Menden. Die Wirtschaftsförderung (WSG) blickt in die Zukunft: Die sieht für Menden anders aus als sich manche das vorstellen. Das steckt dahinter.

Mehr als fünf Millionen Euro. So viele Fördermittel und Zuwendungen hat die Wirtschaftsförderung Menden (WSG) seit dem Neustart in die Hönnestadt geholt. Im Rat macht der WSG-Geschäftsführer Tim Behrendt deutlich, dass man vor allem bei der Vermarktung von Hämmer II „weiter auf Kurs“ bleiben solle – und dass sich die Innenstadt in den kommenden Jahren drastisch verändern könnte. Das steckt dahinter.

Hämmer als Erfolgsprojekt

Viel Lob gibt es dieser Tage für die Wirtschaftsförderung. Nicht nur von Bürgermeister Dr. Roland Schröder oder der Politik selbst, sondern auch von offizieller Seite. Die Vermarktung des Gewerbegebiets Hämmer II ist unlängst ausgezeichnet worden (WP berichtete). Und im Rat liefert der WSG-Geschäftsführer gleich frische Zahlen zum Prestigeprojekt der Stadt. Gut 35 Prozent des Gewerbegebietes sind inzwischen vermarktet, erfolgreiche Abschlüsse gibt es bislang für 9 von 45 Parzellen. Einen kleinen Seitenhieb auf anfängliche Kritiker kann sich Behrendt dabei nicht nehmen lassen. „Für die Bewertungskriterien sind wir anfangs ausgelacht worden.“ Läuft es allerdings in dieser Art weiter, könnten die Prognosen für die Gewerbesteuereinnahmen aus Hämmer sogar übertroffen werden.

+++ Hintergrund: Warum eine Mendener Boutique aus der Innenstadt ins Internet umzieht +++

Insgesamt sind mehr als 200 Anfragen für Hämmer II bei der WSG eingegangen. Zur ernsthaften Interessenbekundung hat es am Ende bei 69 Unternehmen gereicht – und nur neun haben bisher einen Zuschlag erhalten. Was sich zunächst wenig anhört, liege aber voll im Plan. „Wir wollten die zehn Prozent der besten Unternehmen nach Menden holen“, sagt Behrendt. Es gibt aber auch einen Wermutstropfen. Die WSG bekomme derzeit die konjunkturell angespannte Lage zu spüren, die Anfragen haben im Vergleich zum vergangenen Jahr insgesamt abgenommen. Die meisten Anfragen habe es im Sommer 2021 gegeben. Corona-Folgen und der Ukraine-Krieg sollten allerdings kein Grund sein, die Bewertungskriterien anzupassen, um Hämmer weiter zu öffnen. „Für mich ist das nicht schlau. Wir müssen das aushalten und auf Kurs bleiben“, mahnt Tim Behrendt.

Veränderungen in der Innenstadt

Ein weiterer Punkt, der die WSG derzeit auf Trab hält, ist die Innenstadtentwicklung. Die Veränderungen seien schon jetzt spür- und sichtbar. „Wir wissen alle, dass sich der Einzelhandel in einer disruptiven Veränderung befindet“, so Behrendt. Ein Großteil des Einzelhandels werde langfristig aus der Mendener Innenstadt verschwinden. „Das können wir aber auch nicht beeinflussen“, betont der WSG-Chef. Dass sich Rossmann aus Menden zurückzieht, sei keine Überraschung. Mit dem DM-Markt am Bahnhof gebe es schlichtweg in unmittelbarer Nähe einen größeren Konkurrenten. Die Ladenzeilen in der Fußgängerzone böten bei weitem nicht so viel Platz. Allerdings könne man sich diese Veränderungen zu nutzen machen. Gastronomie und Aufenthaltsqualität könnten dafür sorgen, dass Menden zu einer Ausflugs- und nicht wie etwa Neheim zu einer Einkaufsstadt wird. Die Resonanz auf Veranstaltungen wie auf den Abend- oder Streetfood-Markt würden diese Entwicklung unterstreichen.

+++ Auch interessant: So könnte sich die Mendener Innenstadt verändern +++

Und auch das Sofortprogramm Innenstädte, in dessen Zuge mit Landesmitteln Neuansiedlungen gefördert werden, sei nicht dazu gedacht, „den Einzelhandel zu retten, sondern ein Experimentierfeld zu schaffen“. Gründer sollten sich zunächst ausprobieren. Einen Nachfolger in den früheren Räumlichkeiten von MOMs Kitchen ist mit einem italienischen Restaurant inzwischen gefunden, an der Kolpingstraße eröffnet bald ein neues Tattoostudio. Nach Ablauf der Förderperiode Ende 2023 müsse man dann schauen, „wo es geklappt hat – und wo nicht“. Allerdings: Gründer und Interessierte müssen schnell sein, wenn sie noch ein Stück der Landesförderung abbekommen wollen. Behrendt kündigte an, nach Jahresende keine neuen Anträge mehr zu bearbeiten. Der bürokratische Aufwand für eine Förderung, die weniger als ein Jahr läuft, sei schlichtweg zu hoch. „Wir sind also auf der Zielgeraden“, sagt der WSG-Geschäftsführer. Die selbst gesetzten Ziele von 30 Neuansiedlungen in der Innenstadt werde man zwar knapp verfehlen, mit der Art der Unternehmen sei er allerdings zufrieden.