Menden. Rat schiebt Verwaltung bei Einrichtung der Rodenbergschule zu einer Unterkunft für Geflüchtete einen Riegel vor. Kritik an WP-Bericht.

Die Flüchtlingssituation - und vor allem der Vorschlag der Verwaltung, die Rodenbergschule kurzfristig als Not-Reserve einzurichten - spaltet den Mendener Stadtrat. In einer Sondersitzung fordert vor allem die CDU Aufklärung, warum die frühere Schule ohne politischen Beschluss bereits in Teilen hergerichtet wurde - und wer dafür verantwortlich ist. Andere kritisieren derweil die WP-Berichterstattung zum Thema. Die Hintergründe.

CDU fordert Aufklärung

Der Start nach der politischen Winterpause beginnt in Menden mit einem Knall. Und das bei einem Thema, das Ausschüsse wie Rat selbst bereits seit Monaten immer wieder beschäftigt: die Unterbringung Geflüchteter in der Hönnestadt. Bekanntlich steht zu erwarten, dass die Zuweisungen in den kommenden Wochen wieder steigen. Menden kommt langsam, aber sicher, an seine Grenzen, zumindest was städtische Möglichkeiten zur Unterbringung angeht. Bereits Ende 2023 hatte die Verwaltung daher damit begonnen, die frühere Rodenbergschule einzurichten. Allerdings ohne politischen Beschluss (WP berichtete). Ganz zum Ärger einiger Fraktionen. Denn eigentlich soll künftig eine Dependance der Felsenmeer-Schule dort einziehen. Die Christdemokraten sahen sich gezwungen, eine Sondersitzung einzuberufen, fordern Aufklärung, wer wann was wusste in der Sache.

Wenn die Schule einmal vollgelaufen ist, wird nichts mehr diese Nutzung stoppen und all das, was wir uns für die Schule vorgestellt haben, wird im Sande verlaufen.
Bernd Haldorn - CDU-Fraktionsvorsitzender

„Das ist eine Entscheidung, die uns zutiefst verwundert hat“, sagt CDU-Fraktionschef Bernd Haldorn mit Blick auf die Vorgänge der vergangenen Wochen. Denn eigentlich sei für ihn klar gewesen, dass die Rodenbergschule in „einem hochwertigen Zustand“ erhalten bleibe - bis der LWL dort einzieht. Die Befürchtung der CDU: Mit der vorübergehenden Nutzung als Unterkunft für Geflüchtete könnten vor dem LWL-Einzug aufwändige Ausbesserugsarbeiten einhergehen. Zudem glaubt Haldorn nicht daran, dass es bei einer vorübergehenden Nutzung bleiben würde, sondern die Schule schlussendlich maximal genutzt werde. „Wenn die Schule einmal vollgelaufen ist, wird nichts mehr diese Nutzung stoppen und all das, was wir uns für die Schule vorgestellt haben, wird im Sande verlaufen.

Chefsache - oder doch nicht?

Doch abgesehen von Bedenken an der Umsetzung kritisiert der CDU-Fraktionschef den Umgang in der Sache. Vor allem, warum ein Thema, das Bürgermeister Dr. Roland Schröder zur Chefsache erklärte, kurz vor Weihnachten dann doch wieder in die Hände der Ersten Beigeordneten Henni Krabbe gegeben wurde. Bis zum Abend vor der Sondersitzung sei Haldorn dieses Vorgehen „ein Rätsel geblieben“. Bis er eine blaue Mappe im Briefkasten fand. Darin: Private Angebote an die Stadt für die Unterbringung Geflüchteter an der Carl-Benz-Straße/Fröndenberger Straße. Alternativen, die von der Stadt für die Sitzung selbst aber nicht aufgezeigt werden, obwohl das Angebot Mitte Dezember bereits auf dem Tisch lag. „Ich kann absolut nicht nachvollziehen, warum man dann nicht Mitte Dezember mit der Politik das Gespräch gesucht hat. Wir waren zwischen Weihnachten und Neujahr nicht alle Skifahren.“ Es sei ein absolutes Unding, dass bei einer so wichtigen Sache „nicht mit offenen Karten gespielt wird“. Es könne nicht sein, dass man erst informiert wird, „wenn ein Bürger einem was in den Briefkasten schmeißt.“ Gründe, warum die CDU sich gegen die Nutzung der Rodenbergschule ausspricht. „Wir wissen nicht mehr, wer wann was entschieden hat - und dafür die Verantwortung trägt.“

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Henni Krabbe wehrt sich gegen die Vorwürfe. Vorschläge und Lösungen hat die Verwaltung zum Thema immer wieder gemacht. Einzig gewollt waren die nicht. Der Neubau einer neuen Unterkunft an der Leibnizstraße ist letztlich sowohl am Protest der Anwohner als auch am politischen Willen gescheitert (WP berichtete). „Der Standort Leibnizstraße war subotimal. Das ist auch immer so kommuniziert worden.“ Und auch eine Unterbringung an der Fröndenberger Straße, auf die Haldorn zuvor anspielte, wäre eine langfristige Lösung gewesen, keine kurzfristige. Und genau eine solche brauche man angesichts der aktuellen Situation, denn bestellte Container werden erst Mitte 2024 geliefert.

Rückendeckung für Henni Krabbe

Rückendeckung bekommt die Erste Beigeordnete von Eugen Heinrich (USF/UWG). Der kritisiert vor allem die WP-Berichterstattung. Denn anders als dargestellt habe Krabbe keinesfalls eigenmächtig gehandelt, sondern nach einem Beschluss des Verwaltungsvorstandes vom 19. Dezember. Dem gehören neben Krabbe auch Kämmerer Uwe Siemonsmeier, kommissarisch Jörg Müller und Bürgermeister Dr. Roland Schröder an. Heinrichs Mutmaßung: Eine lancierte Überschrift, um die Erste Beigeordnete zu diskreditieren. „Und ich frag‘ mich von wem...“ Indizien für ein Verschulden Krabbes könne er nicht sehen - und fordert mit einem Feststellugsbeschluss vom Rat, dass die WP-Berichterstattung unberechtigt ist. Der Antrag wird letztlich abgelehnt.

Ich finde es auch schwierig, über ein Angebot zu diskutieren, das uns allen nicht vorliegt.
Christian Feuring - MI-Fraktionsvorsitzender, über eine „blaue Mappe“ im Briefkasten Haldorns

Klarheit bringt Bürgermeister Roland Schröder dann selbst in die Diskussion. Die Unterbringung Geflüchteter falle seit jeher in den Geschäftsbereich von Henni Krabbe. Chefsache war demnach die Organisation einer Vorhaltereserve, also die kurzfristige Anschaffung von Containern, die Mitte 2024 geliefert werden. Gleichzeitig bestätigt er den Beschluss des Verwaltungsvorstandes vom 19. Dezember. Dabei sei es allerdings klar gewesen, dass die Politik umgehend informiert wird. Dass das erst im Januar passiert ist, „ist ärgerlich“. Einen Grund für die Verspätung liefert Henni Krabbe dann auch auf SPD-Nachfrage: ein Krankenhausaufenthalt.

SPD: Fakten geschaffen ohne Informationen

„Ich finde diese Diskussion echt nicht zielführend“, so Tina Reers (Grüne). Obwohl die Informationen schneller hätten kommuniziert werden müssen, zeigt sie auch die Alternative zur Rodenbergschule auf: Schließungen von Sporthallen, Einschränkungen für Vereine. Ein Szenario, das politisch auf keiner Seite gewollt ist. Die vorübergehende Nutzung der Rodenbergschule sei - angesichts der Winterpause - „eine charmante Lösung“. Auch für Christian Feuring (Menden Innovativ). „Ich finde es auch schwierig, über ein Angebot zu diskutieren, das uns allen nicht vorliegt“, so der Fraktionsvorsitzende über die „ominöse blaue Mappe“, die ihren Weg in den Briefkasten des CDU-Fraktionschefes gefunden hat.

Ich sehe mich jetzt nicht jedes halbe Jahr hier sitzen, um eine Übergangslösung für eine Übergangslösung zu finden.
Janine Winzer - Die Linke

Wirklich zufrieden sind auch die Sozialdemokraten nicht. „Wir sollen heute einen Beschluss fassen für etwas, das ohne uns schon längst passiert ist“, betont Mirko Kruschinski. Es seien Fakten geschaffen worden, ohne Informationen an die Ratsmitglieder. „Wir sollen das jetzt im Nachgang heilen - und dazu sind wir nicht bereit.“ Und auch die Linke übt Kritik: Für Janine Winzer muss langsam, aber sicher, eine langfristige Lösung gefunden werden. „Ich sehe mich jetzt nicht jedes halbe Jahr hier sitzen, um eine Übergangslösung für eine Übergangslösung zu finden“, sagt sie mit Blick auf die Lage in den Mendener Unterkünften.

Am Ende scheitert die Verwaltung mit dem Vorstoß zur Rodenbergschule knapp. SPD, CDU und AfD stimmen gegen die vorübergehende Nutzung. Weitere Lösungsmöglichkeiten für die Unterbringung Geflüchteter sollen in einer Sondersitzung des Sozialausschusses am 31. Januar diskutiert werden.