzungen habe ich aber oft das Gefühl, dass man abgemeiert wird, nur weil man von der anderen Partei ist.

Was qualifiziert Sie für das Bürgermeisterinnen-Amt?

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Die Wähler können von mir meinen vollen Einsatz für die Gemeinde erwarten - unabhängig von parteipolitischen Einstellungen. Die Arbeit im Rathaus wäre für mich ja auch nichts gänzlich Neues. Ich arbeite seit 32 Jahren in der Kreisverwaltung - komme also aus der Kommunalverwaltung und habe das, wie man so schön sagt, von „der Pike auf“ gelernt. Ich kenne unter anderem die Strukturen, die Dienstwege und das Finanzwesen - gute Voraussetzungen für das Amt der Bürgermeisterin. Das allein reicht mir nicht. In erster Linie möchte ich die Interessenvertreterin der Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde in Rat und Verwaltung sein. Kreatives Gestalten und neue Ideen für die Zukunft Eslohes entwickeln und nicht nur verwalten sind mein persönlicher Anspruch.

Was können die Bürger denn von Ihnen als Bürgermeisterin erwarten?

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Wichtig ist mir, ein offenes Ohr für die Wünsche und Anliegen, aber auch die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger zu haben. Ich verstehe mich als Wegbereitern für Eslohe und werde als Bürgermeisterin, die erste Angestellte der Bevölkerung sein und nicht ihr „Oberhaupt“. Denn nur gemeinsam können wir Eslohe auch künftig lebenswert gestalten.

Würden mehr Frauen auf den Bürgermeister-Sesseln dem Land gut tun?

Auf jeden Fall. Ich glaube, das Frauen viele Probleme anders sehen und anders angehen. Ich würde behaupten, Frauen sehen Probleme umsichtiger. Ich würde niemals mit der „Brechstange“ an die Dinge herangehen. Ich bin überzeugt, dass sich Frauen, besser in ihr Gegenüber hineinversetzten können und diplomatischer handeln. Dabei fehlt es ihnen nicht an Durchsetzungsvermögen. Darin sehe ich auch meine Stärke. Ich würde mich als gerechtigkeitsliebend, hilfsbereit und zielorientiert bezeichnen.

Kurz und Knapp

Meine Stärke: Toleranz und Nachgiebigkeit

Meine Schwäche: Ungeduld

Mein Vorbild: kein bestimmtes. Es sind vielmehr diejenigen, die sich um Menschen, die am „Rande unserer Gesellschaft“ leben, kümmern.

Mein Lieblingsverein: Ich habe so direkt keinen. In meinem Heimatort Sieperting gibt es die „Ackerbären“. Das ist immer ein Zusammentreffen mit vielen Freunden, das ich in meiner Freizeit genieße.
Lieblingsgetränk: Kaffee - ohne zu überlegen

Hier bin ich gerne: zu Hause mit meiner Familie

Hobby: Wandern - gern auch in den heimischen Wäldern unserer Region, die leider immer baumloser werden, Inlineskaten

Lieblingsbuch: gute Krimis

Urlaubsort: Allgäu

Mein Traum: ein friedvolles Miteinander

  • Ruth Reintke wurde 1966 in Eslohe geboren, ist in Sieperting aufgewachsen und lebt seit mehr als 30 Jahren mit ihrem Mann und zwei erwachsenen Kindern „In der Marpe“.
  • Nach dem Fachabitur hat sie eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte beim Hochsauerlandkreis absolviert. Dort ist sie seit 1989 hauptsächlich im Bereich Kultur/Musikschule tätig - u.a. mit den Aufgaben „Kreispartnerschaften“ und „Kulturförderung“.
  • Seit dem 13. März 2020 ist Reintke Mitglied im Corona-Krisenstab des Hochsauerlandkreises. Sie ist unter anderem Geschäftsführerin des Sauerländer Heimatbundes und der Partnerschaftsvereinigung West Lothian-Hochsauerlandkreis.
  • Neben ihrer ehrenamtlichen Arbeit als Ortsvereinsvorsitzende der SPD in der Gemeinde Eslohe ist sie in der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul im „Messdiener-Team“ eingebunden.