Menden. . In manchen Mendener Hausarzt-Praxen gibt es mittlerweile einen Aufnahmestopp für Neu-Patienten.
- In einigen Mendener Hausarzt-Praxen gibt es einen Aufnahmestopp für neue Patienten
- Thomas Tillmann (Hausärzteverein Menden): „Die Obergrenze ist erreicht“
- Mediziner-Nachwuchs bleibt aus
Wenn der bisherige Hausarzt in den Ruhestand geht oder ein Bürger neu in die Hönnestadt zieht, wird es für den Patienten zunehmend schwierig, in Menden einen Allgemeinmediziner zu finden. Denn in manchen heimischen Praxen gibt es mittlerweile einen Aufnahmestopp für Neu-Patienten. „Die Obergrenze ist erreicht. Wir können nicht mehr“, fasst Allgemeinmediziner Thomas Tillmann vom Hausärzteverein Menden die Situation zusammen.
Im Laufe von gut einem Jahr sind drei Mendener Hausärzte in den Ruhestand gegangen, ein Fröndenberger Kollege ist verstorben. Die Auswirkungen spüren die verbliebenen Hausärzte deutlich. Von einem Patientenzuwachs von 20 bis 30 Prozent weiß Thomas Tillmann bei Mendener Allgemeinmedizinern zu berichten. Hinzu komme, dass das durchschnittliche Lebensalter der praktizierenden Mediziner steigt: „Auch wir brauchen mit zunehmendem Lebensalter längere Regenerationszeiten.“
Die Entwicklung wird sich wohl weiter verschärfen: Die größte Gruppe der Hausärzte (elf) ist heute 60 bis 64 Jahre alt. Fünf Hausärzte sind sogar über 70 Jahre alt und praktizieren weiterhin. Eine Lücke klafft bei den Unter-40-Jährigen: In dieser Gruppe gibt es keinen einzigen Hausarzt. In der Gruppe der 40- bis 44-Jährigen gibt es nur einen einzigen Allgemeinmediziner.
Was aber können Patienten tun, die krank sind und keinen (neuen) Hausarzt finden? „Wenn jemand mit hohem Fieber hier steht, dann würde ich ihn natürlich nicht abweisen – auch wenn er bislang nicht mein Patient war“, erläutert Thomas Tillmann. Aber auch für seine Praxis gelte, dass die Obergrenze erreicht sei. Er wolle keine „Zwei-Minuten-Medizin“ machen, „sondern immer den ganzen Menschen sehen“. Und das koste eben Zeit.
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Das Bild des Hausarztes, der als Vertrauensperson einen Patienten medizinisch durchs Leben begleitet, ist im Wandel: „Das wird es nicht mehr geben“, prognostiziert Thomas Tillmann. Statt dessen könnten Medizinische Versorgungszentren, die von Konzernen betrieben werden, Anlaufstelle sein, so Tillmann. Eine Entwicklung, die er äußerst kritisch sieht. Ein großer Nachteil aus seiner Sicht: „Die Betreuung wechselt.“ Absehbar sei, dass Patienten künftig weitere Wege zu ihrem Hausarzt in Kauf nehmen müssten: „Nicht mobile Patienten sind dann aufgeschmissen.“
Demos vor rund zehn Jahren
Für viele junge Kollegen sei eine Arztpraxis auf dem Land alles andere als attraktiv: „Die jungen Kollegen wollen sich das nicht antun“, weiß Thomas Tillmann. „Das verstehe ich auch. Man hat als Hausarzt ein hohes privates Risiko und dabei Planungsunsicherheit.“
Wie könnte man diesen Trend umkehren? Der Mediziner erinnert an Demonstrationen der Ärzteschaft vor rund zehn Jahren gegen die Gesundheitspolitik – auch in Menden: „Das hat die Medien und die Patienten damals wenig interessiert.“ Jetzt, wo die Auswirkungen für Patienten spürbar werden, werde das Thema plötzlich akut. Die Ärzteschaft könne diese Problematik nicht lösen, „das muss auf politischer Ebene passieren“, so Thomas Tillmann. In den Köpfen müsse ein Paradigmenwechsel stattfinden, im Zentrum sollten dann nicht mehr Ökonomie und Gewinn stehen.
Thomas Tillmann selbst wird in wenigen Tagen 65 – ein Alter, in dem manch andere Berufstätige sich auf den Ruhestand einstellen. Daran denkt Thomas Tillmann allerdings noch nicht. „Wenn ich gesund bleibe, mache ich noch ein paar Jahre.“
Ablehnung, wenn die Kapazitäten der Praxis ausgeschöpft sind
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bewertet den Versorgungsgrad für den so genannten „Mittelbereich Menden“ – hier sind Menden und Balve zusammengefasst – als „noch gut“, so Pressesprecher Jens Flintrop.
Der Versorgungsgrad liege derzeit bei 91,2 Prozent – ab einem statistischen Versorgungsgrad von unter 75 Prozent (bei Hausärzten) gilt ein Bereich als unterversorgt. Vor eineinhalb Jahren lag der Versorgungsgrad für den Mittelbereich Menden noch bei 94,6 Prozent.
Rund 30 Prozent der Hausärzte im Mittelbereich Menden sind derzeit älter als 65 Jahre. Die Praxis-Nachfolge könne sich „angesichts der schwierigen Nachwuchssituation“ als „problematisch“ gestalten, so die KVWL.
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Er könne nachvollziehen, dass ein Aufnahmestopp eine „für Patienten schwierige Situation“ ist, räumt Pressesprecher Jens Flintrop ein. Darf ein Hausarzt einen Patientenaufnahmestopp verhängen? Ja, gemäß Abschnitt 2, Paragraph 7 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe ist „die Ärztin bzw. der Arzt frei, eine Behandlung abzulehnen“, so die KVWL. Dieses Vorgehen könne sich beispielsweise als nötig erweisen, „wenn die Praxiskapazitäten ausgeschöpft sind oder das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient beeinträchtigt bzw. gestört ist. Die Behandlung von Notfällen darf ein Arzt allerdings niemals ablehnen.“
Die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe ( 0231 94 32 94 44) und die gemeinsame Patientenberatung von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung Westfalen-Lippe ( 0251 929 9000 ) können die Patienten bei ihrer Suche nach Haus- und Fachärzten unterstützen, so die KVWL.