Lendringsen. Die Lendringser Eiche wirkt äußerlich betrachtet groß und kräftig. Experten müssen den Baum aber sichern. Das steckt dahinter.

Imposant steht sie da, die alte Eiche von Georg Seithe. Auf dem Hof am Bieberkamp neben einem hübschen Fachwerkhäuschen hat sie ihr Plätzchen. Von außen sieht sie aus wie eine ganz normale, alte Eiche. Rund fünfzehn Meter ragt sie in die Höhe, ihr Stamm gabelt sich nach einer Weile in drei Teile. Das grüne Blätterdach ist dicht. Also eigentlich alles so, wie es sein soll. Dennoch kann der Hofhund ein Nickerchen im Inneren des Baums machen. Denn die rund 400 Jahre alte Eiche ist hohl – und damit ein ganz besonderer Fall für den Mendener Baumexperten Christian Jany (59) und seinen Sohn Josh (20). Sie sanieren das Gehölz.

Eine Rarität unter Mendener Bäumen

Christian Jany ist Baumpfleger und Baumgutachter. Er wird immer dann zurate gezogen, wenn ein außergewöhnlicher Baum Fragen aufwirft oder Hilfe nötig ist. Bereits seit rund zehn Jahren hat er ein Auge auf die alte Eiche von Imker Georg Seithe. Denn als dieser damals einen rund zwei Meter langen Riss im Stamm entdeckte, musste fachmännische Expertise her. Schnell war klar: Der Baum kann bleiben, aber er braucht eine Sanierung. Und anstatt der riesigen Eiche mit der Kettensäge ans Holz zu gehen, sichern die Experten sie mit speziellen Gurten im oberen Bereich. Nun musste das wiederholt werden. „Wir haben ein Kronensicherungssystem installiert“, sagt Christian Jany. „Es ist wirklich toll, dass der Eigentümer so ein Vertrauen in den Baum hat.“

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„Der Baum ist faszinierend. Man kann ihn von unten nach oben erwandern“, sagt der Experte. Eigentlich fehle rund 80 Prozent des Baums – nämlich der gesamte Kern. Sohn Josh Jany hat eine spezielle Kletterausbildung und kann mit der richtigen Ausrüstung durch das Innere klettern. Unten eingestiegen geht es langsam Stück für Stück nach oben Richtung Baumkrone. Ein verrücktes Gefühl. Eichen seien so robust, dass ihnen eine Wanddicke von einigen Zentimetern reiche, um zu bestehen und sogar über die Rinde weiter zu wachsen. „Von außen sieht der Baum toll aus“, sagt Christian Jany. Zunächst würde niemand beim ersten Blick vermuten, dass das Innere leer ist. „Der Baum ist voll vital. Das Wachstum spielt sich nur unter der Rinde ab. Die Blätter stehen in der vollen Größe und haben eine tolle grüne Farbe. Es gibt keine Beschädigungen.“

Und das, obwohl der Baum schätzungsweise 400 Jahre alt ist, rund 15 Tonnen wiegt und einen Durchmesser von etwa zwei Metern hat. Zu Hochzeiten war er satte zwanzig Meter hoch. Die Experten haben ihn aber auf fünfzehn Meter gekürzt. „Eigentlich“, so sagt Christian Jany, „ist er viel zu groß für seinen Zustand“. Der Experte vermutet, dass die Lage in der Senke eine Rolle bei der Entwicklung des Baumes spielt. Er stehe gut geschützt und bekomme durch die tiefe Lage immer ausreichend Wasser. Mehr noch: In direkter Nähe befinde sich der alte Hofbrunnen. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Eiche dort ebenfalls Wasser zieht.

Fällung wäre teurer

Unter 500 Euro kostet so eine Sanierung, sagt der Mendener. Allein die extrem beständigen Seile würden rund 200 Euro kosten. Sie müssen nach ein paar Jahren kontrolliert und gegebenenfalls ersetzt werden. „Es darf nicht einwachsen oder reißen.“ Durch die spezielle Technik werden die einzelnen Teile im oberen Bereich des Baums zusammengezogen und gesichert. Josh Jany und ein Kollege sind dafür viel geklettert – eine schonende Variante, um an dem frei gewachsenen Baum zu arbeiten, ohne ihn mit schwerem Gerät weiter zu verletzen. Viereinhalb Stunden hat das gedauert. Es ermöglicht dem Baum, sich zu regenerieren und seine Kräfte zu bündeln, damit er nicht auseinanderbricht.

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Es ist quasi wie ein Verband auf der Wunde“, beschreibt es der Experte. Ein Pilz habe das Kernholz der Eiche zerstört und es morsch werden lassen. Da der Hof nicht stark frequentiert ist und der Baum ansonsten in einem guten Zustand ist, sei die Sanierung angebracht gewesen. „Das Fällen des Baumes wäre sehr viel teurer.“ Abgesehen davon, dass die alte Eiche nicht nur optisch etwas hermacht. Bäume wie sie sind heutzutage eine Seltenheit – und schützenswert. Immer mehr Laubbäume würden wegsterben, da sie unter den Folgen des Klimawandels leiden. Hitze und Trockenheit machen ihnen zu schaffen. „Es ist Herrn Seithe hoch anzurechnen, dass er sich so um den Baum kümmert.“