Menden. Erstmals seit 1995 hat die Stadt volle Freiheiten bei den Finanzen. Doch der Kämmerer warnt, das Geld nicht direkt aus dem Fenster zu werfen.
Das erste Mal seit 26 Jahren hat die Stadt wieder die uneingeschränkte Kontrolle über ihren Haushalt. Kämmerer Uwe Siemonsmeier hat nun den Doppelhaushalt 2022/23 vorgestellt. Die Haushaltssicherung ist passé.
„Menden ist durch schwere haushalterische Zeiten gegangen. Aber das Blatt hat sich gewendet“, so Bürgermeister Dr. Roland Schröder. Nur durch ordentliche Konsolidierung und eine solide Haushaltsführung habe man in den vergangenen Jahren das Ruder herumreißen können.
„Wir werden in die Freiheit entlassen“, scherzt Kämmerer Uwe Siemonsmeier. Die Vorstellung des Doppelhaushalts ist auch für ihn eine Premiere in Menden. Und gleichzeitig gibt dieser – vor der Beratung in den Fraktionen – einen Hinweis auf die Herausforderungen der kommenden Jahre. So steht unter anderem das Thema Smart City für den Kämmerer bei der Stadtentwicklung hoch im Kurs. Auf der anderen Seite dürften die coronabedingten Finanzschäden den Haushalt ab 2025 zusätzlich belasten (WP berichtete).
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Neun Jahre lang war Menden in der Stärkungspaktphase. Das bedeutete zwar zusätzliches Geld vom Land, rund 27 Millionen Euro zwischen 2012 und 2021, aber auch höhere Förderquoten – 80 statt 60-prozentige Förderungen. Gleichzeitig war die Hönnestadt zum Sparen verdammt. Freiwillige Leistungen wie Mitgliedschaften in Initiativen wurden zunächst gestrichen. Das alles ändert sich jetzt. „Menden hat jetzt wieder uneingeschränktes Haushaltsrecht“, so Siemonsmeier. Heißt: Künftig ist wieder der Kreis statt der Bezirksregierung zuständig, der Haushalt ist nicht mehr genehmigungspflichtig. Doch Uwe Siemonsmeier warnt trotz der Freiheiten davor, das Geld sprichwörtlich aus dem Fenster zu werfen. Denn die Ausgleichsrücklage, so etwas wie der Notgroschen der Stadt, liegt bei gerade einmal 6,2 Millionen Euro. „Wir müssen damit umgehen wie mit einem rohen Ei“, betont der Kämmerer. Zum Vergleich: Vor der Haushaltssicherung lag die Ausgleichsrücklage bei rund 30 Millionen Euro, war infolge der Immobilienkrise nach 2008 aber binnen weniger Zeit aufgebraucht. Der „Notgroschen“ kann unter anderem dann zum Ausgleich genommen werden, wenn der Haushalt rote Zahlen aufweist.
Zwar steht für 2022 unterm Strich ein Plus von 1,6 Millionen Euro; 2023 aber drohen 1,4 Millionen Euro Miese. Das hat jedoch mit einer gesetzlichen Festsetzung zur Aufstellung eines Doppelhaushaltes zu tun. Unterm Strich bleibe der Haushalt ausgeglichen.
Risiken und Chancen
Die coronabedingten Finanzschäden werden den Haushalt ab 2025 zusätzlich belasten. Fest stehe daher, dass man „nicht einfach drei Jahre lang die Augen zu machen kann“, so der Kämmerer. „Im Idealfall haben wir die Ausgleichsrücklage bis dahin noch immer nicht angetastet.“ Freiheit bedeute eben auch Verantwortung.
Als große Chance für die Hönnestadt streicht Siemonsmeier neben den Themen Smart City, Tourismusförderung, Innenstadtentwicklung und Digitalisierung auch das Gewerbegebiet Hämmer heraus, das durch eine möglicherweise ausbleibende Verbindungsstraße jedoch einen Dämpfer erhalten könnte (WP berichtete).